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Gemeinderat, 39. Sitzung vom 24.11.2008, Wörtliches Protokoll  -  Seite 27 von 130

 

wollen Geld in die Wirtschaft reinpumpen, um weiter zu spekulieren. Die Abzockerei an den Börsen geht mit jedem Hilfspaket weiter. Genau das, was uns jetzt in diese Situation geführt hat, wird weiter fortgesetzt. Dem müssen wir, meines Erachtens, tatsächlich auf mehreren Ebenen entgegentreten. Dazu jedoch später, da ich mich zunächst einmal wirklich auch mit dem Budget der Stadt Wien auseinandersetze.

 

Die 573 Millionen EUR nachfragewirksamer Ausgaben, um die es jetzt angeblich mehr sind. Ich würde sie gerne ein bisserl näher beleuchten. Um welche Ausgaben handelt es sich? Auf jeden Fall einmal um Investitionen. Da wird die Summe 1,6 Milliarden EUR genannt. Wer glaubt, dass die im Vorwort ausgewiesenen Investitionen angesichts der wirtschaftlichen Situation stärker gestiegen sind als die Inflationsrate? Frau Stadträtin! Glauben Sie, dass die ausgewiesenen Investitionen im Voranschlagsvergleich stärker gestiegen sind als die Inflationsrate? Nein! Das ist aber ein echter Indikator für ein hervorragend ausgiebiges Budget und für ein Agieren, ein wirklich adäquates auf die Krise Reagieren, wenn die Investitionen nicht einmal im Bereich der Inflationsrate wachsen. Das Bau- und das Baunebengewerbe, ausgewiesen 1,615 Milliarden EUR. Wer glaubt, dass das Bau- und Baunebengewerbe über der Inflationsrate gewachsen ist? Ich hoffe niemand, weil wer das glaubt, hat das Budget nicht gelesen. Bau- und Baunebengewerbe wachsen um 2 Prozent, also real weniger. Und das, obwohl wir ein Konjunkturpaket brauchen würden, Frau Stadträtin.

 

Und die 573 Millionen EUR, wo kommen die dann her? Sie kommen von Leistungen und Transferzahlungen, wo wir schon heuer wissen, dass wir viel mehr Geld ausgeben als budgetiert. Jetzt weiß ich schon, man soll nicht Voranschlag und Rechnungsabschluss vergleichen. Aber wenn wir einen Anstieg fürs nächste Jahr haben wollen, dann sollte es real mehr werden.

 

Der Fonds Soziales Wien mit 75 Millionen EUR ist da drinnen in den 573 Millionen EUR. Jetzt wissen wir, vom Fonds Soziales Wien ist vor eineinhalb Wochen am Freitag die Kuratoriumssitzung eingeladen und mit der Begründung wieder heimgeschickt worden: Es gibt kein Geld im Fonds Soziales Wien. Warum sollen wir uns überhaupt zusammensetzen und drüber diskutieren? Es gibt ein Loch von 50 Millionen EUR und angesichts der Weiterentwicklung des Fonds Soziales Wien - normale Personalkostensteigerung, Inflationsrate - sind jetzt 75 Millionen EUR mehr mitveranlasst als das Ausbudgetieren dessen, auf welchem Niveau wir uns jetzt momentan befinden.

 

Ebenfalls verpackt in den 573 Millionen EUR sind die Transferzahlungen an den Krankenanstaltenverbund. Kollegin Brauner, meine lieben Kollegen aus dem Finanzausschuss, dem Gemeinderat, wir wissen, wie viel Überschreitungsanträge wir heuer schon für den Krankenanstaltenverbund beschlossen haben. Ob dann wirklich noch viel mehr übrig bleibt? Und die restliche Summe bewegt sich in der Größenordnung der Inflationsrate, nicht einmal der Inflationsrate. Das ist kein Konjunkturpaket. Das ist ein „more of the same“ dahin gehend, dass es der Stadt Wien immer noch wichtiger ist, bestmöglich die Maastricht-Kriterien zu erfüllen und bestmöglich nur ja keine Verluste zu machen. Angesichts dieser Situation bei einem Gesamtbudget von rund 10 Milliarden EUR ist dann eine 100 Millionen EUR Konjunkturspritze eigentlich eine Verhöhnung!

 

Wir werden deshalb heute einen Antrag einbringen, der nicht auf ein Konjunkturpaketchen abstellt, sondern unseres Erachtens tatsächlich mehr dem „Klotzen statt Kleckern“ folgt, das mittlerweile eigentlich sehr viele internationale Organisationen, vor allem die im Finanzbereich tätig sind, als sinnvoll erachten. Ja, die Stadt Wien ist nicht arm. Ja, die Stadt Wien hat in der Vergangenheit sehr viele Schulden abgebaut. Wir können es uns leisten, einmal eine ernsthafte Diskussion unter Einbeziehung aller hier im Gemeinderat vertretenen Fraktionen zu führen, ob eine Erhöhung des Defizits der Stadt Wien, also der Schuldenstand der Stadt Wien, um knapp 8 Prozent gewährleistet ist, um die Krisenauswirkungen auf Wien tatsächlich abzufangen. Ich sage bewusst: Wien allein, vor allem, wenn die Bundesregierung so weitermacht wie bisher, wird die Krise nicht bekämpfen. Kein Bundesland kann das alleine, keine Stadt kann das alleine. Aber man kann mit der Investition von 1 Milliarde EUR - und wie gesagt, die Stadt Wien kann es sich leisten – 40 000 Arbeitsplätze sichern. Man kann mit der Investition von 1 Milliarde EUR 100 000 Menschen in Wien vor Armut bewahren. Und, liebe Frau Stadträtin, das sollte es uns jetzt schon wert sein, weil es ja letztendlich das Geld der Steuerzahler und Steuerzahlerinnen ist, das als Budget der Stadt Wien am Ende zur Verfügung steht, ob jetzt direkt über die eigenen Einnahmen oder die rund 60 Prozent, die via verschiedenster Transaktionen vom Bund kommen, 55 Prozent. Es ist das Geld der Steuerzahler und Steuerzahlerinnen!

 

Fragen wir uns: Wie können wir ihnen damit am besten helfen? Ich glaube, es bedarf eines ausgewogenen Pakets sowohl im Bau- und Baunebengewerbe, was sich niederschlagen würde im Vorziehen des Schulsanierungspakets, der Sanierung von Kinderbetreuungseinrichtungen und der behindertengerechten Umgestaltung von Amtshäusern; der Ausbau öffentlicher Verkehrsmittel würde vor allem auch der Umwelt etwas bringen, die Unterstützung Radverkehr würde der Umwelt etwas bringen, aktive Arbeitsmarktpolitik, Verdoppelung der Mittel. Das würde tatsächlich auch den Menschen was bringen, die Arbeit suchen. Und selbstverständlich die Behebung eines schon längere Zeit in Wien frappant anstehenden Problems, nämlich der Personalmangel im Sozial- und Gesundheitsbereich.

 

Die Frau Stadträtin hat sich heute zu Recht bei den Bediensteten im Sozialbereich und im Gesundheitsbereich ganz besonders bedankt. Diesem Dank schließe ich mich an. Aber nehmen wir doch den Unmut der dort Beschäftigten einmal zur Kenntnis. Es war über Jahrzehnte so, dass es Personalvertretungswahlen gegeben hat, Betriebsratswahlen gegeben hat, gerade in diesem Bereich es eine Hochburg der sozialdemokratischen

 

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