Gemeinderat,
44. Sitzung vom 23.02.2009, Wörtliches Protokoll - Seite 20 von 96
der Last der Fakten dann doch das eine oder andere ändern. So geschehen in der Geriatrie, wo man Pflegeheime jetzt neu baut. So muss es geschehen in der Psychiatrie, wenn man die zügige Dezentralisierung, die seit 30 Jahren überfällig ist, endlich in die Tat umsetzt.
Wir mahnen
diese Reformen ein. Wir brauchen eine Psychiatriereform, wir brauchen State of
the Art für alle stationären und ambulanten Patienten und Patientinnen, und es
muss ein Ende haben mit der Vernebelung, Beschönigung und Verleugnungstaktik
der Rathausmehrheit. – Danke. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Vorsitzende
GRin Inge Zankl: Für die weiteren Wortmeldungen erinnere ich
daran, dass sich die Kolleginnen und Kollegen nur einmal zu Wort melden dürfen
und die Redezeit fünf Minuten beträgt.
Als nächster
Redner hat sich Herr GR Mag Ebinger gemeldet.
GR Mag Gerald Ebinger
(Klub der Wiener Freiheitlichen): Meine Damen und Herren! Frau
Vorsitzende!
Ich
tu mir immer ein bisschen schwer, wenn die Frau Kollegin Pilz spricht.
Einerseits kann ich manchen Teilen zustimmen, manche Teile sind aber von einer
so grundsätzlichen Ablehnung geprägt, da wird immer nur von Diffamierung
gesprochen. Außerdem weiß ich jetzt nicht ganz genau, wo die andere Klasse in
der Psychiatrie ist. Dass da Missstände bestehen, das ist klar, dass zu wenig
Fachärzte da sind, ist klar, dass zu wenig Pfleger da sind, ist klar. Das haben
wir auch immer gesagt, auch schon vor der Untersuchungskommission. Dass zum
Beispiel zu wenig Therapiestunden im Kinder- und Jugendbereich da sind, die von
der Krankenkasse bezahlt sind, dass es für zu wenig psychiatrische Fachärzte
Kassenverträge gibt, dass einkommensschwache Familien – das ist dann gelebte
Zwei-Klassen-Medizin – sich dann die Therapien nicht mehr leisten können und
das Krankheitsbild sich verschlechtert und die Zukunftsaussichten sinken, dass
im AKH die Belegzeiten in diesen Fällen von 2002 auf 2007 von 13 auf 27 Tage im
Schnitt gestiegen sind, weil es eben keine ausreichende Nachversorgung gibt –
das alles hat auch etwas mit Zwei-Klassen-Medizin zu tun.
Ich sehe bei
ihr das Schlagwort Zwei-Klassen-Psychiatrie nur heruntergebrochen von der
Zwei-Klassen-Medizin – in dem Fall sind die anderen Spitäler die guten und
dieses Spital nicht –, aber ernst nehmen sollte man dieses Schlagwort
Zwei-Klassen-Medizin,
sage ich jetzt, schon, denn sie ist in vielen Bereichen existent.
Ich würde
nicht sagen, dass grundsätzlich immer von Grund auf alles schlecht ist, aber es
gibt diese Bevorzugung. Es sollte bei Sonderklassepatienten einfach nur das
Service besser sein, aber nicht die ärztliche Versorgung, nicht die Wartezeiten
auf Operationen. Das sollte eigentlich nicht sein. Es ist auch historisch nicht
so gewesen, denn historisch durften die großen Ärzte wie Billroth ihre
Privatpatienten in den öffentlichen Spitälern mitbehandeln, damit sie dort auch
die armen, die normalen Menschen gratis behandeln.
Von gratis ist
keine Rede mehr, das ist schon alles Geschichte, aber Zwei-Klassen-Medizin – um
einen Überbegriff zu nennen – gibt es natürlich in vielen Bereichen, zum
Beispiel bei der Impfung. Da gibt es einen Impfplan aus dem Jahre 1998, der
sagt, alle Impfungen bis Ende der Schulpflicht sollten kostenlos sein, um eine
Zwei-Klassen-Medizin zu verhindern. Tatsächlich zahlen Eltern
1 600 EUR, bis das Kind die Schulpflicht hinter sich hat, weil nicht
alles kostenlos ist. Es gibt bei der HTV-Impfung eine Zwei-Klassen-Medizin, bei
Pneumokokken, beim Rotavirus war das so.
Es gibt
genauso diese Zwei-Klassen- Medizin bei Impfungen von alten Leuten, von
Mindestrentnern, die dann jährlich ungefähr 32 EUR für eine
Influenzaimpfung zahlen sollten, Pneumokokken-Impfung, FSME alle drei Jahre,
Polioimpfung, Gürtelrose 223 EUR, was alles nicht bezahlt wird.
Es gibt eine
Zwei-Klassen-Medizin auch – zumindest in den Köpfen der Menschen – bei den
Generika. Da hat man das Gefühl: Ich kriege jetzt das billige Generikum, weil
das Originalmedikament für mich zu teuer ist. Da muss man auch vorbeugen, dass
sich das nicht in den Köpfen festsetzt.
Beim
Patientenentschädigungsfonds gibt es eine ganz andere Art der
Zwei-Klassen-Medizin. Da gibt es unterschiedlich dotierte Töpfe in den
Bundesländern, wo unterschiedliche Beträge ausgezahlt werden. Das gehört auch
vereinheitlicht.
Es gibt eine
Zwei-Klassen-Medizin – wie auch schon der Gebietskrankenkassa-Chef Bittner sagt
– auch bei den immer teurer werdenden Therapien, bei teureren Medikamenten,
technische Geräte sind nicht mehr finanzierbar.
Und es gibt auch
noch eine ganz andere Art: Auf Grund der Region gibt es auch eine
Zwei-Klassen-Medizin. Wien ist Gott sei Dank hier die erste Klasse, weil wir
eine dichte Versorgung haben, aber in ländlichen Gebieten sind bei
Schlaganfall, Herzanfall, Herzinfarkt und Ähnlichem klarerweise die Chancen
nicht so gut wie in Wien, weil eben die Versorgung nicht so flächendeckend ist.
Es gibt
unserer Meinung nach schlussendlich eine Zwei-Klassen-Medizin, weil wir
22 Sozialversicherungen haben, wo jede jede Leistung anders abrechnet oder
den Pflichtigen andere Beträge oder andere Leistungen zugute kommen lässt.
Das Thema ist
jedenfalls ein ungeheuer wichtiges, und wir müssen gemeinsam alle Anstrengungen
unternehmen, um diese so genannte Zwei-Klassen-Medizin auch in ihren Teilbereichen
der Zwei-Klassen-Psychiatrie hintanzuhalten. Wir sehen aber generell in
Österreich doch einen permanenten Willen dazu, und gegen eine allgemeine
Verunglimpfung, also eine allgemeine Aburteilung, dass alles grundsätzlich
schlecht ist, haben wir uns immer gestellt. (Beifall bei der FPÖ.)
Vorsitzende
GRin Inge Zankl: Frau GRin
Korosec.
GRin Ingrid Korosec (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Frau
Vorsitzende! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Ich komme wieder zum aktuellen Thema zurück.
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