Gemeinderat,
44. Sitzung vom 23.02.2009, Wörtliches Protokoll - Seite 44 von 96
Ich bin ja
ganz entzückt über das neue Wort Pavillon. Zuerst waren es die Mobilklassen,
jetzt ist es der Pavillon. Das wird schon elitär, wie man die Containerklassen,
was sie eigentlich wirklich sind, dann benennt. Also Pavillonklassen,
wunderbar!
Ich bin nur
ein bisschen schockiert, weil wir noch einmal 20 Container oder Pavillons
oder Mobilklassen aufstellen. Ich weiß nicht, worauf wir uns jetzt einigen,
Frau Jerusalem. Sagen wir Pavillon? Das klingt so schick, gell? Es wird eigentlich sehr viel Geld
dafür verwendet. Voriges Jahr 2 Millionen EUR, heuer
4 Millionen EUR. (GR Heinz Vettermann: Was ja eine entsprechend
hohe Qualität darstellt!) - Hohe Qualität? Entschuldigung, ich weiß nicht,
ob der Pavillon eine so hohe Qualität ist, weil eine Schulklasse ist immer noch
eine Schulklasse! Die Kinder sind an und für sich in einen Pavillon
„outgesourcet“. Ich meine, man muss schon irgendwie berücksichtigen, dass ein
Pavillon, eine Mobilklasse, eine Containerklasse - ich weiß gar nicht mehr, was
ich sagen soll - keine Schulklasse ist. Es fehlt einfach die Anbindung an die Garderoben.
Es fehlt die Anbindung zu den anderen Klassen. Die stehen irgendwo, wurde heute
schon gesagt, wie eine Baustelle herum. Sie nennen das vielleicht eine sehr
lustige und nette Lösung, nur, ich glaube, jeder Elternteil - und Sie sind auch
ein Elternteil - und jede Lehrerin und die Kinder an sich finden das nach
einiger Zeit nicht mehr lustig. Kinder brauchen einfach Platz. Kinder brauchen
ihre Schulklassen. Das hat es immer gegeben und das soll es auch geben. Das
kann nicht irgendwie ein Outsourcing an irgendwelche Pavillons, Mobilklassen,
Containerklassen sein.
Vor allen
Dingen haben wir gerade im vorigen Akt gehört, für eine Nachwuchsakademie hat
man gleich Geld von 6 Millionen EUR und da würde man nicht einmal
darüber nachdenken, dass man Containerklassen aufstellt, sondern da wird gleich
eine Akademie gegründet und gebaut und dann muss man an anderen Schulstandorten
mit Containerklassen handeln. Also das kann es nicht wirklich sein!
Zur Erinnerung
wollte ich noch sagen, mir fehlt nach wie vor der Schulentwicklungsplan, den
wir schon lange fordern, wo evaluiert werden soll, in welchem baulichen Zustand
sich die Schulen derzeit befinden und bei welchen Pflichtschulen derzeit
Baumaßnahmen durchgeführt werden, um genau diese Containerklassen nicht aufstellen
zu müssen. Aber diesen Schulentwicklungsplan haben Sie uns bis heute noch nicht
vorgelegt! Den fordern wir aber immer wieder ein und wir werden nicht aufhören,
diesen einzufordern!
Weiters wollte
ich noch anmerken, wir in der Arbeitswelt haben eigentlich alle ordentliche
Büros. Uns wird nicht zugemutet, in irgendwelchen Containerklassen arbeiten zu
müssen. Wenn wir das tun müssten, dann wäre sofort das Arbeitsinspektorat da
und würde alles schließen. Das heißt, unserem Nachwuchs, unserer Jugend, unserer
Zukunft muten wir im Grunde genommen solche Arbeitsbedingungen zu, die wir
selbst nie in Anspruch nehmen wollen.
Wenn wir schon
bei Bildungseinrichtungen sind, möchte ich gleich noch einmal einen Antrag
betreffend Einführung eines gebührenbefreiten Kindergartens einreichen:
„Die
amtsführende Stadträtin für Bildung, Jugend, Information und Sport wird
aufgefordert, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass binnen Herbst 2009
der Kindergarten in Wien für alle Kinder ab drei Jahre ganztägig beitragsfrei
angeboten wird.
In formeller
Hinsicht wird die sofortige Abstimmung beantragt.“ - Danke. (Beifall bei der
ÖVP.)
Vorsitzender
GR Godwin Schuster: Als Nächster zum Wort gemeldet ist Herr GR
Gudenus.
GR Mag Johann Gudenus, MAIS (Klub der Wiener Freiheitlichen):
Herr Vorsitzender! Frau Berichterstatterin! Meine sehr geehrten Damen und
Herren!
In aller
Kürze, ich habe vorhin verabsäumt, den ähnlichen Antrag wie meine Vorrednerin Anger-Koch
einzubringen, nämlich den Antrag zum kostenlosen Kindergarten, weil auch, wie
schon erwähnt wurde, hier einiges im Argen ist und sich diese Baustelle im
Bildungsbereich bis zum Kindergarten durchzieht.
Ich möchte
aber auch die Gelegenheit nutzen, auf Herrn Kollegen Vettermann einzugehen, der
gesagt hat, diese Klassenpavillons bleiben Pavillons und Schulklassen, auch
wenn ich sie zehnmal Container nenne. Ich kann das Ganze umdrehen: Diese
Container bleiben Container, auch wenn Sie sie zehnmal Pavillons nennen. Sie
bleiben einfach Container! Das ist der Fachterminus! (Beifall bei der FPÖ.)
Sie haben
vorhin gesagt, ich habe Frau Ministerin Schmied zitiert, wo Sie eigentlich dem
Bildungssystem in Wien ein schlechtes Zeugnis ausstellt. Das unterstreiche ich.
Sie hat gesagt, ein Drittel der Pflichtschulabgänger hat Probleme beim Lesen,
Schreiben und Rechnen. Das hat sie nicht nur einmal gesagt, vor allem auch in
einer Pressekonferenz und in vielen Meldungen, und das eben in Wien. Das stellt
doch bitte dem Wiener Bildungssystem ein schlechtes Zeugnis aus! Die nackten
Zahlen belegen, ein Drittel der Pflichtschulabgänger hat Probleme beim Lesen,
Schreiben und Rechnen!
Jetzt zum
eigentlichen Antrag, den ich einbringen wollte, der Beschlussantrag der Kollegen
Veronika Matiasek, Wolfgang Jung und Johann Gudenus:
„Der Wiener
Gemeinderat spricht sich für die Einführung eines kostenlosen Kindergartens für
alle Kinder ab dem 3. Lebensjahr in Wien aus. Entsprechende vorbereitende
Maßnahmen sind von der zuständigen Stadträtin für Bildung, Jugend, Information
und Sport unverzüglich einzuleiten."
Meine sehr geehrten Damen und Herren, dieser Antrag ist uns deswegen so wichtig und wir werden ihn auch in den weiteren Sitzungen einbringen, weil es kann nicht nur bei Worten und bei Ankündigungen bleiben - vor allem, je näher die Wiener Wahl rückt, desto öfter wird wahrscheinlich ein Wahlzuckerl versprochen -, sondern es müssen auch Taten folgen. Diese Tat können Sie heute beweisen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der roten Fraktion, indem Sie diesem Antrag zustimmen!
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