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Gemeinderat, 39. Sitzung vom 24.11.2008, Wörtliches Protokoll  -  Seite 101 von 130

 

Partei haben einmal diesen saloppen Spruch in der Stadt plakatiert: „Deutsch statt nix verstehen". Sie lehnen aber - das ist erstaunlich - immer alle Deutschmaßnahmen, die wir im Gemeinderat beschließen, ab. (GR Mag Wolfgang Jung: Das stimmt nicht!) Doch, Sie lehnen es immer ab.

 

Aber reden wir über Sprache. Es gibt etwas, das werden Ihnen viele Linguisten und Linguistinnen, Pädagogen und Pädagoginnen, viele Experten und Expertinnen bestätigen: Wenn man die eigene Muttersprache gut kann, lernt man auch eine andere besser. Nehmen Sie dafür als Beispiel, dass Sie jetzt eine Sprache lernen; sagen wir einmal, Herr Dr Schock lernt Rumänisch. Wie würden Sie diese Sprache am leichtesten lernen? Indem Sie mit Ihrer eigenen Muttersprache Rumänisch lernen, oder wenn Sie Rumänisch, sagen wir, auf Englisch lernen? Das heißt, das Vokabelheft, das Sie bekommen, ist Englisch-Rumänisch, das Wörterbuch, das Sie bekommen, ist Rumänisch-Englisch, und das Lehrbuch, das Sie bekommen, ist Englisch-Rumänisch, aber nicht Deutsch-Rumänisch. Wie würden Sie leichter Rumänisch lernen? Vermutlich, wenn es Deutsch-Rumänisch ist.

 

So ähnlich ist das auch mit der Sprache und dem Spracherwerb in den Schulen. So muss man das nämlich sehen: Wenn die Sprache, die zu Hause gesprochen wird, gelernt wird - und das weiß ich auch aus eigener Erfahrung -, die eigene Muttersprache ... (GR Mag Wolfgang Jung: Das sollen sie doch vor der Schule lernen! Das ist es ja!)

 

Entschuldigen Sie, auch österreichische Schüler und Schülerinnen haben Deutsch in der Schule, die lernen das nicht vorher zu Hause. (GR Mag Wolfgang Jung: Die können es ja!) Umgangssprache lernt man zu Hause, aber nicht die Grammatikregeln und nicht die Rechtschreibung. Seien Sie mir nicht böse, das habe ich auch in der Schule gelernt, ja. (GR Mag Wolfgang Jung: Richtig, die Rechtschreibung nicht! Aber sie müssen es sprechen können!)

 

Es ist bewiesen, dass man, wenn man die eigene Muttersprache kann, eine zweite Sprache, eine dritte Sprache und eine vierte Sprache leichter erlernt. (GR Mag Wolfgang Jung: No na!) Man braucht nur ein bisschen nach Kanada zu schauen. Tun Sie das einmal, fahren Sie hin! Dort lernen Sie sehr spannende Projekte kennen, wo das praktiziert wird.

 

Es ist wirklich notwendig, dass wir in die Muttersprache investieren, weil es auch der deutschen Sprache zugute kommt, weil es auch einer zweiten, dritten, vierten, was weiß ich, wie vielen Fremdsprachen zugute kommt. Denn Spracherwerb bedeutet auch, Sprachen zu verstehen, Sprachsysteme zu verstehen. Wir brauchen tatsächlich bilingualen Unterricht in diesen Schulen, und zwar für Menschen, die in dieser Stadt wohnen, in ihrer Muttersprache. (GR Mag Wolfgang Jung: Nach Kanada kommen sie aber ...!)

 

Das wäre eine sinnvolle Investition in Integrationspolitik, es wäre eine sinnvolle Investition in Bildung. Und, nebenbei bemerkt, die Wirtschaft würde sich sehr freuen, wenn es Menschen gibt, die man anstellen kann, die Türkisch perfekt in Wort und Schrift beherrschen, die Deutsch perfekt in Wort und Schrift beherrschen und mehrere Fremdsprachen in Wort und Schrift beherrschen. Es gehört hier viel mehr investiert! Es „kostet" nicht, es ist eine Investition und kommt uns zugute.

 

Die zweite Sache, die auch die Integrationspolitik in dieser Stadt immer so schwierig macht, ist die Vermischung mit der Kriminalitätsbekämpfung. Ich habe das sehr aufmerksam verfolgt, als Dr Schock heute morgen von Jugendkriminalität sprach. Er hat da natürlich nur Namen, Vornamen von Menschen mit Migrationshintergrund genannt - auch eine Botschaft, die man damit vermitteln will, ohne es direkt zu sagen.

 

Aber was so schwierig ist, ist: Ja, wenn es Armut gibt, ja, wenn es keine Chancen gibt, ja, wenn es Diskriminierung gibt, dann ist das Integrieren schwer. Ja, wenn das Integrieren schwer ist, dann kommt man schnell einmal auf blöde Gedanken - stimmt, ja! Aber was machen wir dagegen? Sollen wir wirklich das sagen, was wir in der Früh gehört haben: Es werden rigorose Maßnahmen ergriffen? Oder investieren wir wirklich in Sozialarbeit? Investieren wir dort, wo Probleme entstehen? - Da gehört auch unserer Meinung nach viel, viel mehr gemacht.

 

Meine Kollegin Maria Vassilakou und ich stellen daher einen Antrag, und zwar betreffend die Aufstockung des Budgets für integrationspolitische Maßnahmen. Budgetansätze im Bereich der Integration und für Maßnahmen zur Herstellung von Chancengleichheit für WienerInnen mit Migrationshintergrund werden auf Basis des eingebrachten Entwurfs des Budgetvoranschlags für 2009 mindestens um das Doppelte aufgestockt. Wir bitten um die sofortige Abstimmung dieses Antrags.

 

Mein zweites Thema - leider bin ich immer der Einzige, der dazu spricht, aber die Frau Stadträtin wird das hoffentlich auch noch machen - ist die Antidiskriminierungsstelle, ist die Gleichstellung von Lesben, Schwulen, Transgender, ist die Gesellschaftspolitik für gleichgeschlechtlich liebende Menschen, insofern diese auch darunter fällt.

 

Ich möchte hier einmal ein Lob aussprechen: Ich habe derzeit den Eindruck, dass sehr viel passiert ist. Wir hatten eine sehr hervorragende Konferenz - dafür muss man der Antidiskriminierungsstelle wirklich großes Lob zuerkennen - zur grundsätzlichen Frage der Antidiskriminierung in dieser Stadt. Bei dieser Konferenz war es auch einer der ausgesprochenen Wünsche der NGOs, dass es sehr wichtig wäre, dass es einen eigenen Budgetansatz für die Antidiskriminierungsstelle gäbe, für die Möglichkeit, schnell unbürokratisch Geld zu vergeben, Studien in Auftrag zu geben, Publikationen zu machen.

 

Ich schließe mich diesem Wunsch an, weil eines im Budget immer noch so ist: Dadurch, dass die Antidiskriminierungsstelle kein eigenes Budget hat, dadurch, dass Lesben, Schwule, Transgender, Bisexuelle sich im Budget nicht finden, kommen sie nicht vor. Diversität andersrum sichert sozusagen das Umgehen mit der Vielfalt, also eigentliches Diversitätsmanagement. Wenn man eine Magistratsabteilung für Diversität hätte, müsste es

 

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