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Gemeinderat, 38. Sitzung vom 30.10.2008, Wörtliches Protokoll  -  Seite 6 von 106

 

dass ich den Bürgermeister dazu befragen werde, denn wenn jetzt schon Massenmörder von der Stadt Wien geehrt werden, dann kommen vielleicht demnächst auch Terroristen an die Reihe und wird im Donaupark ein Gruseleckerl errichtet!

 

Diese Frage der Bevölkerung möchte ich jetzt an Sie weitergeben: Sind weitere Enthüllungen oder feierliche Eröffnungen durch Sie im Donaupark oder sonstwo in Wien von kommunistischen oder sonstigen Massenmördern oder dubiosen Gestalten der Weltgeschichte geplant?

 

Vorsitzender GR Godwin Schuster: Bitte, Herr Bürgermeister.

 

Bgm Dr Michael Häupl: Ich kann Sie absolut beruhigen: Für Massenmörder wird es sicherlich kein Denkmal geben! (StR Johann Herzog: Sehr erfreulich!) Es werden auch Batista, Hitler oder anderen Massenmördern keine Denkmäler gesetzt werden. Dessen können Sie ganz, ganz sicher sein!

 

Ich weiß nicht, wie sinnvoll es ist, dass wir uns mit den Berichten beschäftigen, welche die CIA vor 41 Jahren zur Rechtfertigung der Ermordung von Che Guevara herausgegeben hat. Fest steht aber fraglos, dass es sich nicht um eine Auseinandersetzung in einer freien Demokratie gehandelt hat, denn Herr Batista ist ja auch nicht gewählt worden, sondern es ging um die Differenzen zwischen einer rechtsgerichteten oder linksgerichteten Diktatur, wie das vielfach in Lateinamerika der Fall war. – Ich rechtfertige durch nichts eine kommunistische Diktatur, ebenso wenig wie eine faschistische Diktatur, das ist überhaupt gar keine Frage!

 

Wenn Sie schon so aufmerksam zugehört haben, dann sollten Sie festgestellt haben, dass dieses Zitat nicht von mir, sondern von Alfred Kohlbacher war. Sie haben jedoch hoffentlich auch mein Zitat gehört, dass ich nämlich die Auffassung vertreten habe, dass es eine Irrmeinung ist, wenn man glaubt, dass es Sozialismus ohne Freiheit und Demokratie gibt. Das war bei dieser Enthüllung ein Ausspruch von mir. – Die Art und Weise, wie Sie den Zusammenhang zwischen Sozialismus, Freiheit und Demokratie sehen, ändert jedenfalls nichts an der Tatsache, dass das meine Meinung ist, von der ich ausgehe, zu der ich stehe und die inhaltlich völlig inkompatibel mit diversen kommunistischen Diktaturvorstellungen ist.

 

Wie dem auch immer sei: Che ist zweifelfrei zu einem Mythos geworden. In Ihrer Umgebung war es vielleicht anders, aber in meiner Studentenzeit hing nahezu in jeder Studentenbude und in jedem Zimmer junger Leute dieses Plakat, und viele sind mit Che-Guevara-Leiberln herumgelaufen. Es hat sogar einen Prominenten ... (Zwischenruf von GR Mag Wolfgang Jung.) Sicherlich nicht! In der Studentenbude einer Burschenschaft ist das Plakat von Che Guevara sicherlich nicht gehangen, davon bin ich überzeugt! Das ist jedermanns gutes Recht. Es ist ja niemand gezwungen, sich bestimmte Plakate aufzuhängen! Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass sehr viele junge Menschen damit herumgelaufen sind, weil das einfach zu einem Mythos geworden ist. Das sagte ich schon, und beispielsweise Rektor Bast hat das dort auch betont. Dieser Mythos hat sich tatsächlich über die Realität und den realen Menschen Che Guevara erhoben. Das ist gar keine Frage.

 

Natürlich könnte man eine Reihe von Anmerkungen dazu machen. Ich will das heute nicht tun, denn es interessiert hier jetzt sowieso nicht. Aber es lässt sich auch in einer Biographie eines Amerikaners über Che Guevara nachlesen, wie differenziert dieses Menschenbild zweifelsohne zu sehen ist, und vieles von dem, was den Menschen Che Guevara ausgemacht hat, kann und will ich in vielerlei Hinsicht nicht akzeptieren, gar keine Frage. Damit meine ich nicht nur das Ideologische, sondern auch viel Menschliches.

 

Aber ich will es damit belassen, denn es ist hier wahrscheinlich nicht Ort und Zeit, über die Person Che Guevara zu diskutieren. Nehmen Sie nur bitte mit: Es ist überhaupt keine Frage, dass wir Diktatoren kein Denkmal errichten, und zwar egal welchen. Es wurden zu viele Sozialdemokraten von kommunistischen Diktatoren umgebracht, als dass ich jetzt eine Belehrung brauchen würde, wie man mit Letzteren umzugehen hat. Das sage ich Ihnen auch gleich. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Vorsitzender GR Godwin Schuster: Die 3. Zusatzfrage wird von Herrn GR Mag Maresch gestellt. – Bitte schön.

 

GR Mag Rüdiger Maresch (Grüner Klub im Rathaus): Kollege Mahdalik hat jetzt gesagt, dass er Che Guevara nicht im Herzen trägt. – Da ist mir eingefallen, dass jetzt die FPÖ mit Leiberln von einem Che Guevara herumläuft, der Strache ein bisschen ähnlich schaut, und sein Namenszug ist ein bisschen verfremdet worden. Im Lichte dessen habe ich es interessant gefunden, dass Kollege Mahdalik offensichtlich nicht weiß, was das Leiberl vom HC Strache bedeuten soll! – Das ist die eine Geschichte, die mich ein wenig überrascht hat.

 

Zweitens möchte ich erwähnen, dass wir in Wien einen Heldenplatz haben, auf dem Helden auf irgendwelchen Pferden dargestellt werden: Diese sind sehr wohl verantwortlich für den Tod tausender junger Männer, aber auch Frauen, und ich meine, man muss auch diesen Heldenkult hinterfragen, ebenso wie man den Machismus im Kult oder Mythos um Che Guevara hinterfragen muss. Wenn Sie aber, Kollege Mahdalik, von den Fragen reden, die bei diesem Anlass „aus der Bevölkerung“ gekommen sind, dann denke ich mir: Sie haben dort ein paar FPÖler hingekarrt, da kann man nicht von „der Bevölkerung“ sprechen!

 

Zu Kollegen Hoch möchte ich noch einmal sagen: Wenn Sie krampfhaft nach irgendetwas suchen, dann sollten Sie besser einmal bei Ihrer Bundespartei nachschauen! In deren Räumlichkeiten hängt noch immer das Porträt des Bundeskanzlers Dollfuss, der für Hinrichtungen von Sozialdemokraten und Nichtsozialdemokraten im Bürgerkrieg 1934 verantwortlich war. Sein Bildnis hängt noch immer dort, und zwar deshalb, weil auch er ein Mythos ist. – Ich meine, wenn man sich mit dem Mythos Che Guevara kritisch auseinandersetzt, was ich richtig finde, dann sollten Sie sich längst auch einmal mit

 

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