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Gemeinderat, 32. Sitzung vom 27.03.2008, Wörtliches Protokoll  -  Seite 8 von 75

 

einmal angemerkt werden, dass das, wenn Sie sagen, dass es hier Einsparungen gibt, aus wirtschaftlicher Sicht eine etwas unpräzise Formulierung ist, denn es geht ja nicht darum, dass Linien eingestellt werden und dadurch weniger investiert wird oder weniger Betriebskosten anfallen, sondern es geht darum, dass ein hochwertiges, qualitativ und quantitativ viele Vorteile bringendes Massenverkehrsmittel eingesetzt wird, und zwar das beste und schnellste, das es gibt, nämlich die U-Bahn. Und die Frage, über die wir hier diskutieren, ist, ob die alten Verkehrsmittel, die jetzt parallel dazu fahren würden, weiter verbleiben. Es ist dies also keine Frage von Einsparungen, sondern es geht darum, ob es Sinn macht, dass man Doppelgleisigkeiten finanziert. Meine Antwort darauf ist: Ich denke, es macht keinen Sinn. – Man muss natürlich auch auf die speziellen Interessen der Anrainer Rücksicht nehmen. Aber Doppelführungen machen im Sinne einer effizienten Verkehrsorganisation, aber natürlich auch im Sinne einer effizienten betriebswirtschaftlichen Führung der Wiener Linien keinen Sinn.

 

Sehr geehrte Frau Gemeinderätin! Ich bitte um Verständnis, dass ich Ihnen nicht auswendig sagen kann, wie hoch die Betriebskosten für jede einzelne Linie sind. Um Ihnen die Dimension bewusst zu machen: Die Wiener Linien transportieren täglich zwei Millionen Fahrgäste, und in Anbetracht dessen bitte ich, wie gesagt, um Verständnis, dass die im Übrigen nicht operativ, sondern politisch Verantwortlichen die Betriebskosten jeder einzelnen Linie, vielleicht noch herunter gerechnet auf die zwei Millionen Fahrgäste, nicht im Kopf haben können! Das heißt, ich kann Ihnen diese Zahl jetzt nicht auswendig sagen. Ich glaube aber auch, dass Ihre Bemerkungen auch in dem Zusammenhang gesehen werden muss, in den ich sie zu stellen versucht habe, dass es eben nicht um Einsparungen in dem Sinn geht, dass die Stadt Wien sagt, dass weniger Geld für die Wiener Linien aufgewendet wird. Ganz im Gegenteil! Wir investieren in eine sehr vernünftige Einrichtung und wollen Parallelitäten vermeiden. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Vorsitzender GR Godwin Schuster: Die 2. Zusatzfrage wird von Herrn GR Mag Gerstl gestellt. – Bitte, Herr Kollege.

 

GR Mag Wolfgang Gerstl (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrte Frau Vizebürgermeisterin!

 

In dieser Frage sind wir nicht einer Meinung, weil wir glauben, dass das generelle Nein-Sagen zu einer Parallelführung von Straßenbahnen und U-Bahnen einfach in vielen Fällen nicht richtig ist, und insbesondere in diesem Fall nicht, weil es sich dort um ein neues Siedlungsgebiet handelt. Dort geht es um den Ausbau Wiens an der Donau, den Sie selbst als Stadt Wien gerne betreiben wollen, wie Sie immer behaupten. In dieses neue Siedlungsgebiet werden viele junge Familien mit Kindern ziehen, und in dem neuen Siedlungsgebiet wird in der ehemaligen aufgelassenen Busgarage ein neues Pensionistenheim entstehen. All das sind Faktoren, die bewirken, dass viele Menschen die Nähe einer Straßenbahn benötigen. Wie wir wissen, beträgt der Abstand zwischen den Straßenbahnstationen rund 250 bis 350 m, zwischen den U-Bahn-Stationen jedoch rund 900 m. Daher bedeutet es für viele Menschen, die barrierefrei und leicht zu einem öffentlichen Verkehrsmittel kommen wollen, eine Erschwerung, wenn Sie die Linie 21 einstellen.

 

Ich möchte noch hinzufügen: Ihr Beispiel macht auch nicht international Schule. So ist es zum Beispiel in München gang und gäbe, dass neben U-Bahn-Linien auch Straßenbahnen erhalten bleiben, weil es eben unterschiedliche Zielgruppen gibt. Aber ich gehe einmal davon aus, dass die Grundlage Ihrer Überlegungen beziehungsweise der Überlegungen der Wiener Linien vielleicht auch finanzielle Gründe sein könnten.

 

Daher möchte ich Sie nun konkret fragen: In welcher Höhe erwarten Sie sich Einsparungen, wenn die Linie 21 dort eingestellt wird? Und wo werden Sie dieses Geld, das Sie dort einsparen, in Zukunft investieren?

 

Vorsitzender GR Godwin Schuster: Bitte, Frau Vizebürgermeisterin.

 

VBgmin Mag Renate Brauner: Es stimmt: Hier sind wir unterschiedlicher Auffassung! Aber das soll in manchen Fragen ja öfters vorkommen, und um das miteinander zu diskutieren, sitzen wir heute beisammen.

 

Ich glaube nicht, dass es Sinn macht, hier zu Parallelführungen zu kommen, denn ich glaube, dass wir sehr gute Lösungen gefunden haben, die für die Anrainer und Anrainerinnen das Beste bedeuten. Ich respektiere Ihre Position, frage mich allerdings, wie diese mit der grundsätzlichen Einstellung Ihrer Partei vereinbar ist: Immer wieder stellen Sie Forderungen im Hinblick auf eine effiziente Verwaltung und auf eine effiziente Betriebsführung sowie gegen die Erhöhung von Personalkosten. Ich meine, dazu passt Ihre jetzt formulierte Position überhaupt nicht, die da lautet: Machen wir Parallelführungen, bauen wir eine U-Bahn, aber sonst bleibt alles beim Alten! – Ich sehe hier einen Widerspruch und kann nicht erkennen, wie diese beiden Positionen zusammenkommen können! Erlauben Sie mir daher, auf diesen Widerspruch aufmerksam zu machen!

 

Zu Ihrer Frage, wie wir denn zu dieser Position kommen, habe ich Ihnen die grundsätzlichen Überlegungen der Wiener Linien und auch die Maßnahmen genannt, die diesbezüglich in Absprache mit dem Bezirk gesetzt werden, um für die Anrainer und Anrainerinnen einen guten Service zu bieten.

 

Ich möchte Ihnen aber, weil ich glaube, dass persönliche Erfahrung oft sehr viel mehr zählt als Zahlen, etwas erzählen: Ich habe in Favoriten gewohnt, als die U1 eröffnet wurde, und ich kann mich noch sehr gut an die unglaublichen Diskussionen erinnern, die es gegeben hat, als der 67er, der früher dort gefahren ist, logischerweise von der Stadt eingestellt wurde, als der U-Bahn-Betrieb aufgenommen wurde, und der 67er dann nur mehr von der Endstelle der U-Bahn weitergefahren ist. Diese Parallelführung wäre natürlich nicht sinnvoll gewesen. Ich habe damals am Laaer Berg gewohnt, war also eine direkt Betroffene, und kann mich noch sehr genau daran erinnern, welche wilden Diskussionen und Proteste es damals gegeben hat.

 

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