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Gemeinderat, 28. Sitzung vom 10.12.2007, Wörtliches Protokoll  -  Seite 12 von 23

 

Ihrer Meinung nach unbedingt notwendig ist, eine Volksabstimmung zu machen, ohne dass hier ein Grundprinzip der Verfassung wirklich geändert wird, dann bringe ich Ihnen jetzt ein Beispiel im Hinblick auf unseren Verfassungsvertrag: Glauben Sie, dass es gescheit wäre, wenn wir im Fall, dass wir die österreichische Verfassung nun einer grundsätzlichen Änderung unterziehen, indem wir darin auch die sozialen Rechte installieren und eine Grundrechtscharta auch in Österreich verstärkt verankern, in neun Bundesländern neun Volksabstimmungen abhalten, bevor wir das in Österreich auf nationaler Ebene beschließen? Glauben Sie, dass das wirklich klug wäre? (Zwischenrufe bei der FPÖ.)

 

Ich glaube, Sie sollten zuerst einmal als Politiker, als die Sie gewählt sind, Ihre Pflichten erfüllen! Sie sollten das tun, wofür Sie gewählt sind, nämlich entsprechende Arbeiten für die Menschen übernehmen und erledigen! Ich glaube, dass der Großteil der Menschen in Wirklichkeit froh wäre, wenn man in der Politik mehr erledigen würde! Und Sie haben es in der Hand, das auch zu tun, anstatt mit den Ängsten der Menschen zu spielen! (Beifall bei der ÖVP.)

 

Meine Damen und Herren! Wenn Sie in diesem Verlangen sagen, dass es ein Verrat an Wien sei, dann möchte ich für die Bevölkerung klar hervorstreichen, dass es durch diesen Reformvertrag nun auch eine klare Anerkennung der kommunalpolitischen Ebene gibt. Die kommunalen Selbstverwaltungsrechte der Gemeinden sind erstmals Bestandteil der nationalen Identität der Mitgliedsstaaten. Die kommunale Selbstverwaltung ist nun festgeschrieben, und wenn Sie sagen, dass das ein Verrat an Wien sei, dann antworte ich: Genau das Gegenteil ist der Fall, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

 

Damit wird klar geregelt, wofür die EU zuständig beziehungsweise ausschließlich zuständig ist, es wird klar geregelt, wo es geteilte Zuständigkeiten gibt, und es gibt eine Generalklausel für all die anderen Bereiche, in denen die Nationalstaaten zuständig sind. Dadurch kommt es, wie ich glaube, zu wesentlichen Erleichterungen und zu einer besseren Lesbarkeit.

 

Aber ich gebe Ihnen recht: Es ist schlecht, dass der Verfassungsvertrag als solcher nicht zustande kommen konnte. Es tut mir persönlich sehr leid, dass wir diesen nicht unterzeichnen können. Er hätte vermutlich zu noch mehr Lesbarkeit geführt. Es wäre dann nicht notwendig, dass man mehrere Dokumente gleichzeitig lesen muss, um zu sehen, was jetzt wirklich rechtens ist. Dazu ist es jetzt nicht gekommen. Das wird aber in einem nächsten Schritt wohl erforderlich sein, und wir dürfen nicht aufhören, an der Zukunft Europas weiterzubauen! (Beifall bei der ÖVP.)

 

Meine Damen und Herren! Wie schwierig die Situation beim Abschluss von europäischen Verträgen ist, hat sich gerade beim Zustandekommen des Reformvertrages klar gezeigt. Dass Großbritannien und Polen sich ein Opting-out für die Grundrechtscharta geben ließen, tut mir persönlich weh, weil hier mit einem Vetorecht gearbeitet wird und man sich Rechte herausnimmt, die nur schwer verständlich sind. Ich verstehe nicht, dass zwei Staaten die Grundrechtscharta nicht anerkennen können, wenn alle anderen 25 Staaten diese anerkennen. Dazu wäre es vielleicht nicht gekommen, wenn es den Vertrag schon gegeben hätte! Dann bestünde ein klarer Vorteil, dann hätten nämlich einzelne Staaten wie Polen und Großbritannien Europa nicht in Geiselhaft nehmen können. Meine Damen und Herren! Wenn Sie mehr Gerechtigkeit in Europa wollen, dann müssten Sie eigentlich den Reformvertrag unterstützen und dürften nicht dagegen sein! (Beifall bei der ÖVP.)

 

Sie haben über das Prinzip der Einstimmigkeit gesprochen: Mit diesem Reformvertrag wird es jetzt auch mehr Mehrheitsentscheidungen geben. Das kann man natürlich von zwei Seiten betrachten: Einerseits kann man sagen, dass man ein Vetorecht verliert, wie es Ihre Abgeordnete im Nationalrat getan hat, andererseits kann man aber auch sagen, dass man von anderen Ländern nicht mehr in Geiselhaft genommen werden kann. – Wir müssen beide Seiten sehen, und ich glaube, es muss notwendig sein, dass wir wirklich mit beiden Varianten umzugehen lernen. Wir müssen lernen, unser Vetorecht nur dann einzulegen, wenn es notwendig ist. Wir müssen aber, wenn es für ein Zusammenrücken in Europa notwendig ist, auch zu gemeinsamen Entscheidungen finden können und dürfen uns nicht selbst blockieren.

 

Eine große Frage stellt sich gerade in diesen Tagen, die heutigen Zeitungen sind davon voll: Es geht um den Kosovo. Die Schwierigkeit bei einer Lösung für den Kosovo liegt nicht nur daran, dass es auch Interessen weiter südöstlich der Europäischen Union, am dortigen Balkan, gibt, sondern auch daran, dass wir innerhalb der Europäischen Union dafür noch keine gemeinsame Sprache haben. Ich halte es für dringend notwendig, dass wir eine solche gemeinsame Sprache finden. Und ich glaube, dass der hohe Repräsentant, der nun geschaffen wird, wahrscheinlich einen Teil davon verkörpern kann, wenn er auch nicht die Rechte hat, wie sie im europäischen Vertrag geplant waren.

 

Es wird nämlich notwendig sein, dass die EU mehr mit einer Stimme spricht, und zwar gerade auch im Hinblick auf unser unmittelbares Vorfeld. Hinsichtlich des Balkans besteht in Österreich ein ureigenes Interesse betreffend Stabilität und Sicherheit. Wenn wir uns diesbezüglich nicht engagieren und wenn wir es nicht schaffen, gemeinsam mit der Europäischen Union dort auch Druck zu machen, dann sind die Leidtragenden unter der Bevölkerung wirklich wir. Und ich meine, das geht nur gemeinsam. Wir werden das nicht allein lösen können, sondern wir werden andere Mitgliedsstaaten dazu brauchen, und wir werden dazu auch die finanziellen Mittel anderer brauchen, um dort die entsprechenden Strukturen zur Verfügung zu stellen und zu unterstützen. Es ist notwendig, dass wir uns in diesem Sinn gemeinsam engagieren. Ohne gemeinsames Engagement gäbe es in diesem Bereich einen klaren wirtschaftlichen Verlust und einen Stabilitätsverlust für Österreich.

 

Meine Damen und Herren! Der europäische Vertrag bringt einiges an Vorteilen. Er löst noch nicht alle

 

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