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Gemeinderat, 32. Sitzung vom 27.03.2008, Wörtliches Protokoll  -  Seite 42 von 75

 

und im Bezirk 27 wirklich schöne alte Bäume umgefallen sind? Wieso muss er denn das machen? Das ist ja eine Strafe, meine Damen und Herren, für den Bezirk, der ohnedies kein Geld hat!

 

In der Stadt Wien, und damit schließe ich, meine Damen und Herren, habe ich den Eindruck, Sie reden von Dezentralisierung, meinen Zentralisierung und sparen die Bezirke kaputt. Ändern Sie Ihren Stil, helfen Sie den Bezirken, damit sie ihren ureigensten Aufgaben nachkommen können! Oder hören Sie überhaupt damit auf und machen Sie alles zentral, wie Sie es besser gewohnt sind! - Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Vorsitzender GR Günther Reiter: Zum Wort gemeldet hat sich Herr Bezirksvorsteher Mag Blimlinger. Ich erteile es ihm.

 

Bezirksvorsteher Mag Thomas Blimlinger: Herr Vorsitzender! Herr Berichterstatter! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

 

Vielleicht im Sinne einer seriösen Debatte, wie das der Herr Oxonitsch gesagt hat, eine kurze Klarstellung: 13 Bezirke haben Ende 2007 eine Rücklage, 14 Bezirke haben einen Vorgriff. Nein, wir haben nicht 27 Bezirke, es gibt vier Bezirke, die sowohl eine Rücklage als auch einen Vorgriff haben.

 

Zweite Replik bezüglich des Hauptstraßenbudgets: Ein großes Ärgernis, weil ich mir denke, das ist genau aus der Zeit, wo die Bezirksvorsteher vor der Dezentralisierung als Bittsteller gekommen sind, welche Hauptstraße jetzt dran ist und ob auch ihre in ihrem Bezirk dran ist. Das sollte schleunigst im Sinne einer Aufteilung der Bezirksmittel auf die Bezirke geändert werden.

 

Es wird Sie nicht sehr verwundern, wenn ich jetzt anlässlich dieser Debatte zu Ihnen als Bezirksvorsteher spreche und sage, dass die Bezirke für diejenigen Aufgaben, die ihnen gemäß der Wiener Stadtverfassung zukommen, schlicht zu wenig Finanzmittel haben. Sie werden wissen, dass ich mit dieser Meinung nicht alleine stehe, das hat sich heute schon gezeigt, die Kollegin aus dem 4. Bezirk hat auch schon gesprochen, sondern da befinde ich mich in guter Gesellschaft mit Kolleginnen und Kollegen aus anderen Bezirken, im Übrigen unterschiedlicher politischer Mehrheitsverhältnisse. Ich sage das hier und heute als Bezirksvorsteher eines Bezirkes, der in der zuletzt aktuellen Debatte im Rahmen des Schulsanierungspakets eigentlich sehr wenig Grund zur Beschwerde hatte. Der 7. Bezirk hat, schon unter meinem Vorvorgänger beginnend, in den letzten zehn Jahren viel für Schulerhaltung getan.

 

Dennoch ist der Aufwand für die Erhaltung von öffentlicher Infrastruktur ein zwingendes Argument für die längst notwendige grundlegende Reform der Mittelzuweisung an die Bezirke. In den vorangegangenen Schritten der Dezentralisierung wurden die mit zunehmendem Alter der Infrastruktur exponentiell steigenden Erhaltungskosten in der Haushaltsmittelverteilung schlicht zu wenig bedacht, was sich jetzt für die Bezirke in unterschiedlicher Weise schmerzlich offenbart. Ich kann das an zwei Beispielen festmachen:

 

Beispiel 1, Schulen: Auch wenn es den 7. Bezirk nicht so betroffen hat oder betrifft, in vielen Bezirken sind die Mittel, wie wir alle wissen, für die Schulsanierung notwendig, aber die stehen aus meiner Sicht in absolut keinem Verhältnis zur Budgetlage der Bezirke, und das trotz zusätzlicher Mittel, trotz Schulsanierungspaket.

 

Beispiel 2 ist auch schon von meiner Kollegin aus dem 4. Bezirk angesprochen worden, Verkehrsinfrastruktur: Das kommt als Nächstes auf die Bezirke zu. Aktuell - ich hatte erst vorgestern ein Gespräch darüber - ist die Sanierung der alten Ampelanlagen. Zahlen aus dem 7. Bezirk: Das kostet 2 Millionen EUR. Das soll in den nächsten fünf Jahren im 7. Bezirk dafür ausgegeben werden. Bei Bezirksmitteln von rund 3 Millionen EUR können Sie sich vorstellen, was das heißt. Rechnen Sie sich aus, was das für einen wirklich großen Bezirk bedeutet!

 

Und was kommt als Nächstes? - Das Amtshaus.

 

Der 7. Bezirk hat, gemessen am gesamten Bezirksbudget, den höchsten Anteil aller Bezirke an Ausgaben für die so genannte außerschulische Jugendbetreuung. Aus unserer Sicht ein wichtiges Instrument, gerade auch in integrativer Hinsicht. Es gibt in Neubau viele vielfältige, innovative Projekte, die nach Beschlüssen in der Bezirksvertretung auf die Realisierung warten und nur dann realisiert werden können, wenn es im Budget dafür genügend Spielraum gibt. Bezirke brauchen Gestaltungsspielraum, nicht nur im Schreiben von Anträgen, sondern auch mehr finanziellen Gestaltungsspielraum im Umsetzen. Wenn das Budget, so wie es aussieht, zur Gänze oder vielfach in Erhaltungskosten, Straßen, Beleuchtung, Schulen, Ampelanlagen fließt, dann bleibt dieser Spielraum nicht mehr.

 

Wir werden im heurigen Jahr einen zeitgemäß modernen Seniorentreff eröffnen. Wir werden Projekte der Lokalen Agenda 21 im öffentlichen Raum verwirklichen. Dafür muss ein schon lange beschlossenes, durch eine Erhebung im Bezirk in seiner Sinnhaftigkeit und Notwendigkeit bestätigtes Mädchencafé ein weiteres Jahr auf die Realisierung warten.

 

Es geht also hier nicht darum, man kann nicht alles auf einmal machen, es geht darum, dass Dezentralisierung dann zur Farce verkommt, wenn die finanziellen Mittel dafür nicht ausreichend zur Verfügung gestellt werden, wenn Dezentralisierung also über den Weg der Finanzen und scheinbaren oder tatsächlichen Notwendigkeiten ausgehöhlt wird, sodass die dezentrale Arbeit in den Bezirken ihre Stärken für die Menschen in dieser Stadt nur noch unter großen Anstrengungen der lokalen Akteure ausspielen kann. Es hat sich in den Jahren der Dezentralisierung bewiesen, dass viele der städtischen Aufgaben auf lokaler Ebene bürgerInnennäher, unbürokratischer und transparenter zu lösen sind, dass Partizipation an politischer Arbeit, die aus Beteiligung entstehenden politischen Projekte im Bezirk Identität und Integration stiften können, auf einer unmittelbaren Ebene im Grätzel vor Ort.

 

Wenn nun Bezirke zunehmend die Stimme kritisch erheben und Forderungen an die Stadt im Hinblick auf die Erfüllung dieser Aufgaben stellen, dann scheint es

 

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