Gemeinderat,
39. Sitzung vom 24.11.2008, Wörtliches Protokoll - Seite 102 von 130
eigentlich dort hineinfallen und nicht in einem anderen Büro sein, wenn man es genau nimmt. Das sollte man sich auch noch einmal überlegen.
Aber Diversität bedeutet auch Sichtbarkeit, bedeutet,
es im Budget zu sehen, bedeutet auch, einen Budgetansatz dazu zu haben. Dafür
plädiere ich. Ich stelle keinen Antrag, ich wollte es jetzt einfach hier zur
Diskussion stellen, weil ich es für wichtig halte.
Erlauben Sie mir zum Abschluss auch hier noch einen
Satz zum Regierungsübereinkommen. Lesben und Schwule warten schon sehr lange, zu
lange auf die Gleichstellung ihrer Partnerschaften und Partnerinnenschaften. Es
dauert wirklich schon sehr lange; es ist jahrelang versprochen worden und ist
immer noch nicht da. Es gab große Hoffnungen auch in Richtung ÖVP. Der neue
Parteivorsitzende und Parteichef Pröll hat ja die Perspektivengruppe geleitet
und uns immerhin das Schweizer Modell versprochen. Wenn das Schweizer Modell
tatsächlich so kommen würde, wäre das ein riesiger Fortschritt. Es ist nicht
ganz das, was wir uns vorstellen - wir wollen wirklich die absolute Gleichheit
-, aber es wäre ein Fortschritt.
Was jetzt im Regierungsprogramm drinsteht, ist: Wir
gründen einen Arbeitskreis, wir gründen eine Arbeitsgruppe. Ich war das letzte
Mal schon drinnen, sie war ziemlich sinnlos. Wenn wir das jetzt noch einmal
machen, weiß ich nicht, welchen Sinn es macht.
Was wir derzeit brauchen - und ich finde, es soll an
dieser Stelle auch gesagt werden -, ist keine Arbeitsgruppe, sondern wir
brauchen einen Arbeitsauftrag. Diesen Auftrag haben wir in unserer politischen
Arbeit zwar nicht, wir können hier nicht das PartnerInnenschaftsgesetz
beschließen, das ist eine Bundesangelegenheit, aber wir können auf allen Ebenen
intensiv dafür sorgen, dass in dieser Stadt eine Gesellschaftspolitik auch
Brücken baut. Brücken sollten sozusagen nicht nur in der Stadtplanung gebaut
werden, sondern vor allem in der Gesellschaftspolitik.
So, und aus diesem Grund lehnen wir das Budget ab. -
Danke. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Vorsitzender GR Dr Wolfgang Ulm: Das Wort hat nunmehr Frau GRin Mag Ekici. - Bitte.
GRin Mag Sirvan Ekici (ÖVP-Klub der
Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrte Frau Stadträtin! Meine sehr geehrten
Damen und Herren!
Lieber Marco, dieser Paradigmenwechsel bei den GRÜNEN
ist sehr bemerkenswert! Ich freue mich, dass er meine Worte heute am Anfang
seiner Rede hier wiedergegeben hat. Es waren Worte, die ich in mehreren
Interviews immer wieder betont habe: dass wir einen Zustand in dieser Stadt
haben, der sich zwischen den zwei Extremen Blau und Grün bewegt, und dass wir
keine neue Atmosphäre finden, um über Integration konstruktiv zu diskutieren.
Dass die GRÜNEN das auch erkannt haben, ist natürlich
sehr bemerkenswert und freut mich. Das hat man auch in den Medien in den
letzten Tagen wahrgenommen, auch Herr GR Chorherr oder Maria Vassilakou haben
Forderungen der ÖVP aufgenommen und haben eingesehen, dass sozusagen nicht nur
Multikulti und Träumerei am Platz sind, sondern in gewissen Sachen
selbstverständlich pragmatischer vorzugehen ist.
Nun zu meinen Ausführungen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich werde auf
Grund der fortgeschrittenen Zeit versuchen, mich kurz zu halten. Aber lassen
Sie mich vielleicht einige Bemerkungen zum Herrn Bürgermeister und den
Ansichten zum Thema Integration machen. Denn kurz nach der Wahl hat der Herr
Bürgermeister bei einem Pressegespräch betont: Wir haben kein
Integrationsproblem in Wien. Das hat er vor einem Jahr betont und im Jahr davor
wieder betont.
Jemand, der so eine Ansicht als Bürgermeister dieser
Stadt hat und sagt, dass wir kein Integrationsproblem haben - das muss ich
sagen -, der leidet entweder unter Realitätsverlust, oder er will es nicht
wahrhaben. Das ist sehr bedauerlich. Ich habe den Artikel zweimal lesen müssen,
um zu sehen, ob ich mich verlesen habe bei dem, was da drinsteht; aber nein,
das habe ich nicht. Es ist ein Wunschdenken des Herrn Bürgermeisters, dem wir
uns gerne anschließen würden, aber auf Grund der vorherrschenden Zustände in
der Stadt und angesichts der Realität können wir ihm leider nicht beipflichten.
In diesem Artikel war weiter auch zu lesen, dass der
Herr Bürgermeister gesagt hat: Wenn wir Fehler gemacht haben, dann den, dass
wir zu wenig darüber geredet haben. Ja, sehr geehrter Herr Bürgermeister, wir
haben zu wenig über die vorherrschenden Defizite in dieser Stadt geredet! Das
ist wahr, das gebe ich auch zu.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin seit
mehr als zehn Jahren aktiv im Integrationsbereich tätig. Ich kann mich nicht
erinnern - außer bei traditionellen Iftar-Veranstaltungen im Rathaus -, dass
sich der Herr Bürgermeister die Mühe gemacht hat, bei den Migranten oder bei
irgendeiner Migrantenveranstaltung dabei zu sein. Ich habe das nicht gesehen.
Jetzt, nachdem ich es auch an dieser Stelle des
Öfteren kritisiert habe, hat sich der Herr Bürgermeister das zu Herzen
genommen. Er ist nun auch öfters bei Veranstaltungen zu sehen. Gesichtet wurde
er letzte Woche bei einer Veranstaltung, da hat er in seiner Rede wieder
betont: Wir haben kein Integrationsproblem.
Er hat auch gesagt, als er ein Kind im Gemeindebau
war - ich habe nicht gewusst, dass er in einem Gemeindebau in Wien gelebt hat,
ich dachte, er sei in Niederösterreich aufgewachsen -, da gab es auch schon
Probleme zwischen den Nachbarn, und es gab die Bassenakonflikte. Da habe ich
mir gedacht, ich habe das Gefühl, dass am Herrn Bürgermeister 40 Jahre
Arbeitsmigration vorübergegangen sind, dass er das irgendwie, ich möchte nicht
sagen, verschlafen hat, aber er hat es zumindest bei dieser Veranstaltung ausgeblendet,
was ich sehr bedauere, und auch, dass er gesagt hat: Wir werden keinen
Millimeter von unserer Linie abweichen.
Das war dann sozusagen eine Frage,
wo ich mir gedacht habe, dass es mich schaudert, wenn ich an die Zukunft denke.
Da sage ich, das ist jetzt die Integrationspolitik; und was sagt der Herr
Bürgermeister: Er wird
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