Gemeinderat,
44. Sitzung vom 23.02.2009, Wörtliches Protokoll - Seite 82 von 96
in der Untersuchungskommission
von Ihnen völlig negiert wurden, oder wenn sie gehört wurden, dann wurden sie
nicht ernst genommen – Sie können sich aussuchen, welche dieser beiden
Möglichkeiten Ihnen sympathischer ist –, anders ist es nämlich nicht zu
erklären, dass genau diese Hilferufe in Ihren Mehrheitsbericht überhaupt nicht
Eingang gefunden haben.
So finden sich
noch weitere Bereiche, in denen bereits jahrelang Versäumnisse auf Kosten der
Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt und auch der PatientInnen durch Sie zu
verantworten sind. Es geht um Versäumnisse, die sich sehr dramatisch auf das
weitere Leben von Kindern dieser Stadt auswirken. Und zwar geht es um die
fehlenden Diagnoseeinrichtungen, aber auch um fehlende Therapieeinrichtungen
für Kinder mit Entwicklungsverzögerungen.
Meine Damen
und Herren! Ich zitiere Ihnen einen Experten – es gäbe zahlreiche Zitate – der
Untersuchungskommission. Prof Popow hat dazu gemeint: Es tut weh, wenn man
Eltern sagen muss: Ja, Ihr Kind hat dieses Problem, aber leider kann ich Ihnen
in Wien nicht viel anbieten. Ich kann Sie nur zum Verein für Autistenhilfe
schicken, der sich jetzt langsam bemüht, etwas aufzubauen für diese Kinder.
Meine sehr
verehrten Damen und Herren! Auch wenn Sie hier von dieser Stelle Herrn
Prof Popow zitiert haben in dem Zusammenhang, in Libanon ist es besser als
in Wien, dann möchte ich Sie, wenn Sie diesen Experten schon nicht ernst nehmen
in seinen Aussagen, bitten, einen Blick in den Bericht des Kontrollamtes zu
werfen, denn auch im vorliegenden aktuellen Bericht des Kontrollamtes werden
massive Versäumnisse in diesem Bereich attestiert.
Ein weiterer
wichtiger Bereich, nämlich die Entwicklungsförderung von Kindern mit
Behinderung oder von Kindern mit Entwicklungsverzögerung, findet in Ihrem
Bericht keine Erwähnung. Kein Wort davon, dass man in Ambulanzen ein Jahr auf
eine Erstbegutachtung wartet und ein weiteres Jahr auf eine Therapie mit seinem
Kind.
Meine sehr
verehrten Damen und Herren! Ich sehe Sie von der SPÖ-Fraktion hier nicht sehr
aufmerksam bei meiner Rede, aber ich würde Sie sehr bitten, sich das anzuhören.
Im Mehrheitsbericht steht nämlich überhaupt nichts drinnen, da muss man sich
schon den Bericht des Kontrollamtes zu Gemüte führen, um das sozusagen
nachzuvollziehen, was Eltern mit ihren Kindern in dieser Stadt immer wieder
urgieren und einfordern. Hier besteht akuter Handlungsbedarf, meine Damen und
Herren, und wir fordern daher – und das ist in unserem Antrag, den wir heute
abgeben, nachzulesen – ganz dringend den Ausbau der Ambulanzen für
Entwicklungsdiagnostik und den Ausbau der dringend erforderlichen
Therapieplätze für diese Kinder.
Meine Damen
und Herren! Ein sehr spannender Bereich, der sehr wohl Erwähnung findet in
Ihrem Bericht, im Gegensatz zu den zwei genannten, ist die Personalausstattung
in der Kinder- und Jugendpsychiatrie, und ich möchte ausnahmsweise aus Ihrem
Bericht zitieren: „ExpertInnen bestätigen eine gute Personalausstattung."
Hier heißt es nämlich: „Österreich-weit gibt es hingegen zu wenig Kinder- und
JugendpsychiaterInnen. Der steigende Bedarf in der Kinder- und
Jugendpsychiatrie auch in Wien hat zu einem Maßnahmenpaket des
Krankenanstaltenverbundes geführt."
Meine sehr
geehrten Damen und Herren! Das ist ein Teil, und wir stehen nicht an – die
Protokolle liegen vor – zu bestätigen, dass einige Experten das ausgesagt
haben, aber das ist eben nur ein Teil, jedoch der andere Teil der ExpertInnen,
die einen eklatanten Personalmangel ausgesagt und diagnostiziert haben, der
findet in Ihrem Bericht keine Erwähnung. Und da, wo Ärztinnen und Ärzte fehlen,
schieben Sie das auf den Bund.
Meine sehr
verehrten Damen und Herren! Sie stellen derzeit den Gesundheitsminister von
Ihrer Fraktion. Ich würde Sie sehr herzlich bitten, mit ihm einmal das Gespräch
zu suchen, denn anscheinend gibt es in Wien keine Möglichkeiten, etwas gegen
diesen Personalnotstand zu unternehmen, sondern der Bund ist schuld, was sehr
spannend ist.
Zum
Personalbericht darf ich auf die Zeyringer-Studie hinweisen. Das haben wir ja
heute natürlich schon ausführlich besprochen. Hier gibt es ein Gegengutachten.
Alle, die damit befasst sind und damit während der Untersuchungskommission
befasst wurden, können sich ein Bild von der Vorgehensweise der
Mehrheitsfraktion machen. – Soweit zur Diskreditierung Ihres eigenen Personals.
Die Ärztinnen
und Ärzte, aber auch das Pflegepersonal und die PatientInnen werden sich
sicherlich ein Bild machen, und das spätestens bei der nächsten Wahl in der
Wahlzelle.
Ich möchte noch
einmal die Gelegenheit benützen, aus Ihrem Bericht zu zitieren. „Weitere
Verbesserungen als Ziel." Sie schreiben: „Weiters ist eine Änderung der
Ausbildungsordnung durch das Gesundheitsministerium wünschenswert, um mehr
Jugend- und KinderpsychiaterInnen ausbilden zu können." Also bei diesem
Punkt ist Ihre Bitte an den Bund gerichtet, wieder einmal, und anscheinend
bleibt für die Wiener Stadtregierung hier nichts zu tun.
Ich verweise
hierzu – ich möchte das nicht alles zitieren – auf den Kontrollamtsbericht. Wir
hatten ja bereits Gelegenheit, ihn hier ausführlich zu besprechen. Nur ein Satz
aus dem Kontrollamtsbericht: „Eine bedarfsdeckende stationäre und
tagesklinische kinder- und jugendpsychiatrische Versorgung kann erst mit der
Schaffung zusätzlicher Kapazitäten erreicht werden." Also wenn Sie schon
PatientInnen, Ihr eigenes Personal in dieser Stadt, aber auch die ExpertInnen
in der Untersuchungskommission nicht ernst nehmen, vielleicht nehmen Sie sich
den Kontrollamtsbericht jetzt noch einmal vor.
Meine sehr
verehrten Damen und Herren! Sie wollen die Aussagen von ExpertInnen in der
Untersuchungskommission nicht wahrhaben, aber die meisten von ihnen bestätigen
Versäumnisse, Mangel und keine bedarfsgerechte Versorgung in Wien.
Meine sehr verehrten Damen und
Herren! Sie haben ja heute die Möglichkeit, unserem Antrag zuzustimmen
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