Gemeinderat,
44. Sitzung vom 23.02.2009, Wörtliches Protokoll - Seite 78 von 96
Vorsitzender
GR Dr Wolfgang Ulm: Das Wort hat Frau GRin Matiasek.
GRin Veronika Matiasek (Klub
der Wiener Freiheitlichen): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen
und Herren!
Mir bleibt manchmal wirklich die Luft weg, wie unglaublich ignorant die
SPÖ gegenüber eindeutigen Fakten ist. Man mag ja darüber streiten, ob es sich
um gravierende Missstände oder zumindest um Problemfelder handelt, die im Laufe
dieser Untersuchungskommission durchaus auch auf Grund anderer Anhaltspunkte zu
Tage getreten sind. Wenn man dann aber nicht einmal den Ansatz eines
Problemfeldes erkennt, dann ist das kühn – was aber vielleicht nicht der
richtige Ausdruck ist – beziehungsweise unglaublich!
Ich schließe jetzt gleich an die Worte meiner Vorrednerin an, die gemeint
hat, die Mitglieder der Kommission haben viel von den Fachleuten
gelernt. – Das sehe ich im Prinzip auch so! Ich setze aber noch nach: Die
SPÖ hat im Großen und Ganzen aus dem Ganzen nichts gelernt!
Meine Vorrednerin hat Zwietracht bei den Oppositionsparteien geortet.
Sehr geehrte Frau Kollegin Klicka! Sehr geehrte Damen und Herren von der SPÖ!
Es geht hier überhaupt nicht um Eintracht oder Zwietracht der Opposition,
sondern es geht um die Sache. Und es wird uns wohl gestattet sein, dass wir das
eine oder andere differenziert sehen!
Ich nehme es jetzt aber gleich vorweg: Wir werden heute dem Antrag, der
seitens der GRÜNEN und der ÖVP eingebracht wurde, zustimmen, wenngleich wir in
der einen oder anderen Frage eine andere Position beziehen. Und Sie haben
heute, Herr Kollege Deutsch, mit dem Vortrag Ihres Berichtes geradezu noch
provoziert, dass wir diese Haltung
einnehmen! (Beifall bei der FPÖ.)
Es geht um die
politische Verantwortung im Bereich der psychiatrischen Versorgung von
Patienten in Wien, und es gibt nachweislich – das können wir nach den
vielen Stunden in dieser Kommission sagen, wie ich jetzt einmal sehr freundlich
formulieren möchte – doch ganz beträchtliche Problemzonen.
Einen Punkt
habe ich heute schon in der Aktuellen Stunde angerissen, in der wir uns mit dem
Thema der Baulichkeit des Otto-Wagner-Spitals befasst haben. Das Spital
entspricht in weiten Bereichen den Anforderungen einer modern ausgestatteten
Krankenversorgungseinrichtung im Jahr 2009 überhaupt nicht. Ich möchte aber
betonen, dass es nicht erst jetzt so weit ist oder die Verantwortung für diese
Fehler in den letzten zwei Jahren zu suchen ist. Diesbezüglich kann die SPÖ
sich nicht vor der Verantwortung drücken! Diese Fehler liegen 30 bis 40 Jahre
zurück! Es war schon vor 30 Jahren unerträglich, dass nur Säle vorhanden
sind beziehungsweise in den Krankenzimmern praktisch die Decke herunterfällt.
Auch damals gab es jedoch keine Ansätze zu einer Veränderung. Das wurde
verzögert und verschleppt. Im Bereich der Sanierung hat sich vor 2000 überhaupt
nichts abgespielt, und diese Verzögerungen und Verschleppungen und dieses
Nichtwahrnehmen von Verantwortung dafür, das Spital patientengerecht zu
adaptieren, müssen die Patienten auch heute im Jahr 2009 ausbaden.
Um diese
politische Verantwortung betreffend die baulichen Maßnahmen in der
Krankenanstalt insgesamt, von der wir immer wieder sagen, dass sie ja vom Areal
her eigentlich toll wäre, kommen Sie leider nicht herum! Die beiden kulturellen
Einrichtungen, die es dort gibt, nämlich das Theater und die Kirche,
sind – und dazu stehen wir alle – Wahrzeichen für den Wiener
Jugendstil, und diese sind ja auch saniert worden. Menschlich betrachtet wäre
es aber wahrscheinlich richtig gewesen, zuerst die Krankenzimmer, die
Behandlungszimmer und die Versorgungseinrichtungen für die zum Teil schwer
kranken Personen herzurichten und dann erst den nächsten Schritt zu machen.
Jetzt werden Sie
mir entgegnen, dass es sich hiebei zum Teil um unterschiedliche Budgets
handelt. Aber es gibt hier nachweislich eine politische Verantwortung, die von
vielen Ihrer Vorgänger, Frau StRin Wehsely, nicht wahrgenommen wurde! Man redet
sich so gerne auf den Denkmalschutz aus. Dazu sage ich: Es ist heute möglich,
sozusagen in einer alten, denkmalgeschützten Hülle einen Innenraum komplett
umzugestalten. Das ist heutzutage keine große technische Hexerei, und das hätte
man längst machen müssen. Wenn jetzt ganz stolz gesagt wird, dass die Sanierung
des Pavillon 10 unmittelbar bevorsteht, dann möchte ich schon betonen,
dass es ein Schandfleck ist, dass das so lange gedauert hat! Dieser
Verantwortung können Sie sich nicht entziehen! (Beifall bei der FPÖ.)
Sehr geehrte
Damen und Herren! Der zweite Bereich, auf den ich eingehen möchte, ist die
Versorgung im Bereich der Kinder- und Jugendpsychiatrie. Dabei geht es nicht
nur um die stationäre Aufnahme und dass es einen Mangel an Betten gab und nach
wie vor gibt und Kinder und Jugendliche gemeinsam mit Erwachsenen untergebracht
werden müssen, weil es an entsprechenden Einrichtungen gefehlt hat und noch
immer fehlt. Es geht auch darum – und das haben die Experten einstimmig
bestätigt –, dass es in der Vor- und vor allem in der Nachsorge, die in
Vernetzung mit der Jugendwohlfahrt steht, eklatante Mängel gibt.
Auch hier ist politische
Verantwortung festzumachen, wenn in der Großstadt Wien nicht einmal
20 Plätze für Kinder und Jugendliche mit einem besonders schwierigen Krankheitsbild
vorhanden sind und diese Kinder und Jugendlichen nicht richtig in einer
stationären Einrichtung untergebracht werden können, nicht in der Familie
verbleiben können, aber auch in keiner anderen Einrichtung im Bereich der
Jugendwohlfahrt oder sonstigen Betreuungseinrichtung untergebracht werden
können. Wenn diese Kinder oder Jugendlichen in andere Bundesländer verschickt
werden müssen und in einem besonderen Fall ein Kind sogar bis Brandenburg
geschickt werden musste, meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPÖ, dann
ist das wahrlich ein Missstand! Es ist unglaublich, dass man es in einer Stadt
wie Wien nicht schafft, diese 20 Plätze zu installieren! Und dieses Problem
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