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Gemeinderat, 44. Sitzung vom 23.02.2009, Wörtliches Protokoll  -  Seite 93 von 96

 

Gespräche gibt. Die Gruppe Netzzeit steht unmittelbar vor einem zweijährig stattfindenden Festival, das kommenden Donnerstag in Wien beginnt, das Festival „Out of Control“. Es ist daher auch künstlerisch verständlich, dass sie zuerst die Kunst, das Festival abschließen und erst dann die Umsetzung aller schon ins Laufen gekommenen Änderungen vorgenommen wird.

 

Nun, es ist schwierig und es tut mir auch angesichts der späten Stunde leid, Ihnen einmal zu erklären, was die Gruppe Netzzeit macht. Es ist eine seit 25 Jahren existierende Musiktheatergruppe, die höchst erfolgreich auf allerhöchstem künstlerischen und internationalen Niveau Musiktheater macht, die von drei Prinzipien ausgeht:

 

Das Erste ist, sie machen rein zeitgenössisches Musiktheater. Es wird in der Gruppe Netzzeit nichts aufgeführt, was irgendwo jemals schon gespielt wurde. Es sind lauter Auftragskompositionen und es sind lauter Uraufführungen. Mehr zeitgenössisch arbeiten wie die Gruppe Netzzeit kann man nicht. (Aufregung bei GR Günter Kenesei.)

 

Das Zweite ist, es wird auch, das verlangen wir immer wieder in dem Anforderungsprofil für freie Gruppen, spartenübergreifend gearbeitet. Sagen wir es einmal für Laien so: Nicht klassische Oper spielen möglichst in einer Guckkastenbühne, sondern es werden in Räumen in neuer Form der ästhetischen Darstellung Opernlibretti umgesetzt.

 

Das dritte Prinzip der Gruppe Netzzeit ist, dass prinzipiell jede freie Gruppenproduktion, die mit Mitteln der Stadt Wien finanziert und in Wien aufgeführt wird, einen hochgradigen internationalen Kooperationspartner hat. Das heißt, jede Produktion, die in Wien gezeigt wird, wird auch im Ausland bei bedeutenden Festivals und in bedeutenden Opernhäusern gezeigt. Sie werden beispielsweise bei den Salzburger Festspielen und bei den Bregenzer Festspielen gezeigt, bei der Münchner Biennale, bei der Biennale Venezia, im Luzerner Theater, beim Budapest Opernfestival, in Covent Garden, in der isländischen Oper Reykjavik und in zwei Jahren auch beim Festival Sao Paolo. Das wird jetzt vielleicht dem Herrn Kenesei, wahrscheinlich auch dem Herrn Wolf, überhaupt nichts sagen, aber das ist halt das Problem der ÖVP. Man kann mit Ihnen schwer reden (Große Aufregung bei GR Günter Kenesei.), wenn bei der künstlerischen Beurteilung von Akten keine gemeinsame Basis da ist. Daher können Sie das nicht beurteilen. Lassen Sie sich das von Peter Marboe, der unter anderem mit seinem Mozartgroschen (Aufregung bei der ÖVP.) die Produktion gefördert hat, die am kommenden Donnerstag in Wien im Jugendstiltheater uraufgeführt wird, vielleicht noch erklären. Sie haben offensichtlich keine Ahnung und es ist wirklich der künstlerische und auch der politische Niedergang der Wiener ÖVP! (Beifall bei der SPÖ.) 

 

Sie beschädigen eine freie Theatergruppe, insbesondere der Herr Kenesei, indem er Kontrollamtsberichte völlig unrichtig als billigste Oppositionspolitik in billigste Blätter, in Gratiszeitungen der Wiener U-Bahn, spielt, wo Dinge stehen, die absolut falsch sind. Dort ist zum Beispiel gestanden, weil der Herr Kenesei das in die Zeitung gespielt hat, dass diese Gruppe auch Bundesförderung bekommt. Das stimmt nicht, weil die Gruppe seit Jahren keine Bundesförderung erhält! Es stimmen auch die Zahlen nicht, die Sie in die Öffentlichkeit gespielt haben. Es ist Rufmord, den Sie hier an Künstlerinnen und Künstlern auf Grund von politischer Effekthascherei begehen! (Beifall bei der SPÖ.)

 

Diese Gruppe erfüllt auf allerhöchstem Niveau alle Kriterien, die wir für freie Kunstproduktion in Wien aufgestellt haben. Sie sind dafür voriges Jahr im November, während Herr Kenesei das der U-Bahn-Zeitung zugespielt hat, mit dem Young-Musical-Theatre-Award, dem ersten Preis in der Kategorie Oper des Internationalen Theaterinstituts mit Sitz in Berlin, ausgezeichnet worden. Das wird Ihnen jetzt leider auch wieder nichts sagen, aber da kann ich leider nichts machen. Es ist nur so, dass das der Oscar des zeitgenössischen Musiktheaters ist. Und Sie stellen sich da her und sagen: Die cashen ab. Das ist absolut lächerlich!

 

Ich bin von den beiden Künstlern autorisiert, dem Wiener Gemeinderat hier auch zu sagen, wie viel sie verdienen. Das sind Künstler, die über 50 Jahre alt sind. (Weitere Aufregung bei GR Günter Kenesei.) Sie sind seit über 25 Jahren anerkannt und weltweit gefeiert und gefragt, haben große Erfolge in Bregenz, in Salzburg und vor Kurzem auch an der Wiener Volksoper und in der Josefstadt gehabt. Und diese beiden Künstler, beide über 50 Jahre alt, verdienen 1 800 EUR netto monatlich! Herr Kenesei, es ist eine Frechheit, wenn Sie sich da herstellen und sagen, die verdienen zu viel und die cashen ab! Die cashen nicht ab, die machen großartige Arbeit. (Große Aufregung bei GR Günter Kenesei.) 

 

Wenn Sie Zeit und Lust hätten, sich von der großartigen Arbeit der Gruppe Netzzeit zu überzeugen, dann haben Sie in den nächsten Tagen die Gelegenheit dazu. Am Donnerstag wird das Festival „Out of Control“ eröffnet und hier wird auch eine Oper uraufgeführt, „Die Große Bäckereiattacke“. Und ich mache das normalerweise nicht, dass ich erkläre, wie eine Opernproduktion funktioniert, nur damit vielleicht auch Sie einmal verstehen, dass das nicht so einfach ist, eine neue Oper zu produzieren. Das ist eine Oper, eine Opera Buffa von Misato Mochizuki - sie wird Ihnen auch nichts sagen -, sie ist eine bedeutende japanische Komponistin, die weltweit aufgeführt wird. Und dieses Projekt ist von der Gruppe Netzzeit gemeinsam mit Covent Garden und dem Luzerner Theater in zweieinhalb Jahren entwickelt worden. Diese Oper basiert auf zwei Kurzgeschichten von Haruki Murakami „Die Bäckereiattacke“ und „Die Zweite Bäckereiattacke“. Das sind in Japan und international Bestseller, die sind millionenfach gekauft und gelesen. Und zu diesen beiden Kurzgeschichten wurde von der Gruppe Netzzeit ein Librettowettbewerb ausgeschrieben. Also für Laien wie Sie: Ein Libretto braucht man, dass man eine Oper aufführen kann, dass man auch einen Text hat, der gesungen wird. (GR Günter Kenesei: Das ist ja nicht normal!) Okay. Gut. (Heiterkeit bei der SPÖ.) Es wurde

 

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