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Gemeinderat, 44. Sitzung vom 23.02.2009, Wörtliches Protokoll  -  Seite 70 von 96

 

Zu Wort gemeldet ist Herr GR Lasar. Ich erteile es ihm.

 

GR David Lasar (Klub der Wiener Freiheitlichen): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrter Herr Berichterstatter! Sehr geehrte Frau Stadträtin! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

 

Herr Berichterstatter! Ich muss Ihnen ehrlich sagen: Waren Sie in der gleichen Kommission wie ich? Ich bin mir dessen nicht sicher! Ich habe von Ihnen nicht ein einziges Wort über Verbesserungen gehört! Ich habe nicht ein Wort darüber gehört, wo es in der Versorgung hapert! Ich habe von Ihnen eigentlich nur Gutes gehört. Daher muss ich wirklich bezweifeln, dass Sie in der gleichen Kommission wie ich waren!

 

Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich jetzt eine kleine Replik machen. Es fängt schon 1976 an. Damals wurde die Dezentralisierung in der Psychiatrie beschlossen. Was haben Sie davon heute umgesetzt? Eine psychiatrische Abteilung kam genau in zwei Krankenhäuser, ins SMZ-Ost und ins Kaiser-Franz-Josef-Spital. Mehr ist bis heute in Sachen Dezentralisierung nicht geschehen! Deshalb hätte ich mir von Ihnen gewünscht, dass Sie auch dazu etwas sagen! Das haben Sie aber wieder nicht getan.

 

Die psychiatrischen Abteilungen sind alle, wie ich eingangs erwähnt habe, im Otto-Wagner-Spital geblieben. Dieses Spital ist über 100 Jahre alt, die Bausubstanz ist natürlich entsprechend desolat, und das gilt auch für die Abteilungen, Zimmer und Sanitäreinrichtungen. Aber auch darüber haben Sie nichts gesagt. Die Anlagen entsprechen nicht einmal annähernd den neuesten medizinischen Standards!

 

Sie verweisen jedoch immer nur auf das Krankenhaus Nord, das frühestens 2013 fertig sein wird. Ich bin sehr froh, dass das Krankenhaus Nord gebaut wird, das ist wichtig. Aber man kann jetzt nicht alles auf das künftige Krankenhaus Nord schieben und damit zudecken, was man in den letzten Jahrzehnten nicht getan hat! Ich muss Ihnen ehrlich sagen, gerade von Ihnen, Herr Vorsitzender, habe ich mir eigentlich einen anderen Bericht erwartet!

 

Schauen wir uns zum Beispiel auch den Psychiatriebericht 2004 an. In diesem wird ein Ansteigen der Zahl von psychisch Erkrankten in den nächsten Jahren festgestellt. Was bedeutet das? Wir brauchen mehr Ärzte, mehr Pflegepersonal, mehr Therapeuten und mehr Sozialarbeiter. Das wurde von den politisch Verantwortlichen, nämlich von der sozialistischen Fraktion hier in diesem Haus beharrlich ignoriert. Es wurde bis heute fast nichts in diese Richtung getan.

 

Das haben uns auch Ärzte in der Untersuchungskommission berichtet. Die Hospitalisierungen sind auf Grund des Mangels an nachsorgenden Betreuungseinrichtungen, wie es zum Beispiel der PSD ist, zu lang. Das verschlechtert ebenfalls das Krankheitsbild und wird von vielen Experten abgelehnt. Es werden daher ein entsprechender Wohnort und eine möglichst dem Lebensalltag nahe Versorgung gefordert. Es gibt allerdings keine Hausbesuche, zu wenig Ambulatorien und viel zu wenige Therapeuten. Die Wartezeiten sind viel zu lange, und von der Krankenkassa werden viel zu wenig Therapiestunden bewilligt. Diese sind bis März oder April schon ausgebucht. Was bleibt den Leuten dann übrig? – Wenn sie es sich leisten können, zahlen sie es privat, wenn sie es sich jedoch nicht leisten können, werden ihnen das restliche Jahr keine therapeutischen Behandlungen ermöglicht.

 

In Anbetracht dessen sprechen Sie davon, dass es keine Probleme gibt? – Es gibt sehr viele Probleme! Ich habe diese jetzt nur ansatzweise erwähnt.

 

Sehen wir uns einmal den Personalmangel an: Der Personalmangel am Otto-Wagner-Spital ist schon lange bekannt. Oberarzt Dr Zeyringer hat beispielsweise bereits vor über zehn Jahren in einem Arbeitskreis darauf hingewiesen, dass es einen eklatanten Personalmangel gibt. Das hat jedoch seitens der Verantwortlichen Ihrer Stadtregierung bis heute keine Reaktionen hervorgerufen, all das wurde ignoriert!

 

Es gibt zu wenig Therapeuten und Pflegepersonal. All das wurde damals angesprochen. Sie haben lediglich zwei Ärzteposten neu geschaffen. Der Personalmangel wurde schon vom damaligen Patientenanwalt Dr Dohr beklagt. Das habe ich Ihnen auch schon einige Male vorgelesen, und ich werde es heute wieder tun. Ich werde nur einen Auszug aus dem Brief des Patientenanwalts Dr Dohr bringen, der leider verstorben ist – ich zitiere: „Es liegt leider auf der Hand, dass der gesetzlich vorgeschriebene Personalstand nicht immer identisch ist mit jenem, der für eine optimale medizinische Betreuung notwendig oder wünschenswert wäre.“ – Dieser Brief datiert aus dem Jahr 2004. Sie sagen jedoch, dass alles bestens und in Ordnung ist!

 

Meine Damen und Herren! Kinder und Jugendliche werden heute noch in der Erwachsenenpsychiatrie untergebracht. Dass das ein unhaltbarer Zustand ist, haben auch schon einige Sachverständige bestätigt, zum Beispiel Prof Dr Friedrich, Dr Berger und Dr Popow. – Die Kinder- und Jugendpsychiatrie wird meine Kollegin Matiasek dann genauer und intensiver erörtern.

 

Es gibt im Otto-Wagner-Spital keine eigenen Intensivbetten, solche hat es für psychiatrische PatientInnen nie gegeben. Die Patienten sind oft bei der Aufnahme mit toxischen Stoffen vollgepumpt. Aber was kann man in einem Akutfall tun, wenn man nicht die nötige Ausrüstung hat? – Dann muss man telefonieren. Nur im AKH gibt es eine entsprechende Ausrüstung, und dann muss man erst einmal dafür sorgen, dass man ein freies Bett im AKH bekommt, und die Leute dorthin bringen. Es gibt jedoch in einem der größten Psychiatrie-Spitäler Europas, im Otto-Wagner-Spital, nicht einmal ein Intensivbett! Das ist mehr als unverständlich

 

Sie haben überhaupt keinen Punkt angesprochen, der im letzten Jahr in der Untersuchungskommission angesprochen wurde. So wurde zum Beispiel von Dr Meisermann kritisiert, dass es kein Intensivbett gibt.

 

Der Personalmangel und die unzumutbaren Arbeitsbedingungen im Otto Wagner-Spital sind augenscheinlich. Meine Damen und Herren! Innerhalb von zwei Jahren

 

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