Gemeinderat,
37. Sitzung vom 01.10.2008, Wörtliches Protokoll - Seite 15 von 72
wir leider in Österreich einen sehr geringen Akademikeranteil haben. Ich glaube, es sind die Türkei und Griechenland, die diesbezüglich noch hinter uns liegen. Einer der Gründe, warum ich mich so sehr dafür einsetze, dass wir ein neues Schulsystem bekommen, ist - auch das ist ein Ergebnis dieser OECD-Studie -, dass die frühe Trennung schon im Alter von 10 Jahren leider dafür sorgt, dass viele Talente nicht die entsprechende Chance bekommen und dass damit eine soziale Auswahl erfolgt, durch die viele Talente, die wir für die Wirtschaft dringend bräuchten, aus dem System „ausgespuckt" werden und sich dann nicht entsprechend weiterentwickeln können.
Das ist daher auch einer
der Gründe, warum ich so froh bin, dass es noch gelungen ist, die
Studiengebühren abzuschaffen: weil ich glaube, dass wir nicht Menschen davon
abhalten sollten, auf die Universitäten zu gehen, sondern, ganz im Gegenteil,
alles daransetzen müssen, dass möglichst mehr Menschen in dieser Stadt
studieren. Ich werde mich daher auch ganz sicher – egal, wie eine zukünftige Bundesregierung
ausschaut - voll dafür einsetzen, dass mehr Geld in die Universitäten
investiert wird. Wir brauchen mehr Studenten und Studentinnen, wir brauchen
mehr Akademiker und Akademikerinnen, gerade für den Bereich Forschung und
Entwicklung! - Das ist einmal die eine Seite.
Die zweite Seite ist, dass
wir natürlich, wie ich das ebenfalls von vielen Unternehmungen höre, auch
internationalen Austausch brauchen - und das ist das Thema, das Sie
angesprochen haben; ich wollte es nur nicht darauf reduzieren, weil ich glaube,
es wäre zu wenig, nur zu sagen, wir holen uns Leute von außen, die eine gute
Ausbildung haben. Aber wir brauchen auch das unbedingt. Selbst dann, wenn wir
in Österreich super tolle Leute und eine hohe Akademikerquote hätten, würden
wir sie trotzdem brauchen, denn: Wissenschaft ist international, Wissenschaft
braucht diesen internationalen Austausch, und auch internationale
Unternehmungen brauchen diesen.
Und es stimmt, da gibt es
immer wieder große Probleme, weil leider die strengen Zuwanderungsgesetze, die
gemacht wurden - und ich finde es interessant, dass diese Frage aus Ihrer
Richtung kommt -, dafür sorgen, dass viele toll qualifizierte Menschen nicht zu
uns kommen können. Sie wissen, wie stark wir darum gekämpft haben, dass zum
Beispiel jetzt in der letzten Bundesregierung die Regelung verändert wurde,
dass, wenn Forscher und Forscherinnen oder hoch qualifizierte Leute nach
Österreich kommen, deren Ehegefährten, Männer oder Frauen, nicht arbeiten
durften. Ich meine, das war eine absurde Regelung, durch die wir genau die
Hochqualifizierten, die wir brauchen, abgeschreckt haben, denn: Wer kommt
hierher, wenn der Lebenspartner, die Lebenspartnerin nicht arbeiten darf? - Das
war eine totale Hochqualifizierten-Verhinderungsregelung. Glücklicherweise
wurde sie von der letzten Regierung umgeändert.
Sie wissen, dass es von
unserer Integrationsstadträtin Vorschläge gibt, dass wir mit Hilfe einer
Zuwanderungskommission definieren und regeln, welche Zuwanderung wir brauchen
und welche Qualifikationen wir brauchen. Ich glaube, dass eines der Grundübel
in diesem Zusammenhang ist, wenn man immer so tut, als ob es in Österreich
keine Zuwanderung gäbe, und so tut, als ob wir Menschen aus anderen Ländern
nicht brauchen würden. Damit begibt man sich auch der Chance, eine vernünftige,
kluge Regelung zu machen. Und ich bin für eine vernünftige, kluge Regelung.
Deshalb denke ich, dass eine Bluecard eine Möglichkeit ist. Aber es gibt auch
andere Vorschläge, wie zum Beispiel jenen einer Zuwanderungskommission - ich
darf an die Beispiele von Deutschland erinnern, wo es ja diese Kommission
gegeben hat.
Aber Ziel muss sein, dass
wir definieren, welche qualifizierten Arbeitskräfte wir brauchen, und dass wir
diesen dann nicht Prügel zwischen die Beine werfen, wie es jetzt zum Teil der
Fall ist, sondern, im Gegenteil, dass wir sie unterstützen, hierher zu kommen,
weil ich glaube, dass das für die Wirtschaft ganz, ganz wichtig ist. Und dafür
werde ich mich auch einsetzen.
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Danke schön. - Die 2. Zusatzfrage wird von Frau GRin Smolik
gestellt. – Bitte.
GRin Claudia Smolik (Grüner Klub im
Rathaus): Frau Vizebürgermeisterin! Ich habe mich auch etwas gewundert, als
der Kollege von der FPÖ hier jetzt quasi angemerkt hat, dass es für WissenschaftlerInnen
aus dem Ausland in Österreich so schwierig ist, wo doch – wie Sie schon erwähnt
haben - gerade Schwarz-Blau diese Gesetzgebung eingeführt hat. Aber das sei
einmal dahingestellt.
Ich bin auf das Forschungsfest, das am 11. und
12. Oktober stattfinden wird, schon sehr gespannt, ich werde auch
hingehen. Ich bin wirklich neugierig, wie die Bevölkerung das aufnehmen wird,
vor allem auch die Jugend, weil es ja sehr stark darauf ankommt, dass auch die
Jugendlichen merken, dass das auch ein Potenzial für ihre Arbeitsplätze und für
ihre Zukunft ist. Nur glaube ich, dass ein Fest allein zu wenig ist, und ich
hoffe, dass es nicht dabei bleibt. Wir hatten ja vor ein paar Jahren einmal
Forschungstage, und das war es dann auch wieder. Ich glaube, dass wir hier
gerade in der Kommunikation mit der Bevölkerung mehr brauchen als Feste am
Rathausplatz.
Was passiert danach? Was ist das langfristige
Konzept, um da wirklich in einen Dialog mit der Bevölkerung zu treten, um die
Vorteile und auch die Chancen, die Wien in diesem Bereich Forschung,
Entwicklung und Innovation hat, auch wirklich zu transportieren?
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Bitte, Frau Vizebürgermeisterin.
VBgmin
Mag Renate Brauner: Sie haben natürlich völlig recht: Es wäre
viel zu wenig an Forschungsförderungsmaßnahmen, wenn es nur ein Fest gäbe. Aber
das ist natürlich auch in Wien nicht der Fall, sondern wir haben in Wien eine
Vielzahl an Maßnahmen, durch die wir versuchen, Forschung, Innovation und
Entwicklung zu unterstützen, und durch die wir auch die Menschen
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