Gemeinderat,
39. Sitzung vom 24.11.2008, Wörtliches Protokoll - Seite 41 von 130
durch die Finanzkrise nicht in Schwierigkeiten geraten." Oder ein „Presse„-Text: „Zahlungsausfälle treiben Unternehmen in den Ruin. Restriktive Kreditvergabepraxis belastet häufig die kleinen Betriebe", also die Klein- und Mittelbetriebe.
Aber dann, sehr geehrte Frau Vizebürgermeister, habe
ich in der „Kronen Zeitung" im Lokalteil einen erfreulichen Beitrag
gefunden: „Krise im Großen darf kleine Betriebe nicht treffen." Und dann
im Detail: „Ausweitung der bestehenden Förderungen für alle Klein- und
Mittelbetriebe." - Bravo, Frau Vizebürgermeister! „Vereinfachung der
Landeshaftung für Kredite von Klein- und Mittelbetrieben." - Bravo, Frau Vizebürgermeister!
„Mehr Beteiligungskapital für technologieorientierte Firmen und
Leitbetriebe." - Bravo, Frau Vizebürgermeister!
Sehr geehrte Frau Vizebürgermeister! Als ich das
gelesen habe, war ich begeistert: Endlich wird auch für die KMUs in Wien etwas
getan! Nur: Leider, sehr geehrte Frau Vizebürgermeister, habe ich dann bemerkt,
dass dieser Artikel im Lokalteil der niederösterreichischen „Kronen
Zeitung" und nicht der Wiener „Kronen Zeitung" gestanden ist und
dieses Lob damit nicht Ihnen, sondern dem niederösterreichischen Lhptm Pröll
gegolten hat. An sich schade, Frau Vizebürgermeister!
Wie traurig die Situation ist, zeigt die Werbung
eines Wirtschaftsverlages, der die Pleitewelle als Aufhänger für seine Werbung
verwendet: „Täglich 18 Firmen auf dem Weg zum Insolvenzrichter". Sehr
geehrte Frau Vizebürgermeister, ist es nicht erschreckend ... (GR Marco Schreuder: Frau
Vizebürgermeisterin!) – „Frau Bürgermeister" - ich habe es in der
Schule so gelernt, lassen Sie mir das, bitte. (Ruf bei der SPÖ: Sie ist aber eine Frau!)
Sehr geehrte Frau Vizebürgermeister! Ich finde, dass
das an sich erschreckend ist. Und wie sieht es in den anderen Bundesländern
aus? Zum Beispiel: „Steiermark als EU-Musterregion für Klein- und
Mittelbetriebe." Oder, noch einmal Steiermark: „Wieder Gründerrekord:
Heuer 4 200 neue Firmen." Oder Tirol: „Kleinstunternehmen können sich
zinsengünstige Landesdarlehen holen." Oder Kärnten: „Job-Wachstum bei KMU
wird von Leitbetrieben gestützt." Oder. „An seine Forschungstöpfe lässt
Kärnten KMU bevorzugt heran." Oder Salzburg: „Stadt Salzburg erleichtert
Gründungen." Oder Oberösterreich: „Die Sonderfinanzierungsmodelle der
Raiffeisenbank Oberösterreich."
Sehr geehrte Frau Vizebürgermeister! Die
Firmeninsolvenzen nehmen zu und werden weiter steigen. Zum Beispiel:
„Trendumkehr bei den Pleiten: Firmeninsolvenzen nehmen zu." Oder: „Pleiten
werden 2009 steigen." Nach dem Kreditschutzverband 1870 ist der
Privatinsolvenzenbereich mittlerweile das Auffangbecken gescheiterter
Einzelunternehmen. Sehr geehrte Frau Vizebürgermeister, auf diesen Umstand habe
ich hier schon oftmals hingewiesen; jetzt wird er auch vom Kreditschutzverband
bestätigt. Bei den Privatinsolvenzen handelt es sich also nicht nur um
Privatpersonen im Sinne von Nichtunternehmern, ein wesentlicher Teil dieser
Privatinsolvenzen betrifft Einzelunternehmer, bei denen durch den Fristenlauf
des Insolvenzverfahrens der Unternehmer den Insolvenzantrag erst einbringen
konnte, nachdem der Rollbalken des Unternehmens unten war und somit aus einer
Unternehmensinsolvenz eine Privatinsolvenz geworden war. Ein Großteil der
Privatinsolvenzen betrifft somit ehemalige Klein- und Mittelbetriebe.
Ich habe hier schon mehrmals auf die speziellen
Probleme dieser Unternehmer hingewiesen, zum Beispiel auf die
Eigenkapitalausstattung dieser Betriebe. Von den Betrieben mit 1 bis
9 Dienstnehmern haben fast 55 Prozent ein negatives Eigenkapital, und
von den Betrieben mit 10 bis 49 Beschäftigten haben immerhin noch
35 Prozent ein negatives Eigenkapital. Das bedeutet, dass ein Großteil
dieser Betriebe überschuldet oder sogar Krisenbetriebe sind.
Sehr geehrte Frau Vizebürgermeister! Auf diese
katastrophale Situation verweise ich hier anlässlich der Budget- und
Rechnungsabschlussdebatten schon seit vielen Jahren, verbunden mit dem Ersuchen
an die sozialdemokratischen Finanz- und Wirtschaftsstadträte beziehungsweise
-stadträtinnen, sich für diese Unternehmen einzusetzen. An konkreten Handlungen
seitens des Landes Wien habe ich bisher leider fast keine feststellen können.
Die Ausgaben für die Wirtschaftsförderung für Klein-
und Mittelbetriebe waren für 2008 mit 49 Millionen EUR budgetiert,
und für 2009 sollen es 52 Millionen werden. Glauben Sie wirklich, sehr
geehrte Frau Vizebürgermeister, dass diese zusätzlichen 3 Millionen EUR
eine Verbesserung für die Situation der Klein- und Mittelbetriebe erreichen
können, und das in Zeiten von Basel II und Finanzkrise? Frau
Vizebürgermeister, das ist ein halbes Prozent, aber nicht - wie Sie in Ihrem
einleitenden Referat gesagt haben - 30 Prozent! Ich weiß, Sie haben die
Gesamtförderung gemeint, ich spreche jetzt aber von den Klein- und
Mittelbetrieben, und bei diesen Klein- und Mittelbetrieben beträgt die Erhöhung
der Förderung ein halbes Prozent. Das ist beschämend!
Mangels Eigenkapitals sind die Betriebe auf
Fremdkapital angewiesen, und da kommen wir schon zum nächsten Problem. Auch auf
dieses habe ich schon mehrfach hingewiesen, nämlich auf Basel II. Die
Banken haben mit der Begründung Basel II bereits sehr mehreren Jahren ein
eigenes Rating für ihre Kreditvergaben geschaffen, auch für KMUs, obwohl
Basel II für diese Betriebe gar nicht vorgesehen war. Was bedeutet das
Rating nun für diese Betriebe? - Nicht nur, dass die Kreditkosten sich bei
schlechtem Rating enorm erhöhen, gibt es für viele solcher Betriebe überhaupt
keine Kredite mehr, und das bedeutet Zahlungsunfähigkeit beziehungsweise
Insolvenz!
Ich darf diese Problematik
präzisieren. Auf Grund bankinterner Vorgänge, zum Beispiel Übernahme durch neue
Eigentümer wie zum Beispiel bei der Bank Austria, bei der BAWAG et cetera, oder
durch neue interne Veränderungen, Vorgaben et cetera könnte es zu neuen
Richtlinien für Überziehungen beziehungsweise Kredite kommen. Eine jahrelang
geübte Praxis der mündlich vereinbarten Kontoüberziehungen könnte zum Beispiel
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