«  1  »

 

Gemeinderat, 41. Sitzung vom 02.12.2008, Wörtliches Protokoll  -  Seite 7 von 26

 

ja auch RednerInnen der Sozialdemokratie, die noch herauskommen und sprechen werden. Vielleicht kann mir jemand erklären, warum die Steiermark sehr wohl an dem Projekt beteiligt ist, sogar voranschreitet, und Oberösterreich gemeinsam mit der Steiermark das entwickelt.

 

Wenn ich mit meinen eigenen Kindern durch die Stadt gehe und in einem Park bin oder im Kindergarten bin und ich sehe Gleichaltrige, dann kann ich relativ zügig einteilen, welche Kinder eine Chance haben und welche nicht, und wahrscheinlich hätten auch Sie eine hohe Treffsicherheit und würden das gar nicht so viel anders sehen als ich, meine Damen und Herren von der SPÖ.

 

Das ist dramatisch genug. Sie können hingehen und sagen: Wenn ich mir die Eltern von dem Kind anschaue, wenn ich mir anschaue, wie es angezogen ist, wenn ich mir den Rucksack anschaue, wenn ich mir das Schuhwerk anschaue, dann weiß ich, wo das Kind hinkommt, dann weiß ich, welches wesentlich schlechtere Aussichten hat. Sie wissen das aus den eigenen Zahlen, aus den eigenen Daten, aus dem, was auch hier vorgetragen wird. Es wird kalt draußen, aber es kommen nicht alle Kinder mit Winterschuhen in den Kindergarten, weil sie es sich nicht leisten können, schlichtweg nicht leisten können. Da wartet man immer. Die kommen dann schon alle. Vor Weihnachten ist es dann irgendwann so weit oder zu Weihnachten ist es dann soweit.

 

Sie haben in dieser Stadt die Armut von Kindern tagtäglich vor Augen geführt, Sie müssen nur die Augen aufmachen. Sie dürfen auch nicht nur mit dem Dienstwagen unterwegs sein, sondern Sie müssen auch in den öffentlichen Verkehrsmitteln schauen, Sie müssen schauen, wenn die Kinder auf dem Weg in den Kindergarten sind oder herauskommen, Sie müssen sich die Kinder einzeln anschauen. Sie sehen es ihnen an. Sie sehen es ihnen an, und die magere Datenlage, die Sie haben, bestätigt Ihnen das. Was die Frau Pinterits, die Kinder- und Jugendanwältin der Gemeinde Wien, hier sagt, spricht eine deutliche Sprache. Und sie sagt vor allem eines: Die Politik soll nicht gar nicht diskutieren, aber die Politik soll nicht ausschließlich diskutieren.

 

Das, was wir heute machen, ist eine Diskussion, aber das, was wir am Ende gerne hätten, sind nicht nur Anträge, die heute Mehrheiten finden, sondern wir hätten gerne, dass die SPÖ am Tag danach oder am besten heute zu Mittag, wenn wir da fertig sind, tatsächlich eine Armutsbekämpfung in Angriff nimmt. Das machen Sie bis jetzt nicht. Wenn die Zahlen jedes Jahr steigen, dann versagt die Politik. Wie soll man das denn sonst sagen?

 

Und jetzt kann man sich überlegen, auf welcher Ebene man was machen kann. Sie sind immer so wahnsinnig stolz auf die Erbschaft quasi der Sozialdemokratie vom Beginn des letzten Jahrhunderts. Da wird von den Gemeindebauten der 20er Jahre geträumt, und da kriegt man fast nasse Augen. Nasse Augen sollten Sie kriegen, wenn Sie da draußen sehen, wie arm die Menschen und wie arm die Kinder geworden sind. Diese Erbschaft, die Sie für sich beanspruchen, die dürfen Sie nur dann ehrlicherweise beanspruchen – ich habe noch gar nicht gesagt, gar nicht –, wenn Sie heute ähnliche Schritte setzen. Damals hat man Armut gehabt, und was hat man gemacht? Der Herr Breitner hat Luxussteuern eingeführt, hat genau diejenigen getroffen, die genug gehabt haben, und man hat umverteilt. Und auf dieser Erbschaft ruhen Sie sich aus.

 

Ich sage einfach: Machen Sie das noch einmal! Überlegen Sie sich etwas Ähnliches! Überlegen Sie sich Instrumente, wie man das heute, wo der Reichtum ungleich höher ist als in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts, neu umverteilen kann. Es muss doch nicht sein, dass die Stadt über eine Menge von Menschen, die auch in stadtnahen Bereichen oder stadteigenen Bereichen prekär beschäftigt sind, quasi selbst Armut schafft. Das ist doch nicht notwendig. Die SPÖ muss doch nicht selbst Armut schaffen in der Stadt. Das machen Sie momentan mit Verträgen, wonach in der Jugendwohlfahrt Beschäftigte sitzen, die unter 30 Stunden arbeiten. Davon können sie nicht leben. Die machen einen Tausender netto und weniger und liegen selber an der Armutsgrenze. Die SPÖ verwaltet nicht nur Armut, sondern – ich sage es deutlicher – die SPÖ verschärft die Armut in der Stadt durch die eigene Politik. (GR Peter Florianschütz: Nennen Sie ein Beispiel!)

 

Ein Beispiel verlangt der Kollege Florianschütz. Da nehme ich ein Beispiel und sage: Wenn Sie das Glücksspiel so vorantreiben und wissen, dass die Leute nachher bei der SchuldnerInnenberatung anstehen, dass Familienväter hinkommen – denn das sind hauptsächlich Männer, die dort ihr Geld verlieren –, die nicht mehr in der Lage sind, auch nur ein Weihnachtsgeschenk zu kaufen, die nicht einmal mehr in den nächsten Billa hineingehen können zum Einkaufen, weil sie kein Geld mehr haben, dann wissen Sie, wofür Sie verantwortlich sind.

 

Setzen Sie die Energie der Sozialdemokratie auf Armutsbekämpfung, damit wir uns nicht genieren müssen für die Politik, die insgesamt vorangetrieben wird.

 

Wir haben eine Krise. Das ist jetzt allen aufgefallen, weil es jeden Tag in der Zeitung steht. Wir hatten vorher schon eine Krise, die hat Armut geheißen, die ist offensichtlich nicht allen aufgefallen. Die fällt wann immer jedem auf? Im Advent. (GRin Marianne Klicka: Nicht nur im Advent!) Im Advent fällt sie allen auf, da kriegt sie auch einen entsprechenden Platz. Nur, die Leute, die heute arm sind – ich sage es Ihnen, wie es ist –, die sind im Jänner auch arm, die sind im August, wenn die Sonne scheint, auch arm. Da frieren sie zwar nicht, aber der Kühlschrank ist immer noch nicht voll.

 

Armut bekämpfen ist mehr, als es hier zu diskutieren. Deswegen bringen die Grünen mehrere Anträge zu diesem Thema sein. Signalisiert wird bis jetzt keine Zustimmung. Signalisiert wird: Wir machen so weiter! (GRin Marianne Klicka: Wir helfen das ganze Jahr! Wir brauchen nicht den Advent!) Wir schreiben die Armutszahlen so fort, eine Kurve, die nach oben geht. Nicht wahnsinnig steil, aber schön gemächlich nach oben. Jedes Jahr mehr arme Kinder in der Stadt.

 

Und das soll eine erfolgreiche Politik sein? Das ist

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular