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Gemeinderat, 44. Sitzung vom 23.02.2009, Wörtliches Protokoll  -  Seite 24 von 96

 

Sehr geehrte Frau Stadträtin!

 

Was bei dieser Untersuchungskommission rausgekommen ist, zeigt eines ganz klar und deutlich: Sie als SPÖ-Stadtregierung haben sich von den Sorgen der Menschen in dieser Stadt vollkommen verabschiedet. Die Sorgen der MitarbeiterInnen und Menschen ... (Heiterkeit bei den GRen Godwin Schuster und Dr Alois Mayer.) Sie lachen ... (GR Godwin Schuster: Sonst würde ich mich ja darüber ärgern!) Ich finde es eigentlich nicht lustig! Die Sorgen der Patientinnen und Patienten sind für die SPÖ offensichtlich nicht mehr das Maß der Arbeit.

 

Hätten Sie anders gehandelt, so hätten Sie jetzt seit 30 Jahren Zeit gehabt, betroffene Menschen in dieser Stadt und auch die Angehörigen, die höchst professionelle Arbeit leisten, in die Weiterentwicklung der psychiatrischen Versorgung für Menschen in dieser Stadt einzubeziehen. Sie hätten diese Menschen in die Weiterentwicklung einbezogen, aber Sie hätten diese spätestens jetzt im Zuge der Untersuchungskommission auch zum Wort kommen lassen.

 

Sie nehmen die Bedürfnisse und Erfahrungen von Angehörigen, aber auch von Patientinnen und Patienten in dieser Stadt nicht nur im Bereich der Psychiatrie nicht ernst. Und diese fehlende Einbeziehung, meine sehr verehrten Damen und Herren, wirft ein sehr bezeichnendes Licht auf Ihre Arbeit. Natürlich ist es einfacher, die Leistungen der Stadt in Hochglanzbroschüren oder Pressekonferenzen zu verkünden. Nur, mit den Menschen ins Gespräch kommen, denen Sie angeblich so viel Gutes tun, das machen Sie nicht!

 

Ich möchte ganz klar darauf hinweisen, dass das das menschliche Antlitz der SPÖ-Stadtregierung im Gesundheitsbereich zeigt. Das ist das wahre Gesicht der Stadtregierung!

 

International gilt ja die Einbeziehung der Angehörigen und ExpertInnen zum fachlichen Standard. Und auch geladene ExpertInnen in der Untersuchungskommission - und das habe ich in Ihrem Mehrheitsbericht leider auch nicht lesen können - wie zum Beispiel Frau Prof Amering oder auch Dr Michaela Moritz weisen in der Untersuchungskommission eindeutig und klar darauf hin, dass in der Weiterentwicklung auf Angehörige und Angehörigengruppen nicht zu verzichten ist. Auf politischer Ebene werden Betroffene und Angehörige vermehrt in Planungs- und Entscheidungsprozesse einbezogen. Das wurde ja auch von der Weltgesundheitsorganisation, aber auch von der EU eingefordert. Die Angehörigenorganisation HPE, Hilfe für Angehörige psychisch Erkrankter, ist in allen Bundesländern fixer Kooperationspartner im psychischen und psychosozialen Bereich - nur in Wien nicht. Österreich-weit gibt es 75 Selbsthilfegruppen mit mehr als 4 000 Kontakten in Form von Beratungen. In Wien fehlen entsprechende Strukturen vollkommen. In Tirol, Vorarlberg und Burgenland gibt es einen Psychiatriebeirat, der direkt in der jeweiligen Landesregierung angesiedelt ist, aber auch in Oberösterreich und in der Steiermark ist die HPE und somit auch die Angehörigen psychisch Erkrankter in die Psychiatrieplanung einbezogen.

 

Meine tiefe Überzeugung ist es, dass PolitikerInnen sich an den Bedürfnissen der Menschen zu orientieren haben. Dass aber eine Gesundheitspolitikerin, aber auch die Gesundheitspolitiker der Mehrheitsregierung dieser Stadt die Bedürfnisse von Patienten und Pflegepersonal aus den Augen verlieren und ihr Agieren auf diese Weise vollkommen aus dem Lot gerät, das macht mich betroffen. Die SPÖ-Stadtregierung hat sich von den Bedürfnissen der Menschen in dieser Stadt vollkommen verabschiedet und das den Betroffenen auch gezeigt.

 

Ich fordere ein rasches Umdenken, eine Einbeziehung aller Betroffenen und Angehörigen in die Weiterentwicklung der Psychiatrie in dieser Stadt. Alles andere wäre ein fataler Schritt in die falsche Richtung. Nehmen Sie sich an den anderen Bundesländern ein Beispiel! (Beifall bei der ÖVP.)

 

Vorsitzende GRin Inge Zankl: Als Nächste am Wort ist Frau GRin Klicka.

 

GRin Marianne Klicka (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Frau Stadträtin! Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Der Endbericht der Untersuchungskommission liegt uns ja heute vor und wir haben auch dann später noch die Möglichkeit, darüber zu diskutieren. Diese umfassende Untersuchung lieferte keine Bestätigung für die von den GRÜNEN und der ÖVP behaupteten Missstände, obwohl die Vorverurteilungen und die Skandalisierung der GRÜNEN und der ÖVP mit ihrem inquisitorischen Befragungsstil eine sachliche Behandlung zu dem Thema sehr schwierig gemacht haben. Im Gegenteil. Die Untersuchungskommission hat auch bewiesen, dass Wien im psychiatrischen Bereich über eine sehr gute Versorgungssituation mit hoher Versorgungssicherheit für die Betroffenen verfügt.

 

Die Entwicklung in den letzten 30 Jahren, wie sie schon Frau Kollegin Praniess-Kastner angesprochen hat, hat auch gezeigt, dass gerade die Psychiatrie ein medizinisches Fach ist, das die politisch Verantwortlichen sehr ernst nehmen, auch die Herausforderungen, denn es ist ein sehr junges Fach und die Veränderungen zeichnen sich sehr, sehr rasch ab. Nach der Beschlussfassung des Psychiatrieplans 1979, wo noch 3 900 Patienten im Bereich der Psychiatrie untergebracht waren, sind es jetzt nur mehr 620. 75 bis 80 Prozent der Patientinnen und Patienten kommen freiwillig, weil sie auf diese hohe Qualität vertrauen können. Die Zusammenarbeit mit den verschiedenen Trägerorganisationen hat es auch ermöglicht, dass 150 vollbetreute Wohnplätze für Menschen mit Behinderung, die bis dahin in psychiatrischen Krankenhäusern und in Pflegeheimen untergebracht waren, errichtet wurden.

 

Die Frau Kollegin Matiasek hat gemeint, es sei bei den Pavillons im Otto-Wagner-Spital zu wenig passiert. Das Otto-Wagner-Spital ist ein Spital, das mehr als 100 Jahre alt ist und aus alten Pavillons besteht. Aber schon seit dem Jahr 2000 wurde in die Renovierung investiert. 2000 wurde der Pavillon 4 generalsaniert, 2002 Pavillon 16,

 

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