Gemeinderat,
42. Sitzung vom 19.12.2008, Wörtliches Protokoll - Seite 45 von 115
Bereichen auch haben. Sie haben sie arbeitscheue
Provokanten genannt, aber man könnte umgekehrt sagen, die Freiheitlichen sind
Berufsdemonstranten, die mit fetten Gehältern nach Köln fahren und sich dort
eine Bootsfahrt geben. Das können sich die Menschen, die im 15. Bezirk in
diesem Projekt wohnen, natürlich nicht leisten, aber wenn man, wie wir alle
hier herinnen, über 6 000 brutto verdient, dann geht sich das aus, dass
man da rauffährt, ein bissel im Boot fährt und zurückkommt und schimpft. Das
ist eine Berufsdemonstriererei von Seiten der FPÖ, die ich ablehne. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Wenn ich mir die Diskussion über die Erhöhungen
anschaue, dann fällt hier eines auf: Die SPÖ hat immer dann recht, wenn sie
über die ÖVP spricht, und die ÖVP hat immer dann recht, wenn sie über die SPÖ
spricht. Aber was heißt das jetzt? Wem nutzt das etwas? Ist das jetzt eine
Einheitspartei? Wenn man das hintereinander im Fernsehen abspielen würde, wenn
das hintereinander jemand anschauen könnte, einen kleinen Bericht aus dem
Landtag in Niederösterreich und einen kleinen Bericht von da, dann würden die
Leute zu Hause lachen.
Denn im Niederösterreichischen Landtag sagt der
SPÖ-Klubobmann, der Herr Helmut Cerwenka, zu den Gaspreiserhöhungen: Das geht
alles nicht, das ist alles ein Wahnsinn. Die angekündigte Rücknahme für Januar,
das ist viel zu spät, wir brauchen einen Gaspreisbonus für arme Familien und,
und, und. Und er regt sich furchtbar auf. Das Ganze läuft unter
„Raubrittertum" und 28 Prozent Erhöhung.
Die ÖVP geht dort raus und sagt: Das ist unseriöse
Politik! Wenn sich der Herr Pröll – das ist ein Rekordsager; der Herr
Landesgeschäftsführer Gerald Karner traut sich das zu sagen, nachdem es
28 Prozent Preiserhöhung gegeben hat –, wenn sich der Herr Pröll nicht
eingesetzt hätte – er redet vom Landeshauptmann –, wäre es noch viel schlimmer
gekommen. (Lebhafte Heiterkeit bei den GRÜNEN.) Genau so würden die
Leute reagieren, wenn sie das im Fernsehen hören würden. Genau so! Die würden
dort sitzen und uns auslachen. Serienweise würden sie Politikerinnen und
Politiker der ÖVP auslachen, aber genau das Gleiche ist mit der
Mehrheitsfraktion, mit der SPÖ in diesem Haus. Das ist ja nicht zum Aushalten.
Es ist doch nicht zum Aushalten, wie einer dem
anderen vorrechnet, wer es verkehrt gemacht hat, wenn sie beide das Gleiche
tun. Wieso schütteln sie einander nicht die Hände und sagen: Super! Der hat
sich wirklich getraut! Der reißt ihnen 28 Prozent heraus. Das haben wir uns
nicht getraut, da haben wir einen Fehler gemacht! (Heiterkeit bei den GRÜNEN.)
Das wäre doch auch eine Herangehensweise. Nächstes Jahr machen wir das auch!
Wieso nicht dazu stehen und gratulieren und sagen: Unglaublich! Der Pröll
schafft es, nimmt ihnen mehr weg als wir in Wien und nennt sich noch der
Retter, denn es wäre sonst noch viel schlimmer gekommen. Wären es dann
50 Prozent Gaspreiserhöhung gewesen? Ich weiß es nicht. Also sagenhaft,
wie das hier abgeht. Fast nicht zu glauben.
Zu den Mietpreiserhöhungen. Anhand dieses Beispiels
möchte ich kurz klären, wann denn Erhöhungen gehen, sein müssen, nicht anders
möglich sind, wann sie nicht gehen, und wie unlauter das ist. Könnte man das
wiederum im Zeitraffer abspielen, würden die Leute auch ein paar Mal umfallen.
Am 11. März verlangen die Grünen Wien, also ich mit einer
Aussendung: Mieten im Gemeindebau einfrieren! Lange Erklärung natürlich – das
haben wir damals schon gewusst –: Die Inflation wird angeheizt, die Leute haben
kein Geld, die Armutszahlen steigen, und das hat sich leider verschlechtert bis
Ende des Jahres. Keine Stunde später kommt die Antwort der SPÖ: Also im
Gemeindebau geht das überhaupt nicht, denn im Gemeindebau ist alles leiwand,
ist alles super. Was soll das sein? Wieso keine Preiserhöhungen dort? Außerdem
ist eh alles moderat. Also wir müssen unbedingt die Preise erhöhen, und der
Herr Ellensohn verwechselt da irgendwas. Das war der 11. März.
Am 17. März haben wir ein größeres Paket
gefordert; wieder war der Gemeindebau dabei.
Im Sommer: Achtung! Mittlerweile sind
Nationalratswahlen ausgerufen. Oje, alles ist anders! Der Herr Bgm Häupl
sagt: Wir dürfen im Gemeindebau die Mieten nicht erhöhen. Das ist genau das,
was wir gesagt haben, mit der exakt gleichen Begründung: Die Leute haben kein
Geld, die Inflation ist zu hoch, wir müssen den Leuten helfen! Genau mit der
Begründung.
Jetzt fragt man sich natürlich: Ist das ein
Wahlkampfschmäh? Genau das sagen wir. In einer Aussendung der Grünen heißt es: Entschuldigung bitte,
aber tut die Leute nicht – wie heißt das Wort, ohne dass ich einen Ordnungsruf
kriege, weiß ich nicht (GR Dipl-Ing
Martin Margulies: Pflanzen!) – nicht pflanzen und sagt ihnen, warum das so
ist, nämlich weil eine Wahl kommen wird und die SPÖ gerne hätte, dass sie dort
nicht im zweistelligen Bereich verliert in Prozenten, sondern nur im
einstelligen, was ihr geglückt ist. Also gut: Wahlkampfschmäh. Antwort von
Klubobmann Oxonitsch: Das ist kein Wahlkampfschmäh, sondern das ist ganz
ehrlich gemeint. – Auch wieder eine ganze Seite zum Nachlesen.
Im August kommen die GRÜNEN und sagen: Okay, wenn das ernst gemeint ist und wenn es
nicht um die Wahl geht, dann frieren wir doch die Mieten im Gemeindebau 2009
ein und machen keine einzige Erhöhung. Da ist dann nicht gekommen, das geht gar
nicht, denn das wäre blöd gewesen. Ein paar Wochen vor der Wahl sagt man das
nicht, sondern das lässt man einmal so stehen und sagt: Das ist jetzt blöd,
hoffentlich kriegen es nicht alle mit, was die SPÖ aufführt.
Wir fordern das dann noch einmal
am 3. September, und am 4. September wird abgestimmt in diesem Haus über einen
Antrag, der heißt: Mieten nicht nur ein paar Monate einfrieren – nämlich am
liebsten hätten Sie sie ja eingefroren, glaube ich, bis zum 28. September,
die Leute wählen lassen und am Tag danach wieder erhöhen; das ist natürlich
nicht ganz gegangen –, also Antrag da herinnen in dem Haus: Keine Erhöhung. Wer
stimmt mit? Die ÖVP stimmt mit, die FPÖ stimmt mit, die
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