Gemeinderat,
47. Sitzung vom 25.05.2009, Wörtliches Protokoll - Seite 19 von 88
gibt und auch Probleme gibt, die wir im Dialog
miteinander lösen werden.
Und ja, meine Damen und Herren von der FPÖ, wir sind
sehr gut imstande, uns mit den unterschiedlichen Communitys, mit den
unterschiedlichen Glaubensrichtungen, mit den unterschiedlichen Bürgerinnen-
und Bürgerinitiativen, die das eine oder andere Mal friedlich dagegen
protestieren möchten, an einen Tisch zu setzen und zu diskutieren. (GR Dr Herbert Madejski: Drei Jahre
haben Sie dazu Zeit gehabt! Drei Jahre ist nichts passiert!) Aber was wir
ganz sicherlich nicht tun werden und wo wir ganz sicher nicht weichen werden,
keinen Zentimeter, ist, wenn solche Konflikte missbraucht werden – unter
anderem auch von Ihnen, aber auch, wie gesagt, von rechtsradikalen Kräften –,
um hier den Boden aufzubereiten für solche Auftritte. (GR DDr Eduard Schock: Zur Geschäftsordnung!)
Schämen Sie sich! Schämen Sie sich! Schämen Sie sich!
(Beifall bei den GRÜNEN.)
Vorsitzende GRin Inge Zankl: Zur Geschäftsordnung hat sich Herr DDr Schock
gemeldet.
GR DDr Eduard Schock (Klub der Wiener Freiheitlichen): Frau
Vorsitzende!
Ich finde es unterhört, dass eine Fraktion hier
heraußen hetzerische Reden hält. (Beifall bei der FPÖ. – Lebhafte ironische
Heiterkeit und Zwischenrufe bei den GRÜNEN.) Ich finde das unterhört, dass
Sie hier anderen Fraktionen antisemitische Politik vorwerfen. (GR Dipl-Ing Martin Margulies: Was war das
sonst?) Dass Sie hier anderen Fraktionen antisemitische Politik vorwerfen,
das finde ich unerhört. (Anhaltende
Zwischenrufe bei den GRÜNEN.) Ich
finde das unerhört, vor allem von einer Fraktion, wo Mandatare gemeinsam mit
linken Nazis Gegendemonstrationen veranstalten, die dann zu Gewalttätigkeiten
führen. (Beifall bei der FPÖ.)
Ich finde das unerhört, und ich verlange einen
Ordnungsruf für die Frau Klubvorsitzende für diese Behauptung, meine Damen und
Herren. (Beifall bei der FPÖ. – GR
Dipl-Ing Martin Margulies: Ausgerechnet die FPÖ! Wenn Sie mit den Nazis
zusammenarbeiten, verlangen Sie für andere einen Ordnungsruf! – Tumultartige Zwischenrufe und Unruhe im gesamten Saal.)
Vorsitzende GRin Inge Zankl: Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, untereinander
reden wir nicht!
Als Nächster am Wort ist Herr GR Dr Aigner. (Anhaltende Unruhe.)
GR Dr Wolfgang Aigner (ÖVP-Klub
der Bundeshauptstadt Wien): Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Die Position der ÖVP ist hier ganz klar: Wir brauchen
keine rechtsextremen Demonstranten, wir brauchen aber auch keine linksextremen
Demonstranten. (Beifall bei der ÖVP.)
Eine Partei der Mitte hat dafür zu sorgen, dass gesellschaftliche Konflikte auf
eine zivilisierte demokratische Weise ausgetragen werden. Aber das
Demonstrationsrecht kann nicht monopolisiert bei den Linksextremen liegen, und
wenn besorgte Bürger eine Demonstration machen, dann braucht man nur ein paar
Glatzköpfe, von denen man ja gar nicht weiß, woher die wirklich kommen,
hinzuschicken, und schon ist es eine rechtsextreme Demonstration. Die
Grundrechte sind unteilbar. Sie gehören allen Bürgern. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)
Es hat auch relativ wenig Sinn, tatsächliche Probleme
durch inneroppositionelle Debatten sozusagen auf einen Nebenschauplatz zu
lenken und es der Mehrheit, die für die Versäumnisse in dieser Stadt
verantwortlich ist, sehr leicht zu machen, sich zurückzulehnen und zu sagen, es
sollen die Blauen, Grünen und die Schwarzen untereinander debattieren. Reden
wir lieber von den Versäumnissen, die die SPÖ in der Integrationspolitik hier
zu verantworten hat und die dann im Endeffekt bei diesen Konflikten ans
Tageslicht treten! (Beifall bei der ÖVP.)
In der Brigittenauer Bezirksvertretung haben wir vor
etwas über zehn Jahren einen einheitlichen Konsens gehabt, dass wir dieses
Zentrum, von dem wir ja damals noch nicht wussten, wie es dann wirklich
ausschauen wird, nicht hier in einem Gasselwerk, in einem Wohngebiet haben
wollen, weil genau diese Befürchtung bestanden hat. Es ist dann der Betrieb
jetzt jahrelang gelaufen, und es haben sich alle Befürchtungen bestätigt. Es
ist laut, es ist ein Verkehrsproblem, es gibt eine Fülle von rein
nachbarschaftlichen Problemen, und es ist ein solches Zentrum – da muss ich dem
Vorredner der FPÖ schon recht geben – kein Beitrag zu einer gelungenen
Integration.
Wer eine Parallelgesellschaft institutionalisiert,
indem er Einrichtungen schafft, wo man den ganzen Tag verbringen kann, wo man
es ermöglicht, dass man alle Bedürfnisse abdeckt, der schafft keinen Beitrag
zur Integration. (Ironische Heiterkeit
des GR Dipl-Ing Omar Al-Rawi.) Es gibt im 20. Bezirk genügend
Supermärkte, es gibt genügend Kaffee- und Gasthäuser jeglicher Provenienz. Da
braucht man nicht in einem Kulturzentrum einen Supermarkt, man braucht dort
keinen eigenen Friseur, man braucht dort auch keine Möglichkeiten, sozusagen
Gastronomie zu betreiben. Das ist nicht notwendig. Und auch die Deutschkurse,
Herr Kollege Al-Rawi, lassen sich in der nahegelegenen Volkshochschule auf
integrative Weise wahrnehmen. Auch die muss ich dort nicht anbieten. (Beifall
bei der ÖVP. – GR Dipl-Ing Omar Al-Rawi: Wieso nicht?)
Das, was hier teilweise zum Verein ATIB gesagt wurde,
das hat schon etwas für sich. Der Schwesterverein DITIB steht in Deutschland
unter permanenter Beobachtung der Verfassungsschutzorgane sämtlicher
Bundesländer. Es gibt hier ein Naheverhältnis zum türkischen Staat, und wer
dort Veranstaltungen besucht – ich habe das getan, ich war dort schon mehrfach
–, der hört ständig, das es hier eine erste Loyalität zur Türkei zu geben hat.
Ich muss ganz ehrlich sagen: Traut sich das je ein
anderes Land? Sagt man, wenn jemand nach Amerika geht: Werdet Staatsbürger,
aber die Loyalität bleibt beim ehemaligen Heimatland? Das ist schon ein ganz
ein massives Problem, und abseits der Nachbarschaftsproblematik muss sich
unsere Gesellschaft da wirklich die Frage stellen, ob das unter Integration zu
verstehen ist.
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