Gemeinderat,
42. Sitzung vom 19.12.2008, Wörtliches Protokoll - Seite 53 von 115
Jugendlichen betrifft, die 0- bis 19-Jährigen, von der Begutachtungsprozedur 1 064 betroffen. 1 064 Mal warten, eingeben, hingehen, begutachten lassen und hoffen, dass man eine Pflegestufe zuerkannt bekommt, die einem hilft, die Schwierigkeiten zu tragen und den erhöhten Aufwand hier auch finanziell abgedeckt zu erhalten.
Der Rechnungshof sagt zu Recht, drei Monate ist das
Äußerste, was man an Wartezeit zumuten kann, drei Monate ist gute Verwaltung.
In Wien liegen ein Viertel der Erledigungen über sechs Monate, also mehr als
das Doppelte. Und so sagt der Rechnungshof, eine Säumnisklage wäre
gerechtfertigt. Es steht leider nicht in Ihrem Bericht, wie viele das
tatsächlich tun. Ich befürchte, wenige Menschen machen Säumnisklagen, weil sie
dazu eh schon nicht mehr im Stande sind oder weil sie möglicherweise auch
entmutigt sind, sich gegen diese Bürokratie zu wehren.
Herr Präsident, das steht nicht in Ihrem Bericht,
weil Sie das da nicht thematisiert haben, aber ich möchte es in dem Fall
anfügen: Diese Behandlung von betreuungsbedürftigen Kindern und Jugendlichen
hinsichtlich ihrer Pflegegeldeinstufung hat ihre Entsprechung in der Wiener
Gebarung, was die Zuerkennung von Therapien und Hilfe betrifft, wenn es darum
geht - und das ist bei vielen Kindern und Jugendlichen Ihrer Zielgruppe der
Fall -, dass man zusätzliche therapeutische Leistungen braucht, eine
Erziehungshilfeberatung, eine Therapie für Ergotherapie oder Logopädie oder was
immer es an Therapien gibt oder - und das war in der Untersuchungskommission zu
den Missständen in der Psychiatrie ein besonderes augenfälliges Beispiel –
Kinder, die autistisch sind oder wo es einen Verdacht gibt, dass sie von
Autismus betroffen sind, vielleicht stellt das der Hausarzt fest. Die müssen -
und da kann man sich vorstellen, wie es den Eltern geht, wenn jetzt so eine
Diagnose im Raum steht – ein Jahr nicht etwa auf die Behandlung, Herr
Präsident, sondern ein Jahr auf das Erstgespräch in der zuständigen
Spezialambulanz warten! Und dann dauert es ein weiteres Jahr, bis man überhaupt
etwas Therapieähnliches bekommt! So hat es Prof Dr Popov in der Untersuchungskommission
ausgeführt. Er kommt von der Uni-Klinik und hat seine Erfahrungen. Also da gibt
es dann Familien, die ein Kind mit Pflegebedarf haben. Sie müssen sich darum
bemühen und kämpfen, dass man ihnen das Geld gibt, das ihnen zusteht und dann
haben sie Wartezeiten, die unerträglich sind.
Und das zweite Beispiel, das unerträglich war und das
Dr Popov geschildert hat, sind schulphobische Kinder. Diese Kinder können
- und das sagt die Krankheit schon aus - nicht oder nur unter großen Schwierigkeiten
in die Schule gehen. Das ist eine behandelbare Krankheit. Dafür gibt es
Einrichtungen und die Therapieerfolge sind gut. Allein, man wartet neun Monate
bis ein Jahr auf einen Platz! In dieser Zeit sitzen die Kinder zu Hause, weil
sie eben nicht in die Schule gehen können, lernen nichts und therapiert werden
sie auch nicht.
Also das passt zum Bild, das hier hinsichtlich der
Zuerkennung der Pflegestufen und der Einstufung gezeichnet wird. Kinder in
Wien, die bedürftig sind, medizinisch und pflegerisch, sind krass unterversorgt
und das Schlimme an der Reaktion der SPÖ, zumindest in der
Untersuchungskommission, ist, sie hat kein Problem, sie sieht keine Missstände,
alles ist bestens und die Eltern und die Kinder bleiben außen vor. Jene
Familien, die es sich leisten können, diese Mängel durch Zuzahlung oder durch
private Therapieangebote zu kompensieren, können noch irgendwie zurecht kommen.
Es trifft wieder und immer stärker die sozial Schwachen, denen halt dieser
Zugang fehlt.
Aber das, was bei den Kindern augenfällig ein
Versäumnis ist, dass sie dort leben und auf eine schwierige und schlechte
Schiene stellt, das zeigt sich dann dort auch bei den Erwachsenen, was die
Pflegeeinstufung betrifft und die Verfahrensdauer, genauso negativ, denn auch
bei den Erwachsenen mahlen die Mühlen der Wiener Bürokratie langsam. Man hat
nicht einmal genaue Zahlen und das ist ja wohl der Gipfel! Wenn man lange
warten lässt und dann nicht zugibt, dass man lange warten lässt, dann muss man
gar nichts zugeben. Die EDV des Magistrats, so hält der Rechnungshofbericht
fest, kann die Verfahrensdauer nicht ermitteln. Dazu ist sie schlicht und
einfach nicht aufgestellt. Wer so arbeitet, kann immer behaupten, wir haben die
beste aller Verwaltungen in Wien, weil wir gar nicht hinschauen und uns gar
nicht mit unseren eigenen Mängeln Auge in Auge belasten, das muten wir bloß zu.
„Wegen fehlender Daten“, sagt der Rechnungshof lapidar, „können wir nur
Näherungswerte bekannt geben.“ Und es ist interessant, man schaut in die leeren
Ränge der SPÖ - es interessiert niemanden, es interessiert nicht die
Stadträtin, es ist etwas, was die SPÖ einfach hinnimmt.
Die MA 15 liegt hinsichtlich ihrer
Verfahrensdauer im Vergleich im Konzert mit den anderen Institutionen ganz,
ganz schlecht. Wie sagt Frau StRin Wehsely immer? „Wir sind gut, wir können
noch besser werden.“ Ich kann Ihnen nur sagen: Wir sind schlecht und wir
sollten uns schämen, denn im Vergleich zum Bundespensionsamt dauert es um
41 Prozent länger und in Bezug auf die gewerbliche Wirtschaft dauert die
Einstufung, die Begutachtung doppelt so lange! Nach drei Monaten sind bei der
MA 15, so sagt der Rechnungshof, 72 Prozent der Verfahren noch offen.
So sind wir aufgestellt und wir wissen auch, warum es so lange dauert, denn die
ärztliche Begutachtung sorgt für zwei Drittel der Verzögerungen. Wir leisten
uns ein ineffizientes System. Wir leisten uns ein unorganisiertes System und es
ist so, dass die Akten mehrere Monate lang unbearbeitet herumliegen, bis
überhaupt ein Gutachten erstellt wird. Die Gemeinde Wien hat sich hier in ihrer
Antwort auch als resistent gezeigt. Sie will keine Festlegungen machen, die die
Zahl der durchzuführenden Gutachten bestimmt und hier gäbe es dazu auch
Personaleinsatzplanung. Weit gefehlt, das möchte man nicht machen, man versteht
nicht. warum.
Die Wartezeiten, die dadurch
entstehen, sind unmenschlich, ich habe es schon betont. Es bekommt einen
zynischen Beigeschmack, dass es die Gemeinde Wien schlicht aussitzen kann, denn
bei Menschen, die
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