Gemeinderat,
35. Sitzung vom 24.06.2008, Wörtliches Protokoll - Seite 61 von 118
bei der EURO 08 eine Autobuslinie, nämlich die Linie 2A, eingestellt, und wenn heute jemand in der Stadt unterwegs ist, merkt er eigentlich überhaupt nicht, warum der 2A nicht fahren könnte. Er könnte wirklich ungehindert fahren, ohne Probleme.
Ich bitte Sie daher, denken Sie nach, schauen Sie
sich das an. Sie haben jetzt noch eine Woche Zeit, die Situation zu nutzen.
Unterstützen Sie den öffentlichen Verkehr, führen die Buslinie 2A sofort wieder
ein. Wir bringen diesbezüglich auch einen Antrag ein. (Beifall bei der ÖVP.)
Natürlich möchte ich auch noch den Antrag betreffend
Nachrüstung aller Straßenbahngarnituren mit Rückspiegeln sowie auch noch einen
Antrag betreffend die Einsetzung einer unabhängigen Unfallprüfungskommission
bei den Wiener Linien einbringen. Sie kennen die Situation: Immer nach einem
Unfall bei den Wiener Linien hören wir, das war höhere Gewalt oder Ähnliches
oder gerade einmal menschliches Versagen. Es gab nie irgendeinen strategischen
Grund, es gab nie irgendeinen organisatorischen Grund. Wir denken, dass hier
eine Überprüfung von außerhalb der Betroffenen dringend notwendig wäre. Daher
sollte in der Magistratsabteilung eine solche Überprüfungskommission
eingerichtet werden, die Unfälle bei den Wiener Linien überprüft und auch dem
Gemeinderat jährlich einen Bericht dazu übermittelt. (Beifall bei der ÖVP.)
Meine Damen und Herren! Wir können auch ein bisschen
in die Zukunft schauen und sagen, die Parkraumbewirtschaftung wäre vielleicht
einmal zu ökologisieren. Das heißt, nicht den Autoverkehr zu verhindern,
sondern auch entsprechende Investitionen in den öffentlichen Verkehr zu
tätigen; Verdoppelung der Anschaffungsraten der Niederflurstraßenbahnen, um
gerade in Zeiten steigender Energiepreise auch die Möglichkeit des Umstieges zu
haben, also sich nicht bis 2014 Zeit zu lassen, bis 300 ULF da sind, sondern Verdoppelung
der Beschaffungsrate. Wir hätten dann diese 300 ULF bereits im Jahr 2010. Und
wenn wir in demselben Tempo weitermachen, hätten wir die Chance, dass alle 526
Straßenbahngarnituren mit hohem Sicherheitsstandard bereits 2014 den
Wienerinnen und Wienern zur Verfügung stehen könnten.
Das wäre wahrscheinlich auch notwendig, um diese
flächendeckende Barrierefreiheit sicherzustellen. Wir bringen diesbezüglich
auch einen Antrag betreffend Anschaffung von Niederflurstraßenbahnen ein. (Beifall
bei der ÖVP.)
Meine Damen und Herren! In anderen Bereichen gibt es
auch noch viele Möglichkeiten, mehr zu investieren und mehr für die Wienerinnen
und Wiener herauszuholen, sprich, Leistungsevaluierung, wie sie zum Beispiel in
Frankfurt und in vielen anderen Städten in Deutschland gang und gäbe ist. Hier
werden konkrete Dienstleistungen der Stadt ausgeschrieben in einem
kontrollierten Markt, was dazu führt, dass rund 30 Prozent mehr
Investitionen getätigt werden können, der öffentliche Verkehr verdichtet und
erweitert werden kann. Mit solchen Optimierungen könnten wir mehr Fahrgäste
bekommen und könnten damit wirklich einen Anreiz schaffen, umzusteigen.
Wir brauchen aber auch Entscheidungsstrukturen bei
der Vergabe von Leistungen im öffentlichen Verkehr, die für die Zukunft besser
adaptiert werden. Derzeit schauen wir immer nur, was ist der Aufwand und was
ist der konkrete Nutzen im jeweiligen System. Ich denke, wir müssen hier auch
Drittfaktoren mit einbeziehen, müssen ökologische Faktoren mit einbeziehen,
Umweltbelastungen mit einbeziehen, um in ein Gesamtsystem zu kommen. Es kann
nicht nur darum gehen, wie gerade die Einstellung der Linie 21 gezeigt
hat, dass es sich hier nur um eine einmalige Investition handelt und danach
entschieden wird oder nur um die derzeitige Auslastung bei der jeweiligen
Linie. Hier geht es insbesondere auch darum, die Vermeidung zu betrachten, also
was man damit hätte vermeiden können, wie viel Zusatzpotenzial man damit noch
bekommen könnte. Das ist in der Betrachtungsweise von der Stadt Wien vollkommen
außer Acht gelassen worden.
Ein anderes System aus der Stadt Zürich zeigt uns
auch, dass Lichtsignalanlagen, im Unterschied zu Wien, gemäß einem
Stauvermeidungsprinzip geschaltet werden können, was dazu führt, dass die
Straßenbahn nämlich nur dann auf Grün schaltet, wenn sie es gerade wirklich
braucht und unmittelbar darauf wieder frei gibt. In Wien haben wir das nicht.
In Wien ist die Situation immer nur, dass die eine Schaltphase auf die andere
umgestellt wird und damit immer eine Verzögerung eintritt, was dazu führt, dass
der Individualverkehr viel mehr beeinträchtigt wird.
Ich sage Ihnen, es kann nicht das Ziel sein,
öffentlichen Verkehr laufen zu lassen und gleichzeitig Individualverkehr zu
behindern. Es ist ein Sowohl-als-auch möglich. Dafür setzen wir uns ein, und
dafür sollten auch Sie sich einsetzen.
Sie sollten sich auch bei der Weiterentwicklung der
Fahrzeugtechnologie einsetzen. Sie fördern im Moment nur die Erdgastechnologie.
Das ist das Einzige, was Sie fördern. Sie fördern nicht die Anschaffung von
alternativen Antriebssystemen und Sie unterstützen damit eigentlich auch
diejenigen, die groß Geschäfte machen bei den fossilen Energieträgern. Sie
unterstützen die Erdöllobby, Sie unterstützen die Erdgaslobby aus den
verschiedenen Teilen der Welt, von denen wir damit immer mehr abhängig werden.
Sie sollten, wenn Sie eine vernünftige
Verkehrspolitik machen wollen, das Ziel haben, eine vernünftige
Mobilitätspolitik zu machen, unabhängiger zu werden und eigene Systeme zu
entwickeln.
Aber wir stützen uns noch immer auf Verkehrsdaten,
die jetzt bereits mehr als zehn Jahre alt sind, wir stützen uns auf
Verkehrsdaten, die dazu führen, dass wir zum Beispiel bei der S1 bei
Verkehrsprognoseschätzungen von den unterschiedlichen Verkehrsplanern im selben
Abschnitt einmal 33 000 Autos Belastung errechnet bekommen und von einem
anderen Verkehrsplaner 88 000 Autos.
Meine Damen und Herren! Das zeigt,
dass wir hier
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