Gemeinderat,
47. Sitzung vom 25.05.2009, Wörtliches Protokoll - Seite 53 von 88
Herr GR Woller.
GR Ernst Woller (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates):
Sehr geehrte Damen und Herren!
Eigentlich wäre es naheliegend, wenn wir heute hier
in der Kulturdebatte des Wiener Gemeinderates über einen der größten Erfolge
der österreichischen Filmgeschichte sprechen würden, über den Erfolg des
österreichischen Films bei den Filmfestspielen in Cannes, wo erstmals ein
österreichischer Film mit der Goldenen Palme ausgezeichnet worden ist. Es ist
ein Film, der mit Mitteln des Wiener Filmsfonds koproduziert wurde, und das ist
nicht das Ergebnis eines Zufalls, sondern einer langfristigen Förderung dieses
Künstlers und des österreichischen Films. Also eigentlich wäre es angebracht,
über diesen Erfolg zu sprechen bei der heutigen Kulturdebatte. Eigentlich.
Tatsächlich diskutieren wir heute hier einen
Misstrauensantrag gegen jenen Stadtrat, der unter anderem für diesen Filmerfolg
verantwortlich ist (Heftiger Widerspruch
bei der ÖVP und auch GRin Mag Marie Ringler winkt ab.) und der alles getan
hat in den letzten Jahren, um den Film verstärkt zu unterstützen.
Sehr geehrte Damen und Herren! Manchmal glaube ich,
ich bin im falschen Film. (Lebhafte
Zwischenrufe bei der ÖVP.) Stellen Sie sich folgenden Filmschnitt vor: Da
ist der oberste Repräsentant der Kultur- und Filmstadt Wien in Cannes bei der
Uraufführung jenes Films, der wenige Tage später mit der Goldenen Palme
ausgezeichnet wird, während zwei wenig bedeutende und wenig bekannte
Kulturpolitiker in Wien sich in einem Kaffeehaus zusammensetzen und einen
Misstrauensantrag gegen genau jenen Repräsentanten der Stadt Wien ankündigen.
Ich bin im falschen Film, und ich glaube, dass die Opposition sich das heute
noch einmal überlegen hätte können, ob das der passende Zeitpunkt ist. (Beifall
bei der SPÖ.)
Auch wenn Sie es nicht gerne hören: Dieser Stadtrat,
den Sie heute abwählen wollen, ist der Verantwortliche für die
Erfolgsgeschichte des Films und vieler anderer erfolgreicher Projekte in der
Wiener Kulturpolitik. Er ist verantwortlich für die höchste regionale
Filmförderung, die es in Europa gibt, er ist verantwortlich dafür, dass diese
höchste Filmförderung der Stadt Wien um 4,5 Millionen EUR erhöht
worden ist, er ist verantwortlich dafür, dass es einen neuen Fernsehfilmfonds
geben wird, und er ist verantwortlich dafür, dass es eine neue Film Commission
gibt, die unter anderem noch bessere Produktionsbedingungen für den
österreichischen Film bringen wird.
Sie haben nichts anderes zu tun, als genau zu diesem
Zeitpunkt gegen diesen Kulturstadtrat einen Misstrauensantrag zu stellen. Sehr
geehrte Damen und Herren, das ist einfach nicht nachvollziehbar, das ist
einfach absurd (GR Mag Wolfgang
Jung: Das haben Sie bei der Laska auch gesagt! Das ist ein Skandal!), und
es ist einfach nur erklärbar durch den beginnenden Wahlkampf, den die FPÖ vom
Zaun gebrochen hat und woran sich jetzt die ÖVP und die Grünen beteiligen. Nichts anderes ist die Ursache für diesen
politischen Schachzug der beiden Oppositionsparteien. (Beifall bei der SPÖ.)
Es ist tatsächlich einzigartig, wenn die grüne
Kultursprecherin sagt, das ist ein ungewöhnlicher Schritt. (GR Mag Wolfgang Jung: Sind Sie gegen das Kontrollamt?) Das
ist tatsächlich ein ungewöhnlicher Schritt. Dass zwei Parteien gemeinsam einen
Misstrauensantrag einbringen, ist nur erklärbar als Vorausleistung für eine
geplante Koalition von ÖVP und Grünen
in dieser Stadt. (Ironische Heiterkeit
und Zwischenrufe bei ÖVP und GRÜNEN.)
Und wenn die FPÖ heute hier sagt, sie wird das unterstützen, dann können
wir schon sehen, wir haben sehr klare Verhältnisse: Hier gibt es eine
erfolgreiche Wiener Stadtregierung und insbesondere einen erfolgreichen Wiener
Kulturstadtrat, auf der anderen Seite gibt es drei Oppositionsparteien, die
einen Wahlkampf wollen. Sie sind aber die Einzigen, die diesen Wahlkampf
wollen. Glauben Sie mir, die Wienerinnen und Wiener wollen diesen Wahlkampf
nicht, die wollen nächstes Jahr wählen. Die Wienerinnen und Wiener fühlen sich
belästigt von Ihren Wahlkampfaktivitäten. Und wir wollen diesen Wahlkampf auch
nicht (GR Mag Wolfgang Jung: Das glaube
ich, dass Sie den nicht wollen!), denn wir führen nicht Wahlkampf, sondern
wir arbeiten für diese Stadt. Wir arbeiten für diese Stadt, und wir arbeiten
für die Kultur in dieser Stadt. Und daher können wir da in Wirklichkeit nicht
mitgehen. (Beifall bei der SPÖ.)
Es ist auch sachlich nicht nachvollziehbar. (GR Dipl-Ing Martin Margulies: Oh ja!
Sachlich schon!) Dieser Misstrauensantrag ist sachlich nicht
nachvollziehbar. (GR Dipl-Ing Martin
Margulies: Es fehlen Millionen!) Die Kontrollamtsberichte werden von uns
sehr ernst genommen. (GR Dipl-Ing Martin
Margulies: Wie?) Wir haben tatsächliche viele Konsequenzen gezogen, und
wenn Sie alle Teile des Kontrollamtsberichtes lesen würden, dann würden Sie
auch sehen, dass in unzähligen Passagen vermerkt ist, dass die Vorschläge
aufgegriffen und umgesetzt werden. Das Kontrollamt hat das in seinem Bericht
auch anerkannt, und es ist daher besonders absurd, dass gerade jener
Kulturstadtrat zum Rücktritt aufgefordert wird, der auf Grund dieser
Kontrollamtsberichte bereits in den letzten Jahren Veränderungen durchgesetzt
und eine strukturelle und personelle Erneuerung dieses Bereiches eingeleitet
hat.
Der Reformkurs läuft in vielen
Bereichen voll. Die Zusammenführung der drei Häuser ist auf sehr gutem Weg, und
die neue Geschäftsführung hat bewiesen, dass sie nicht nur neu ist, sondern
dass sie auch einen neuen Weg geht: mehr Transparenz, mehr Kostenwahrheit, mehr
Gesprächskultur, eine andere Informationspolitik. Der neue Geschäftsführer ist
jetzt nicht einmal ein Jahr im Amt, und nach dem, was in diesem einem Jahr
schon an positiven Veränderungen passiert ist, muss man einfach sagen, wir
müssen dieser neuen Geschäftsführung auch das Vertrauen geben. Wir haben das
Vertrauen, und wir werden dieser neuen Geschäftsführung auch die Zeit geben,
alles umzusetzen. Es gibt ein neues Leitbild, es gibt Geschäftsberichte, es
gibt
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