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Gemeinderat, 42. Sitzung vom 19.12.2008, Wörtliches Protokoll  -  Seite 83 von 115

 

Drogenbereich nach. Ändern Sie sie! Ich glaube, wir Freiheitlichen haben Ihnen heute aufgezeigt, woran es in Wien hapert und wie die Probleme liegen. Glauben Sie mir: Es ist besser, sie greifen uns nicht immer mit Tiefschlägen an, sondern beherzigen in Zukunft unsere Vorschläge.

 

Vorsitzende GRin Inge Zankl: Herr GR Dr Ulm. – Bitte

 

GR Dr Wolfgang Ulm (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Meine sehr verehrten Damen und Herren!

 

Bislang war das eine sehr intensive Debatte, zum Teil sogar mit humoristischen Aspekten. Jetzt ist es aber doch wieder sehr ernst geworden.

 

Im Kern hat mein Vorredner, Herr GR Lasar, mit seiner Kritik ganz recht: Wir haben ein Problem auf dem Karlsplatz. Keiner in diesem Raum, welcher Fraktion er auch angehört, kann sagen, dass der Karlsplatz in irgendeiner Weise ein Aushängeschild für diese Stadt wäre. Alle Personengruppen, die dort aufhältig sind, haben Probleme, und wir schaffen die Lösung des Problems nicht, und zwar für niemanden, weder für die Tausenden Passanten, die dort täglich vorbeigehen müssen, noch für die Drogensüchtigen, die Alkoholkranken, die Bettler oder die Obdachlosen.

 

Es ist dies dort ein Ort, an dem es Ängste und Unwohlbefinden gibt, ein Ort, den man eigentlich meiden will, der aber nicht vermeidbar ist, weil viele Personen aus den unterschiedlichsten Gründen dorthin müssen: Der Drogensüchtige ist dort nicht gern drogensüchtig, der Obdachlose ist dort nicht gern obdachlos, der Bettler bettelt nicht für sein Leben gern, und auch der Alkoholkranke wäre gerne gesund. Und selbstverständlich gibt es auch Passanten, die beeinträchtigt werden.

 

Sehr verehrte Damen und Herren von der Sozialdemokratie! Sie sind die Mehrheitsfraktion. Sie haben die Verantwortung dafür, dass diese Probleme gelöst werden! Selbstverständlich gibt es keine Patentlösung, selbstverständlich haben auch andere Städte mit diesem Problem zu kämpfen. Aber die Sozialdemokratie ist ja immer so stolz darauf, sich großen Herausforderungen gewachsen zu sehen!

 

Der Herr Bürgermeister ist mittlerweile schon gegangen, trotzdem stelle ich jetzt die Frage in den Raum: Warum macht er das Problem nicht zur Chefsache? Es ist ja nicht so, dass man dieses Problem überhaupt nicht lösen könnte! Dieses Problem ist ja kein Naturgesetz, angesichts dessen der Politik die Hände gebunden sind! Selbstverständlich muss man an allen Rädchen drehen. Es gibt keine Patentlösung. Man braucht einen gesundheitspolitischen Ansatz, man braucht einen sicherheitspolitischen Ansatz, und man braucht aber auch einen kommunalpolitischen Ansatz

 

Vorher hat es eine intensive Debatte über die Anzahl der Anzeigen auf dem Karlsplatz gegeben. Ich meine, das ist eine fast virtuelle Debatte, denn wir alle wissen, dass dort etwas nicht in Ordnung ist, ganz egal, ob es jetzt ein paar Anzeigen mehr oder weniger gibt. Wir wollen eine schöne, saubere Stadt und sichere Stadt, und wir gehen davon aus, dass das auch die SPÖ und der Bürgermeister wollen. Ich meine allerdings, dass Sie sich am Erfolg messen lassen sollten! Vertröstet wurden wir jetzt wirklich schon sehr lang. Nun würden wir gerne einen nachhaltigen Erfolg bei diesem Problem sehen, denn sonst debattieren wir in Jahrzehnten noch immer darüber und haben keine Problemlösung für irgendeine Personengruppe erreicht. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Ich bin alles andere als ein Mediator zwischen FPÖ und SPÖ. Wenn aber jeder so sehr davon überzeugt ist, dass die Zahl von 5 000 Anzeigen, die er nennt, richtigen ist, dann möchte ich sagen: Ich hätte sogar eine Erklärung dafür, dass jeder gewissermaßen recht hat. Wenn man die Strafanzeigen ebenso wie die Verwaltungsstraftatbestände berücksichtigt, kommt man vielleicht auf 5 000. Natürlich ist die Zahl der Strafanzeigen viel geringer, und die Zahl der Verurteilungen ist noch weniger, es gibt aber auch viele Anzeigen wegen Anstandsverletzung und Lärmerregungen. Von Letzteren haben wir in Wien im Jahr knapp an die 5 000. Könnte ja sein, dass einige Anstandsverletzungen darin enthalten sind!

 

Wir von der ÖVP haben mehrfach versucht, Generalkonzepte zu liefern, um das Karlsplatzproblem in den Griff zu bekommen. Ich glaube, dass gesundheitspolitisch noch sehr viel mehr drin wäre. Meine Vorrednerin Karin Praniess-Kastner hat darauf hingewiesen. Ich glaube, dass die Polizei dort sehr viel tut. Jedenfalls kommt mir aber der kommunalpolitische Aspekt zu kurz, und zwar umso mehr, als wir auf diesen unmittelbar Einfluss haben. Ich meine, wir könnten kommunalpolitisch dort eigentlich mit ganz einfachen Mitteln sehr viel zum Besseren wenden.

 

Das beginnt mit ganz einfachen Maßnahmen, damit man sich dort wohler fühlt. Ich nenne in diesem Zusammenhang etwa die Reinhaltung dieser Passage. Es geht dabei darum, dass man dort keine Graffiti und Schmierereien duldet, dass der Boden sauber ist, dass die Schaufenster der Wiener Linien nicht eingeschlagen, verdreckt und unbeleuchtet sind oder überhaupt keinen Inhalt enthalten.

 

Ich meine, es müsste zum Beispiel einmal ein einfaches Reinigungskonzept erstellt werden. Ich verweise jetzt noch einmal auf die Studie der Universität Groningen: Es ist wissenschaftlich nachgewiesen, dass an Orten, wo Verschmutzung herrscht, die Wahrscheinlichkeit der Begehung strafbarer Handlungen viel größer ist als in ordentlich aufgeräumten Gebieten. Überall dort, wo man den Eindruck hat, dass die soziale Kontrolle abhanden gekommen ist, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass gerichtlich strafbare oder verwaltungsrechtlich strafbare Taten begangen werden.

 

Ich nenne Ihnen gerne noch einmal die Fallstudie der Universität Groningen mit dem angeschmierten Postkasten: Man hat in den Briefschlitz von Postkästen einen Brief, aus dem eine Fünf-Euro-Note herausschaut, geklemmt. In einem Fall war der Postkasten mit Graffiti beschmiert, und einmal war der Postkasten pikobello und pipifein. Und es war signifikant, dass Passanten doppelt so oft zu einem Diebstahl verlockt wurden und die

 

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