Gemeinderat,
43. Sitzung vom 29.01.2009, Wörtliches Protokoll - Seite 50 von 70
Sie aber sind stur geblieben, sind dann zufällig, wie
sie erzählt haben, auf einer Messe auf das Passivhaus gestoßen, wurden zum
Architekten verwiesen und 2005 haben sie das Passivhaus in Auftrag gegeben. Wir
haben deswegen ein Kleingartenhaus gewählt, weil das besonders schwierig zu
bauen ist. Für Techniker unter Ihnen: Infolge des
Oberflächen-Volums-Verhältnisses ist es besonders schwierig. Diese Familie lebt
jetzt wunderbar, nahezu ohne Heizkosten zu zahlen, ohne Gas, ohne Öl, mit
marginalem Stromverbrauch, also es geht.
Wir haben jetzt in Wien eine Technologie, auch Dank
der Wiener Stadtregierung, ich will da jetzt nicht missverstanden werden, auch
Dank der Wiener Stadtregierung, wo wir auch ein bisschen beteiligt waren an
dieser Entwicklung, es war eine gute Zusammenarbeit, die eine Technologie
entwickelt hat und reif gemacht hat und die jetzt eigentlich klar wäre, um zu
sagen: Go, das wird der Regelfall.
Denn jedes Haus, das man heute im Wohnbau neu baut,
wird einmal 20 Jahre nicht angerührt. Sinnvollerweise wird man das
20 Jahre nicht sanieren. Warum wählen wir nicht eine Technologie als
Regelfall, sehr geehrter Herr Landeshauptmann, die sich bewährt hat, die
funktioniert, und wo wir uns international unglaublich in den Vordergrund
stellen können, indem wir die Energie da oben, die planerische Energie in der
Birne einsetzen, und nicht mehr Gas und Öl einführen, und nicht, dass es zum
Regelfall wird, was so was Wienerisches ist, dieses „des geht net, des brauch
ma nicht“, Beispiel 1.
Beispiel 2: Wenn ich meine persönliche Wohnsituation
als fast noch gravierenderen Fall schildern darf. Ich wohne bisher, wie es so
schön heißt, zu Zins im 6. Bezirk in einem Miethaus, das bis vor Kurzem
einem etwa insolventen Immobilienfonds gehört hat, der es weiterverkauft hat.
Das Haus ist ganz gut in Schuss, es wird dort mit Gas geheizt. Meine
bescheidenen technischen Kenntnisse sagen mir, dieses Haus zu sanieren, wie es
dutzendfach auch in Wien passiert, würde den Gasverbrauch dieses Hauses um
dreiviertel reduzieren. Der Hauseigentümer will nicht. Die rechtliche Situation
ist so, dass es derzeit auf Grund der gesetzlichen Rahmenbedingungen der Stadt
Wien, des Landes Wien, keine Handhabe gibt zu sagen, du hast ziemlich schlechte
energietechnische Werte, saniere, denn das wäre auch wirtschaftlich. Das gibt
es aber nicht. Hier könnte in der derzeitigen Wirtschaftskrise mit Hilfe der
Ordnungspolitik, durch Anreize, durch geschickte Regulierung, etwas in Gang
gesetzt werden.
Noch einmal, es geht ja nicht um mein Haus. Häuser
wie das meine, das eine glatte Fassade hat, gibt es gerade im 16. Bezirk,
im 17. Bezirk, im 10. Bezirk dutzendfach, und wie der Herr Stadtrat
gestern richtigerweise in einer Diskussion zur Bauordnung gesagt hat, sind
derzeit nur 15 Prozent des Miethausbestandes auf einen technisch modernen
Standard gebracht.
Das ist unverständlich. Wieso wird hier nicht aus
sozialen Gründen - die Leute müssen Heizkosten zahlen -, aus wirtschaftlichen
Gründen - wir exportieren Wertschöpfung nach Russland oder wo anders hin -,
etwas getan? Warum beschäftigen wir nicht unsere Bauwirtschaft und graben
sozusagen unter meinem Haus im 6. Bezirk und machen ein Gasfeld auf, das
dafür sorgt, dass meine Wohnung geheizt wird, indem es optimal saniert ist?
Hier fehlt eine Rahmenbedingung, und dahin geht der zweite Vorschlag.
Und jetzt kommt der dritte Vorschlag: Wir haben in
Wien - ich habe extra noch einmal mit der Fernwärme telefoniert - einen
Fernwärmeanteil von zirka 35 Prozent. Da ist auch viel weitergegangen, das
heißt aber auch, 65 Prozent rein rechnerisch nicht. Trotzdem wird in und
um Wien in sehr hohem Ausmaß aus bestehenden Kraftwerken in Wien, aber
insbesondere auch um Wien - Stichwort Kraftwerk Dürnrohr -, Abwärme in die
Donau geleitet, anstatt dass wir diese Abwärme nutzen und in die Häuser
bringen, um dort Gas zu ersetzen.
Es ist eine technische Tatsache, dass bei jedem
fossilen Kraftwerk maximal 45 Prozent der Energie in Strom umgesetzt wird,
das ist aber schon sehr hoch gegriffen, Dürnrohr liegt weit darunter, die
überwiegende Mehrheit der Kohle, die wir übrigens aus Polen importieren, geht
als Wärme in die Donau. Wir hätten also eine Strategie, wenn wir sie als Stadt
und Land ernst nähmen, die die signifikante Energiequelle Nummer 1 in Wien, das
ist Gas, ersetzen könnte.
Also erstens: Herunter mit dem Verbrauch im
Altbestand, zweitens, herunter auf null im Verbrauch im Neubau und drittens,
das, was an Bedarf überbleibt, mit jener Wärme versorgen, die wir derzeit in
die Donau leiten.
Noch einmal: In diese Richtung passiert manches, aber
angesichts dessen, dass ich sicher bin, dass entweder der Gaspreis in 2, 3, 4,
5, 6 Jahren genauso in die Höhe gehen wird wie der Ölverbrauch, dass die EU
immer abhängiger wird, speziell von Russland und dass die Nabucco-Pipeline
überhaupt keine Alternative vor allem aus politischer Sicht bringt, sollten wir
nicht darauf warten, sondern sollten es umsetzen. Und jetzt schaue ich wirklich
mit einer gewissen Sehnsucht in die USA.
Sie erinnern sich alle an die Auseinandersetzung
Regulierung der Autoindustrie. auf einmal gibt es einen gewählten Präsidenten,
der macht einfach ernst. Der schert sich nicht um das Gejammer der
Autoindustrie, sondern sagt einfach, Effizienzstandards müssen her. Die
amerikanische Autoindustrie ist natürlich jetzt nicht gerade in einer Position,
dass sie zurückschlagen kann, aber es zeigt, wenn man etwas wirklich möchte,
wenn einem etwas wirklich wichtig ist, dass das machbar ist.
Politik kann etwas verändern und unsere Dringliche
Anfrage über Politik, Energiepolitik, Wohnungspolitik, Kraftwerkspolitik, kann
etwas verändern, nämlich die Abhängigkeit, die vielen Wienerinnen und Wienern
erst jetzt zum Bewusstsein gekommen ist. Was ist, wenn es kalt bleibt, was ist,
wenn kein Gas mehr fließt?
Dass das keine schicksalhafte
Abhängigkeit ist, sondern dass der Herr Landeshauptmann über forcierte
Gesetzgebung, forcierte Investitionen, wo es gar nicht um so viel mehr Geld
geht, sicherstellen kann, dass das geändert wird, deswegen fragen wir sehr
präzise, und ich
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