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Gemeinderat, 39. Sitzung vom 25.11.2008, Wörtliches Protokoll  -  Seite 45 von 106

 

70 Anfragen. Durchschnittlich gibt es monatlich 350 Neuanträge, und 2008 wurden über 3 000 Bewilligungen ausgestellt.

 

Herr Kollege! Sozialarbeit in dem Bereich der Obdachlosenhilfe, Sozialarbeit generell in den Bereichen mit sozial schlechter gestellten Menschen, aber auch psychosoziale Arbeit von Mitarbeitern der Stadt Wien und auch von Mitarbeitern vieler anderer Institutionen und Vereine ist ein solidarischer Beitrag, der unschätzbar ist für uns. Die Politiker sollten sich ein Beispiel nehmen an den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen, welchen solidarischen Beitrag sie für unsere Gesellschaft leisten.

 

Ich möchte ganz kurz auf die Behindertenpolitik, auf die Politik für Menschen mit besonderen Bedürfnissen eingehen. Auch hier steht in erster Linie im Vordergrund, dass Menschen in einem Arbeitsverhältnis stehen sollen, weshalb es arbeitsunterstützende Maßnahmen gibt, ganz besonders steht aber natürlich die Selbstbestimmung sowie die Selbstvertretung im Vordergrund. Ich möchte auch erwähnen, dass das Gremium der Behindertenkommission natürlich immer wieder bereit ist zu helfen, und dass in unserer Vertretung die Landtagspräsidentin Stubenvoll ein offenes Ohr hat für die Anliegen von Menschen mit besonderen Bedürfnissen.

 

Ich habe mich zu lange aufgehalten bei Einzelheiten und möchte nur noch kurz erwähnen, dass die Magistratsabteilung 40 unterstützend für Menschen in sozial schwierigen Lebenslagen da ist. Sozialhilfe neu heißt, dass jetzt Wartezeiten reduziert werden. Ich weiß nicht, wer das erwähnt hat, aber Sie haben vollkommen recht, sechs Wochen sind viel zu lange. Es sollen in Zukunft nur noch zwei Wochen sein, was die Bearbeitungen betrifft. Ziel soll es auch sein, dass generell Sozialhilfe all jene bekommen, die sie absolut brauchen.

 

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bin nicht mehr dazugekommen, es tut mir leid, es gäbe noch viele Projekte, die erwähnenswert wären und wo ich den Mitarbeitern danken möchte, egal, ob es im psychiatrischen Bereich ist, beim PSD oder auch bei der Drogenarbeit in Wien.

 

Abschließend lassen Sie mich trotzdem noch einmal sagen: Die Arbeit, die im Sozialbereich von vielen Menschen in dieser Stadt nicht nur bei der Stadt Wien, sondern durch Vereine, Institutionen oder andere Organisationen getätigt wird, ist einfach unschätzbar, und wir sollten uns ein Beispiel nehmen, politisch auch dementsprechend was zu tun. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Vorsitzender GR Godwin Schuster: Danke. – Ich hoffe, der Lichtausfall beeinträchtigt nicht die Übertragungsqualität.

 

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr StR Ellensohn. Ich erteile es ihm.

 

StR David Ellensohn: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Meine Damen und Herren!

 

Viele meinen es gut, und ich bin auch milde gestimmt am Ende des Kalenderjahres, aber funktionierende Armutsbekämpfung können wir natürlich am Ende nicht dadurch beweisen, dass wir möglichst viel Sozialhilfe und anderes ausgeben müssen, sondern dass wir keine armen Menschen mehr haben. Das müsste die Idee sein. Solange die Zahl an Menschen, die darauf angewiesen sind, dass sie Transferleistungen kriegen, dass die Sozialhilfe kriegen, steigt und steigt und steigt, gibt es überhaupt keinen Grund, irgendwie zufrieden zu sein, sondern im Gegenteil, man muss sich überlegen, ob es überhaupt möglich ist und ob es Strategien gibt, das einzudämmen, ja oder nein. Oder wir ergeben uns in das Ganze und sagen, es werden halt jedes Jahr mehr Leute arm werden, und wir überlegen uns, wie wir sie halbwegs über Wasser halten. Das wiederum finde ich ein Armutszeugnis für die Politik, wenn man so an das herangeht.

 

Meine Kollegin, Heidi Cammerlander, hat darauf hingewiesen, dass es schon auch darauf ankommt, wo man sich selber bewegt – das Sein bestimmt das Bewusstsein –, und was sie gemeint hat mit dem „Reich und Schön", hat sie illustriert anhand eines Beispiels zuvor von einem jugendlichen Verwandten, einem Enkel, glaube ich, wenn ich das richtig im Kopf habe. Tatsache ist: Wenn jemand hier am Pult steht und so tut, als ob wir in dieser Stadt im Bereich Armut eigentlich ohnedies alles im Griff hätten, dann ist das eine Beschönigung. Angesichts dieser Zahlen sollte man eigentlich bitterlich weinen – das muss man ja nicht öffentlich machen –, aber es ist nicht etwas, um sich hier herzustellen und zu sagen, wir haben das im Griff und das funktioniert. Es funktioniert nicht. Das hat letztes Jahr nicht funktioniert, und es funktioniert heuer nicht.

 

Ich gebe ja zu, dass man allerhand Maßnahmen setzt, um die ärgste Not zu lindern, aber trotzdem sehe ich keine Strategie, die heißt: Am Ende möchte ich ein Wien ohne Armut haben – das ist die Vision, die ich mir leisten möchte –, und jetzt überlege ich mir, was das alles braucht. Natürlich ist Wien nicht allein verantwortlich für alles, was da hereinprasselt, aber kann man so was überhaupt noch denken heutzutage oder nicht? Oder gibt es das nicht mehr? Darf man sich das nur überlegen, wenn man 14, 15 Jahre alt ist und noch nicht Realpolitiker, Realpolitikerin oder irgendwas? Oder darf ich mir das jetzt auch noch leisten, dass ich sage, ich will das nicht, ich will nicht, dass Leute draußen Angst haben, ob sie genug Geld zum Heizen haben, ob der Heizkostenzuschuss 100 oder 200 oder 300 EUR ist. (GRin Mag Sonja Ramskogler: Na, glaubst du, wir wollen das?) Ich will mir das nicht überlegen. Ich will nicht schauen, wie die Obdachlosigkeit steigt. Ich will, dass es das Problem nicht gibt.

 

Und jetzt gehen wir her und überlegen uns das gemeinsam und loben nicht die Zwischenmaßnahmen auf dem Weg dahin. Die Verantwortung für den Zustand tragen natürlich in erster Linie Regierende auf der ganzen Welt meinetwegen, und dann brechen wir es aber schon herunter. Einen Teil der Verantwortung für den ganzen Diskurs, den wir die letzten Jahrzehnte oder die letzten zwei Jahrzehnte zumindest hatten, den tragen natürlich auch Regierungen, die mit Cross Border Leasing, mit Ausgliederungen et cetera zumindest, sagen wir einmal, neoliberale Elemente übernommen haben und

 

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