Gemeinderat,
42. Sitzung vom 19.12.2008, Wörtliches Protokoll - Seite 69 von 115
Geschäftsleute, um ihre Zukunft bangen müssen, wenn es darum geht, dass hier die Karlsplatzpassage umgebaut werden soll, wenn es darum geht, dass hier ein Kunstprojekt, eine Kunstpassage errichtet werden soll, und viele Gewerbetreibende dort nicht wissen, wie es weitergehen soll mit ihrer Zukunft und nun vor allem nicht klar ist, ob es Pläne gibt, wie die Passage in diesem Projekt umgebaut werden soll, und ob es auch alternative Standorte für die Gewerbetreibenden geben wird.
Seit 30 Jahren ist diese Passage im Zentrum von
Wien mittlerweile vorhanden. Der Karlsplatz ist ein über Jahrhunderte
gewachsener Verkehrsknotenpunkt, der Resselpark, den Park um die Karlskirche,
das Wien Museum, den Musikverein, das Künstlerhaus, mittlerweile auch die
Vienna Business School, die TU, die Opernpassage im Zentrum, Stadtbahnpavillons
und viele andere Zentren verbindet. Diese liegen alle um diese Passage herum.
Natürlich hat diese Passage eine Funktion als Verkehrsknotenpunkt. Aber auch
sehr viele Geschäfte, Lokale liegen in der Passage oder rundherum, also auch
ein Einkaufs- und Konsumationsort. Ebenso dient der Karlsplatz als Erholungs-
und Aufenthaltsort, vor allem für Kinder, aber auch für ältere Leute.
Aber wie wir schon öfters festgestellt haben, vor
allem bei den letzteren Sitzungen, ist der Karlsplatz, vor allem die
Karlsplatzpassage, ein Umschlagplatz für illegale Drogen, und das schon seit
Ende der 70er Jahre, also eigentlich schon seit dem Bestand der
Karlsplatzpassage, seit dem Bau dieser Opernpassage. Es werden
verschreibungspflichtige Medikamente gedealt. Immer wieder werden wahllos vorbeigehende,
unbeteiligte Passanten angesprochen. Vor allem der intravenöse Konsum ist auch
vorhanden, in Telefonzellen regelmäßig stark und unübersehbar, auch vor
Schulgebäuden, also vor Kindern.
Ich weise hier auf eine Aussage vom Herrn
Bürgermeister hin, die vor einem Jahr getroffen wurde. Ich darf zitieren:
„Unser Ziel ist es, die Passage Karlsplatz schöner, sauberer und
kundenfreundlicher zu machen. In einem ersten Schritt nützen wir die Passage im
Bereich der Ladenstraße in Zukunft als Projektionsfläche für unsere vielfältige
Wiener Kulturlandschaft, die sich nicht zuletzt im Einzugsbereich des
Karlsplatzes manifestiert. Damit entsteht die so genannte Kunstpassage
Karlsplatz. In einem zweiten Schritt wird der gesamte Bereich der Karlsplatz-
und Opernpassage unter Einbeziehung aller Beteiligten in den nächsten Jahren
einer völligen Neugestaltung unterzogen. Damit wollen wir einen Mehrwert für
die PassantInnen, für Wiens Gäste und für Geschäftsleute schaffen und den
Karlsplatz im Wiener Stadtbild und im Bewusstsein der WienerInnen völlig neu
positionieren."
Das klingt eigentlich ganz gut. Diese Ankündigung
wäre unterstützenswert. Vor allem ich als Anrainer kann sagen, dass dort
wirklich ein Bedarf an Anrainererneuerung ist. Diese Worte, diese Ankündigung
wollen wir als Maßstab für die Taten nehmen, die Sie in Zukunft setzen werden,
Herr Bürgermeister! Nur, es ist wie so oft bei vielen Ankündigungen, die
Botschaft hören wir wohl, allein fehlt uns der Glaube.
Wir kennen die offene Szene am Karlsplatz seit
mindestens 20 Jahren sehr gut. Schon kurz vor der EM wurde groß
angekündigt, die Szene soll verdrängt werden. Das Ganze hat zwei, drei Wochen
gedauert. Verstärkter Polizeieinsatz, Aktionen. Im Endeffekt war Anfang Juli
das Problem wieder evident, die Passanten wurden belästigt und das Bild war
leider ein sehr trauriges. Deswegen hoffe ich, dass Sie vielleicht diese
Ankündigung in Zukunft doch einlösen werden.
Auf jeden Fall wird dieses Problem seit Jahrzehnten
seitens der politischen Verantwortlichen heruntergespielt. 5 000 Anzeigen
hat es allein schon heuer gegeben. 100 davon gegen diese 200 bis 300
Substitol-Szene-Mitglieder. Es gab einen sehr guten Bericht vom Team Focus im
Zeitraum Jänner bis Juni 2005, wo auch erwähnt wurde, dass natürlich zur Szene
nicht nur Drogensüchtige, sondern auch Obdachlose, Ausländer, die meist als
Bettler tätig sind, gehören. Es geht von dieser Szene auch eine reale Gefahr
aus, wenn man die Berichte aus den Zeitungen nimmt, wo die Polizei ganz klar
sagt, die Szene am Karlsplatz ist gewaltbereit. (Bgm Dr Michael Häupl. Das glaube ich nicht!) Das sieht die
Gemeinde Wien vielleicht anders, aber die Polizei sieht das tagtäglich, dass
die Aggression gegenüber Beamten gestiegen ist, wie der „Presse" vom
13.10.2008 zu entnehmen ist. Auch der dienstführende Beamte Erwin Starkl hat
bestätigt, dass die Drogensüchtigen ganze Waffenarsenale mit sich tragen und
bereit sind, diese einzusetzen: Gasrevolver, Totschläger, Schlagringe, Messer,
Elektroschocker und so weiter.
Der Herr Drogenkoordinator Dressel hat gemeint, er
hat das Problem vollkommen im Griff und sagt, die Polizei hat wahrscheinlich
eine gewisse Frustration bei so vielen Überstunden. Ich glaube aber, dass die
Gemeinde überhaupt keine Ahnung hat, was sich am Karlsplatz eigentlich
abspielt. Vielleicht können Sie, werter Herr Bürgermeister, in Ihrer
Beantwortung auch kurz auf die Frage eingehen, wann Sie das letzte Mal
persönlich, privat, unangekündigt durch die Passage gegangen sind (Bgm Dr Michael Häupl: Vor drei Tagen!) und
was Sie dort wahrgenommen haben. (Bgm Dr Michael Häupl: Ich war schon sehr
oft dort!) - Das glaube ich Ihnen. Sie sind ein paar Tage älter als ich,
das ist überhaupt keine Frage. (Bgm Dr Michael Häupl: Eben!) Nein, keine
Frage.
Auf jeden Fall geht eine reale Gefahr für die
Gewerbetreibenden aus. Es geht eine reale Gefahr für die Schüler aus, die
tagtäglich dort durchgehen müssen, und auch eine reale Gefahr für die
Kindergartengruppen, die auf den Karlsplatz müssen.
Vor einem Jahr hat Frau VBgmin
Brauner gesagt: „Unser Hauptaugenmerk liegt darauf, dass sich dort alle
PassantInnen mit einem freundlichen Ambiente sicher und wohl fühlen können. Mit
dem Projekt Kunstpassage Karlsplatz wird aus der Nahverkehrsdrehscheibe
gleichzeitig eine Kunst- und Kulturdrehscheibe mitten in der Stadt." - Es
hat im Laufe dieser Ankündigungen ein Architekturwettbewerb begonnen, es soll
eine helle und freundliche Flanierpassage werden. Die Wiener Opern-
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