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Gemeinderat, 39. Sitzung vom 24.11.2008, Wörtliches Protokoll  -  Seite 103 von 130

 

nicht davon abweichen! Das sind Perspektiven, die einem natürlich die Haare zu Berge stehen lassen, meine sehr geehrte Damen und Herren!

 

Ich weiß, die Roten glauben immer, wir von der Opposition stellen uns hierher und haben nichts Besseres zu tun, als zu kritisieren. Aber wenn wir es nicht tun, wollen Sie es nicht wahrnehmen. Wenn Sie uns nicht glauben, dann glauben Sie wenigstens den Journalisten und Journalistinnen, die sich auch damit auseinandersetzen. Ich kann Ihnen hier gerne ein Zitat von Rainer Nowak aus der „Presse" übermitteln.

 

Zitat: „Am Dienstagabend erzählte er" - damit ist der Herr Bürgermeister gemeint – „im allseits beliebten türkischen Restaurant Kent am Brunnenmarkt, dass ‚so viel Mist' über die Integration von Ausländern in Wien geredet werde. Die sei nämlich eine ‚echte Benchmark' in Sachen gelungener Integration. Auch wenn es schwerfällt, da müssen wir Häupl leider klar widersprechen: Wien hat sicher nicht die positiven Maßstäbe in Sachen Integration für die Welt gesetzt, sondern viel versäumt. Einen präzisen Beleg für diese These lieferte StRin Sandra Frauenberger selbst: In Wien soll es in Zukunft ‚Niederlassungsbegleitung' für Ausländer geben, dabei werden die neuen Bewohner detailliert über Gesundheit, Arbeitsmarkt, Sprache und Bildung informiert - vor allem auch Frauen und Jugendliche. Sie sollen aber nicht nur von Möglichkeiten, sondern auch von Pflichten und Notwendigkeiten wie der Kenntnisse der deutschen Sprache unterrichtet werden. So weit, so sinnvoll. Frauenberger meint, dass Integration mittels PR-Tour durch fremde Kochtöpfe nicht reiche. ‚Multikulti ist tot', sagte sie. So scharf hätten wir die Abrechnung mit der Wiener Integrationspolitik gar nicht formuliert. Obwohl ..." - Zitat Ende. Das hat Rainer Nowak vor einiger Zeit in der „Presse" geschrieben.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wie soll man an Probleme und Herausforderungen herangehen und sie lösen, wenn sie nicht einmal angesprochen werden oder negiert werden, wie es der Bürgermeister tut? Solange die SPÖ nicht willens ist, für die Migrantinnen und Migranten in dieser Stadt nachhaltig wirkende Entscheidungen zu treffen und Reformvorschläge - selbst wenn diese von der Opposition kommen, meine sehr geehrte Damen und Herren - zu realisieren, wird die Integrationsdebatte in dieser Stadt auch in Zukunft sehr armselig sein. Einzig der rechte Flügel in der Parteienlandschaft profitiert von den Folgen einer Scheuklappenpolitik.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir wissen, dass es in Wien in allen Bereichen Lücken, Defizite und Baustellen gibt. Lassen Sie mich vielleicht nur ganz kurz ein paar Zahlen beziehungsweise Ziffern nennen. Vor Kurzem wurde es ja in den Medien sehr breit diskutiert - auch in grünen -, dass 77 Prozent Migrantenkinder, die demnächst beziehungsweise nächstes Jahr in die Schule kommen werden, ein enormes Sprachdefizit haben.

 

Oder: 50 Prozent jener Kinder, die in die Sonderschule gehen, haben Migrationshintergrund. Zwei Drittel der Jugendlichen mit Migrationshintergrund, die sozusagen beim Arbeitsmarkt Jugendlicher eingetragen sind, haben Migrationshintergrund. All diese Zahlen, meine sehr geehrte Damen und Herren, verdeutlichen doch den Zustand beziehungsweise die Situation in Wien sehr, sehr ausführlich.

 

Aber wir haben es auch in anderen Bereichen - ich möchte es heute nicht noch einmal aufgreifen -, im Wohnbereich oder im Frauenbereich. Zwangsverheiratung wurde ja heute schon genannt, beim Antrag der Roten, dem wir leider nicht zustimmen. Ich kann Ihnen auch sagen, warum: Wir haben uns hier persönlich als ÖVP, meine Kollegen Barbara Feldmann und ich, sehr massiv und intensiv dafür eingesetzt, dass dieses Thema auch in Wien ein Thema ist.

 

Wir haben, glaube ich, auch etwas bewirkt, und wir waren, glaube ich, der Motor dafür, dass in der Stadt überhaupt eine Studie in Angriff genommen wurde. Nur hat diese Studie dann ewig lang gedauert - ich glaube, über zwei Jahre -, und dann war es wieder ganz still. Wir haben uns schon gewundert, warum da nichts weitergeht. Die Forderungen wurden dann von den Experten und Expertinnen, auch vom Arbeitskreis - ich muss dazusagen, von diesem Arbeitskreis war ich nicht eingeladen, es waren nur Frauensprecherinnen eingeladen, die Integrationssprecherinnen waren nicht eingeladen, selbst wenn niemand verstand, warum nicht, aber es war so - nicht thematisiert.

 

Am Freitag kommt ad hoc ein Antrag, dass man Forderungen an die Bundesregierung stellen soll, dass diese und diese Punkte erfüllt werden sollen. Das geht nicht zwischen Tür und Angel, meine sehr geehrten Damen und Herren! Solche strukturellen Maßnahmen, solche wichtigen Maßnahmen müssen wir zuerst einmal parteiübergreifend, auf Klubobmänner- und -frauenebene miteinander diskutieren und gemeinsam etwas machen. Einfach zu sagen: wir haben jetzt etwas anderes formuliert, geht mit oder geht nicht mit!, so geht es nicht.

 

Deswegen habe ich gesagt, ich bin nicht grundsätzlich gegen den Antrag, aber so, wie er gemacht wird, kann ich nicht mitgehen. Ich habe auch vorgeschlagen, Frau Kollegin Krotsch, dass wir da eventuell miteinander reden sollten, das habe ich, glaube ich, zur Sprache gebracht. Es geht nicht darum, es schlechtzureden oder es zu kritisieren, weil Sie es gemacht haben, ganz im Gegenteil, es geht mir um etwas ganz anderes.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Knackpunkte habe ich hier sozusagen in kürzester Zeit zu nennen versucht. Wir möchten jetzt als ÖVP-Fraktion keine düsteren Szenarien zeichnen, wir möchten auch keine negativ verzerrten Szenarien wie die Freiheitlichen, wir möchten aber auch kein Schönreden. Wir möchten die Sache konstruktiv angehen, es dort, wo es ein Thema ist, thematisieren und gemeinsam auch Lösungsansätze finden.

 

Wir waren ja als ÖVP-Wien immer schon für diese Stadt da. Ich erinnere an dieser Stelle auch wieder daran - sozusagen Kameraschwenk -, dass wir „Mama lernt Deutsch"-Kurse oder „Man lernt Deutsch" schon im Jahre 2000 gefordert haben, dass wir die Vorziehung der

 

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