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Gemeinderat, 44. Sitzung vom 23.02.2009, Wörtliches Protokoll  -  Seite 75 von 96

 

lassen. Sie brauchen zu dieser zügigen Dezentralisierung allerdings 40 Jahre! Meine Damen und Herren! Dazu ist jeder Kommentar überflüssig. Sie leiden offenbar an Realitätsverweigerung! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf von GR Kurt Wagner.)

 

Herr Kollege Wagner! Bei Ihnen ist aber Schneckentempo angesagt! (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

 

Herr Kollege Wagner! Hören Sie zu! Sie können durchaus noch etwas lernen! – Wir haben einen Sachbeweisantrag gestellt, und zwar über die Entweichungs- und Gefährdungsmeldungen im OWS. Dieser Beweisantrag wurde am 30. Mai 2008 gestellt, also nicht vor Kurzem, sondern vor acht Monaten! Zu diesem Beweisantrag erhielten wir – Sie werden es nicht glauben! – am 17. Feber, als das Beweisverfahren schon abgeschlossen war, eine partielle Antwort. Und wenn man den Inhalt betrachtet, dann weiß man auch, warum diese Unterlagen zufällig – zufällig! – erst nach Beendigung des Beweisverfahrens zur Opposition gelangten: Die Abgängigkeitsmeldungen sind beachtlich, und die Opposition hätte die Verantwortlichen natürlich nach dem Grund für diese großen Schwankungen fragen können. Aber da hat man halt lieber auf eine zeitgerechte Übermittlung vergessen! – Das zu Ihrem Schneckentempo.

 

Sehr interessant ist auch, dass auf die im Beweisantrag angefragten, umfassenden Informationen über einen ungeklärten Todesfall überhaupt vergessen wurde. Im Feber 2006 ist ein Patient im OWS nach Abgängigkeit tot, vermutlich erfroren, aufgefunden worden. Darüber wird überhaupt nicht berichtet. Das wird einfach unter den Teppich gekehrt. Das, meine Damen und Herren, ist Ihre seriöse Aufarbeitung in der Untersuchungskommission! (Beifall bei der ÖVP.)

 

Es wurde heute schon in der Aktuellen Stunde darüber gesprochen, dass Sie verhindert haben, dass ehemalige Patienten, Angehörige oder Anwälte von Patienten überhaupt aussagen können. Es ist eben offenbar wirklich Ihre Ansicht: Einmal psychisch krank, immer psychisch krank.

 

Herr Kollege Deutsch! Sie haben heute so häufig Dr Mayer zitiert, und ich frage Sie gerade in diesem Zusammenhang: Warum zitieren Sie nicht Rektor Univ-Prof Dr Pritz, Chef der Sigmund-Freud-Universität, der ganz klar gesagt hat – ich zitiere wörtlich: „Das hat auch einen therapeutischen Effekt für die Betroffenen, wenn sie aussagen können, weil sie wissen: Ich werde unmittelbar gehört. Das ist etwas ganz anderes, als wenn jemand sagt: Pass auf, ich nehme dich an der Hand. Viele brauchen auch das an der Hand genommen Werden nicht, weil sie voll mündig sind.“ – Zitat Ende.

 

Soviel Objektivität könnte man erwarten, dass Sie, wenn Sie eine Meinung schon so oft zitieren, auch eine andere Meinung bringen. Aber das passt nicht in Ihr Konzept, und daher wird es auch nicht erwähnt. Das einzige Angebot, das von der Mehrheitsfraktion gemacht wurde, war, dass die Betreffenden zu Pflegeanwalt Dr Brustbauer gehen können und Dr Brustbauer die Untersuchungskommission informieren wird. – Dazu muss ich Ihnen sagen: Die Aussagen von Dr Brustbauer in der Untersuchungskommission hinterließen den Eindruck von fachlicher Inkompetenz und Desinteresse an der Situation psychiatrischer Patienten. Und aus den Aussagen Dr Brustbauers, wonach sich nur wenige Angehörige an ihn gewandt hätten, wird gleich geschlossen, dass es kaum Beschwerden über Pflegemängel gibt, nach dem Motto: Was Brustbauer nicht aufzählt, gibt es nicht. – Frau Stadträtin! Herr Dr Brustbauer agierte als Feigenblatt für Sie.

 

Meine Damen und Herren! Herr Kollege Deutsch! In Ihrem Bericht ist von Herausforderungen, Anliegen, Anregungen, aber nie von Missständen, Mängeln und Beschwerden die Rede. Daher frage ich Sie: Ist es kein Missstand, wenn in Wien im stationären Bereich der Kinderpsychiatrie 50 Prozent der Betten fehlen? Ist es für Sie kein Missstand, wenn es vom 1.7.2007 bis 31.12.2007 in Wien zu fast doppelt so vielen Anwendungen von weitergehenden Beschränkungen – Fixierungen im Netzbett – gab wie in den anderen Bundesländern? In Österreich beträgt der Durchschnitt 39 Prozent, in Wien 42 Prozent. Jetzt hat man das geändert. Jetzt meldet man nur mehr die erste Beschränkung, um eine bessere Statistik zu bekommen. Ist es kein Missstand, wenn Patienten im psychiatrischen Bereich mit einer Zwei-Klassen-Psychiatrie konstatiert werden? Im SMZ-Ost und im AKH gibt es eine Eins-zu-eins-Überwachung, im OWS hingegen nur auf Anforderung, wenn der Arzt es anordnet.

 

Meine Damen und Herren! Es hat sich in dieser Untersuchungskommission sehr klar herausgestellt, dass es Tatenlosigkeit und vor allem Blockadehaltung gibt, wohin man schaut. Ich brauche es nicht mehr anzuführen, das würde schon öfters gesagt. Und das ist der Grund dafür, dass wir gemeinsam mit der grünen Fraktion einen Beschlussantrag einbringen, wonach der Wiener Gemeinderat die Wiener Landesregierung auffordern möge, einen Entwurf für eine Änderung der gesetzlichen Bestimmungen für Untersuchungsausschüsse vorzulegen, welcher sicherstellt, dass in Zukunft eine objektive und lückenlose Untersuchung gewährleistet wird. – In formeller Hinsicht wird die sofortige Abstimmung verlangt. (Beifall bei der ÖVP und von Gemeinderäten und Gemeinderätinnen der GRÜNEN.)

 

Wir bringen diesen Antrag ein, damit etwas weitergeht in Wien, und ich hoffe, Frau Stadträtin, Sie nehmen das ernst und handeln!

 

Zum Schluss möchte ich mich meinen Vorrednerinnen und –rednern anschließen, und möchte mich sehr herzlich bei der Dame und dem Herrn Vorsitzenden der Untersuchungskommission, bei den Mitarbeitern, die in der Untersuchungskommission für uns tätig waren, und auch bei allen, die im Sekretariat die Berichte beziehungsweise wörtlichen Protokolle geschrieben haben, bedanken. Das war ein großer Aufwand. Recht herzlichen Dank dafür! Und ich danke auch allen Zeuginnen und Zeugen und Sachverständigen sehr herzlich, die ausgesagt haben, sowie auch jenen, die sich gemeldet haben und nicht aussagen durften.

 

Ich möchte mich aber auch sehr herzlich bei jenen

 

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