Gemeinderat,
29. Sitzung vom 14.12.2007, Wörtliches Protokoll - Seite 6 von 117
erklären. Ich habe dann im Regelfall unter vier Augen sozusagen zwei Vorausinformationen bekommen:
Erstens sind diese Untersuchungen, wie sie hier
vorliegen und wir sie interpretiert bekommen, ziemlich konzentriert auf 13-,
14-, 15-Jährige. Das ist aus meiner Sicht deswegen erwähnenswert, weil wir hier
eine größere Zahl von jungen Leuten haben, die im etwas fortgeschritteneren
Kindes- oder jugendlichen Alter zugezogen sind, ohne eine Vorkenntnis der
Sprache zu haben. Wir wissen seit einiger Zeit, dass dies zweifelsohne ein
besonderes Problem darstellt, auch für die Integration in den Arbeitsmarkt,
keineswegs nur in den Bildungssystemen, und dass es gerade in diesem Bereich,
der als besonders bildungsfern zu bezeichnen ist, besondere Probleme gibt.
Die Frau Integrationsstadträtin hat daher gemeinsam
mit der Schule, aber auch außerhalb der Schule Konzeptionen entwickelt, um
diese 13-, 14-, 15- und 16-Jährigen gesondert zu erfassen. Es handelt sich in
der Quantität etwa um 2 000 junge Leute, also durchaus eine
bemerkenswerte Quantität, wo man sich mit speziellen Programmen an sie wenden
muss. Ich verhehle aber nicht, dass es ganz besonders schwierig ist, an diese jungen
Leute heranzukommen, weil sie sich im Regelfall, würde ich jetzt salopp
formulieren, nicht so leicht für eine solche Sache einfangen lassen, sondern
grundsätzlich eher distanziert gegenüberstehen. Nichtsdestotrotz denke ich,
dass es wichtig ist, sie insbesondere durch Motivation hereinzuholen, denn die
Schulpflicht ist zumindest für ein gutes Drittel dieser jungen Leute
ausgelaufen.
Aber ich denke, dass es darüber hinaus, gerade in
Wien, eine große Zahl von Möglichkeiten des Spracherwerbs gibt, die teils aus
dem Geschäftsbereich der Frau StRin Frauenberger, aber auch über die
Volkshochschulen und über viele andere Institutionen organisiert werden, die
insbesondere auch auf besondere Gruppen, wie etwa muslimische Frauen oder
Ähnliches, abzielen. Ich denke, dass es daher gut und richtig ist, diese
Programme in ihrem Erfolg, wenn man das einmal so sagen kann, zu beobachten,
daraus zu lernen und sie allenfalls zu adaptieren.
Dass in einzelnen Bereichen, muss man auch unumwunden
sagen, die Dosis ein bisschen zu homöopathisch ist und dass es da zu einer
Verstärkung auch der Größe des Einsatzes der Personen und der Mittel kommen
muss, steht für mich persönlich außer Zweifel. Das werden auch unsere nächsten
Schritte sein.
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Die
2. Zusatzfrage wird von GR Dr Aigner gestellt. - Ich bitte darum.
GR Dr Wolfgang Aigner (ÖVP-Klub der
Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrter Herr Bürgermeister!
Ich möchte auch den Bogen ein bisschen über das
Schulsystem hinaus spannen, weil Integration nicht nur auf die Schule
konzentriert ist. Mir gibt es zu denken, dass Menschen nach Österreich kommen,
schon einige Jahre da sind, teilweise erst motiviert werden müssen, Deutsch zu
lernen, was eigentlich für mich eine Selbstverständlichkeit sein sollte. Die
Tatsache, dass Zuwandererkinder der zweiten Generation immer noch schlechte
Deutschkenntnisse haben, ist für mich persönlich auch ein Anzeichen dafür, dass
sich in Wien Parallelstrukturen gebildet haben, die es überhaupt nicht möglich
machen, ordentlich Deutsch zu können.
Wie stehen Sie eigentlich zu diesem Ansatz, dass man
hier in Wien jahrelang leben kann, sich offenkundig zurechtfinden kann, ohne
ordentlich Deutsch zu sprechen?
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Bitte,
Herr Bürgermeister.
Bgm Dr Michael Häupl:
Herr Gemeinderat!
Nachdem Sie pädagogisch zumindest interessiert sind,
dürfte Ihnen nicht ... (GR Dr Matthias Tschirf: Qualifiziert!) - Kann auch
sein. Das kann auch sein. Ich wollte ja nicht urteilen. Interessieren ist viel
unverfänglicher. Wenn ich sagen würde, er ist pädagogisch qualifiziert, dann
kann man sagen, ich bin arrogant und erteile ihm Zensuren. (StRin Mag Katharina
Cortolezis-Schlager: Das soll man nie!) Das will ich doch gar nicht. Sie wissen
doch, dass mir nichts ferner liegt als das. Also interessiert sind.
Es ist keine Frage, dass wir diese Frage der
Lernschwächen auch mit anderen Argumenten zu erklären haben, denn die Zahlen
sagen uns dies. Das gängige Erklärungsmuster auch der Fachleute heißt heute
sozioökonomischer Hintergrund der Kinder und ihrer Familien und daraus
resultierend eine gewisse Bildungsferne. Wir haben, zu meinem Leidwesen, füge
ich hinzu, bei uns in der Stadt, aber auch in ganz Österreich, Kinder, die hier
geboren wurden, Kinder, die keinen Migrationshintergrund haben und die trotzdem
nicht gescheit Deutsch und lesen können. Ich denke, das sollte uns insgesamt zu
denken geben, dass es eigentlich in einem Land wie Österreich solche Dinge
gibt. Die sind mir nicht so fremd, denn die Stadt ist mir nicht fremd, aber
auch das kleine Dorf am Land ist mir persönlich nicht fremd. Daher bemerkt man
sehr viel und kennt auch die Gründe, warum es zu diesen, wenn auch nicht
quantitativ übergroßen, aber doch real existierenden Problemen kommt.
Ich wiederhole noch einmal, ich glaube, die Zahlen
legen dies auch dar, es gibt sehr gute Erfolge im Bereich der ganz Jungen. Es
haben sich, was man nach dem ersten Hinsehen sagen kann, dieser Übergang vom
Kindergarten zur Schule und die entsprechende Sprachförderung dort sehr bewährt.
Wir haben auch gute Erfolge in anderen Bereichen, etwa in den Ansätzen, wo man
Englisch bei den ganz jungen Kindern entsprechend einbringt. Es ist in den
Volksschulen eine deutliche Verbesserung zu erzielen gewesen.
Wo wir Probleme haben, ist zweifelsohne darüber
hinaus gerade bei den 10- bis 14-Jährigen. Dort werden wir jene Programme, die
ich schon dargestellt habe und deren Wiederholung ich mir ersparen will,
versuchen, in noch verstärkterem Ausmaß, gerade in guter Zusammenarbeit mit dem
Programm der Bundesregierung respektive dem Programm des
Unterrichtsministeriums, umzusetzen. Wir haben höchstes Interesse daran, dass
das Deutschunterrichtsangebot entsprechend verstärkt wird, sodass jeder sich
dessen bedienen kann.
Aber
ich füge auch hinzu, dass wir jedenfalls von den Erwachsenen niemanden dazu
zwingen können. Das ist
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