Gemeinderat,
42. Sitzung vom 19.12.2008, Wörtliches Protokoll - Seite 13 von 115
grundsätzlich offen zu führen. Die psychisch erkrankten Patienten werden unter Wahrung ihrer Patientinnen- und Patientenrechte und damit auch ihrer Bewegungsfreiheit ebenso behandelt und betreut wie Patienten und Patientinnen in somatischen Abteilungen.
Sie sagen, Sie haben noch nie von einem fakultativ
geschlossenen Bereich gehört. Herr Primar David sagt hier auch, dass es
sozusagen um die Frage der Einzelraumbeschränkung geht, und die räumliche
Beschränkung, die natürlich eine Unterbringung nach dem Unterbringungsgesetz
ist und nach allem, was das mit sich bringt, ist eine Variante nach dem
Unterbringungsgesetz.
Der Krankenanstaltenverbund teilt mir mit, dass er
auch in einer Beantwortung eines Amtshilfeansuchens der Untersuchungskommission
vom 26. März 2008 diese Form der Unterbringung angeführt hat. Es kann sich
daher nur um ein Missverständnis handeln, wenn Sie der Meinung sind, davon noch
nie gehört zu haben.
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Danke. - Die 1. Zusatzfrage wird von Frau
GRin Dr Pilz gestellt. - Bitte.
GRin Dr Sigrid Pilz
(Grüner Klub im Rathaus): Frau
Stadträtin!
Es handelt sich um kein Missverständnis. Denn Sie
haben ja ausgeführt, dass eine Beschränkung nur im Rahmen des UBG stattfinden
kann, und wir wissen, dass die Formen der Beschränkung, die insbesondere im
Otto-Wagner-Spital, aber auch in den anderen psychiatrischen Abteilungen die
üblichen sind, vorrangig das Netzbett und die Fixierung sind.
Zur Einzelraumbeschränkung, von der hier die Rede
war, auch im Rahmen des UBG: Da sind sich die Fachleute, insbesondere die
Sachverständigen, die bei uns schon geladen waren, beziehungsweise das
Vertretungsnetz derjenigen, die das UBG als Patientenanwälte beobachten und mit
begleiten, einig, dass das zutrifft, was Dr David gesagt hat. Er hat es
ein bisschen flapsig gesagt: Da sperrt man die Tür zu, die Schwester spielt
Karten mit den Patienten und Patientinnen, geht denn hinaus und lässt sie auch
schon einmal, wenn er den Eindruck hat, sie sind stabil, für einige Zeit – zehn
Minuten, hat er da gemeint - allein.
Fachleute sagen mir, dass diese Art von
Einzelunterbringung in versperrten Zimmern unter den Bedingungen des
Otto-Wagner-Spitals hoch riskant sind. Denn es ist zu befürchten, dass Menschen
klaustrophobische Folgen erleiden, wenn sie in einem Raum eingesperrt sind.
Moderne Einzelunterbringung in geschlossenen Bereichen hat immer mehrere Räume,
einen Aufenthaltsraum, WC und Waschanlagen, natürlich auch Fenster, die sicher
sind.
Jetzt frage ich Sie, Frau Stadträtin: Unter den
baulichen Gegebenheiten - und hier spricht Primar David von mehreren
Regionalabteilungen, in denen das der Fall wäre -, unter den baulichen
Gegebenheiten von Fenstern, die hinsichtlich des Suizidrisikos nicht sicher
sind, können Sie es vertreten, dass man Einzelunterbringung in geschlossenen
Zimmern verantworten kann?
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Bitte, Frau Stadträtin.
Amtsf StRin Mag Sonja Wehsely: Wenn Sie mir erlauben, möchte ich zunächst noch
einmal darauf hinweisen, was Ihre ursprüngliche Frage war, nämlich die
Infragestellung, ob die offene Psychiatrie in dieser Stadt auch durchgeführt
wird. Ich wiederhole noch einmal, dass, gäbe es die offene Psychiatrie nicht,
diese Frage gar nicht zu stellen wäre, weil wir dann diese Maßnahmen nicht
bräuchten.
Tatsache ist - und das ist, wie gesagt, nichts Neues
-, der KAV teilt mir mit, dass das bereits in einem Amtshilfeersuchen dargelegt
wurde, dass es eine sehr seltene Form der Anwendung der Beschränkung ist, nur
für kurze Zeit, unter den sonstigen gesetzlichen Voraussetzungen und
Beschränkungen der Bewegungsfreiheit gemäß dem Unterbringungsgesetz, das ja
bekanntlich von den Gerichten zu kontrollieren ist. (GRin Dr Sigrid Pilz: Und die Sicherheitsfrage?)
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Die 2. Zusatzfrage wird gestellt von Frau
GRin Korosec. - Bitte.
GRin Ingrid Korosec (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Sehr
geehrte Frau Stadträtin!
Im Zusammenhang mit der Untersuchungskommission haben
wir natürlich über offene und geschlossene Abteilungen viel mit Fachleuten
diskutiert. Ich erwähne hier Herrn Doz Schöny vom Wagner-Jauregg-Spital,
der Folgendes gemeint hat: Ein geschlossener Bereich ist durchaus auch möglich,
aber unter ganz bestimmten Voraussetzungen, eben wirklich die räumliche Ausstattung,
geschlechtlich getrennt, es muss die Rückzugsmöglichkeit geben, WC, Bad und so
weiter müssen vorhanden sein. Er spricht auch davon, dass man, wenn die
Architektur nicht so neu ist, durchaus investieren kann und auch sollte.
Frau Prof Hummer von der Universitätsklinik Innsbruck
hat gemeint, die Raumeinrichtung muss freundlich und hell sein, es muss einen
Zugang zum Garten geben.
Jetzt frage ich Sie, Frau Stadträtin: Wurde das
jemals schon im KAV diskutiert, dass man solche Möglichkeiten schafft, um diese
Rückzugsmöglichkeit zu bieten und in der Psychiatrie eine Situation für die
Menschen zu schaffen, die auch erträglich ist?
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Bitte, Frau Stadträtin.
Amtsf StRin Mag Sonja Wehsely: Ihre Frage suggeriert, es wäre jetzt eine Situation
gegeben, die für die Menschen nicht erträglich ist, was ich auf das Schärfste
zurückweisen möchte.
Es gab natürlich in Wien die Situation der
geschlossenen Abteilungen, und zwar vor der Psychiatriereform. Der Konsens der
Psychiaterinnen und Psychiater in dieser Stadt ist das Bekenntnis zur offenen
Psychiatrie. Das ist eine Sachdiskussion, die hier eindeutig beantwortet ist
und wo es keine Stimmen gibt, die in die Richtung gehen, wieder vor 1980
zurückzugehen.
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Die 3. Zusatzfrage wird gestellt von Frau
GRin Floigl. - Bitte.
GRin Veronika Floigl (Sozialdemokratische
Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates): Sehr
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