Gemeinderat,
47. Sitzung vom 25.05.2009, Wörtliches Protokoll - Seite 71 von 88
politischen Gesellschaft,
dann werden wir das ernten, was wir hier säen. Ob das zu einer Verbesserung der
Situation unserer Stadt, zu einer Verbesserung der Situation unserer Bevölkerung,
zu einem stärkeren Zusammenhalt der Gesellschaft führt, wage ich ernsthaft zu
bezweifeln.
Ich appelliere heute, füge aber gleichzeitig hinzu,
ich werde auch persönlich und unter persönlichem Einsatz dafür sorgen, dass wir
in dieser Stadt einen Weg fortsetzen können, der zu jener Situation geführt
hat, in der Wien heute steht, als eine Stadt, die weltweit bewundert wird, als
eine Stadt des Friedens, als eine Stadt des Zusammenlebens, als eine Stadt der
Prosperität und des Wohlstandes. Dies ist alternativlos, aus meiner Sicht
heraus gesehen. Ich kann daher nur all jene warnen, die meinen, dass man diesen
Weg verlassen müsste. Nochmals, bei Anerkennung aller
Meinungsverschiedenheiten, die es gibt, ich stimme ausdrücklich einer
Auffassung zu, dass, da muss man nicht dazu übergehen und sagen, irgendwann
muss das einmal zu Ende sein, es sich in unserer Verantwortung befindet, dass
wir mit bestimmten Ereignissen besonders sensibel umgehen.
Ich bin kein Anhänger der Kollektivschuld, aber ich
bin ein Anhänger der Kollektivverantwortung und die haben wir hier zweifelsohne
wahrzunehmen und daher besondere Sensibilität an den Tag zu legen, was die
Frage des Antisemitismus betrifft. Ich bin selbstverständlich nicht der
Auffassung, dass eine politische Kritik an der Politik Israels per Definition
antisemitisch ist, so wie ich der Auffassung bin, dass das Existenzrecht
Israels korrespondiert mit dem Existenzrecht der Palästinenser. Aber all dies
sind Diskussionen, die wir auf respektvollem Niveau zu führen haben und die wir
letztendlich auch so auszutragen haben, dass sie sich weder antisemitisch noch
antiarabisch oder in Form einer Argumentation gegen die Religion des Judentums
oder gegen die Muslime darstellt. Ich bin davon überzeugt, so wie ich dies auch
gerade am vergangenen Feiertag gehört habe, dass tatsächlich bekennendes
Christentums etwas damit zu tun hat, dass man sich mit der Not der Menschen,
mit der Hilfe für notleidende Menschen und nicht mit Ausgrenzung des anderen
oder mit entsprechender Verachtung beschäftigt und nicht jemand anderem
Respektlosigkeit entgegenbringt. Ich denke, es ist daher wichtig, dass
Demokraten aus allen politischen Lagern, die sich als Demokraten auch
verstehen, sich zu diesem Grundkonsens bekennen und darauf verzichten, jenes
politische Kleingeld, vielleicht sind auch größere Münzen dabei, das mag sein,
zu schlagen, denn der Preis ist hoch. Der Preis, den wir dafür zahlen, können
uns unsere Großeltern, unsere Großväter, vielleicht auch vereinzelt unsere
Väter, entsprechend erzählen.
Ich appelliere und bitte daher heute von dieser
Stelle aus, dass wir diesen Grundkonsens nicht verlassen und wir uns daran
halten! (Beifall bei der SPÖ.)
Aber, Frau Klubvorsitzende, ich führe, und wir alle
sollten dies tun, diese Auseinandersetzung politisch und nicht administrativ.
Ich denke, dass wir nicht gut beraten sind, wenn wir sagen, die Stadt Wien -
nicht eine Partei - vergibt ihre Inserate nach dem Gutdünken der Blattlinie. Im
Gegenteil, ich denke, dass es ganz gut und richtig ist, wenn man beispielsweise
Inserate, die sich positiv, im Detail, mag sein, kritisch, das ist
demokratische Normalität, mit Europa auseinandersetzen, in jenen Blättern, wo
man vielfach anderes liest, inseriert. Ich denke, das macht Sinn. Ich denke, es
macht Sinn, in Blättern zu inserieren, die sich nicht besonders sorgfältig im
respektvollen Umgang miteinander darstellen, um genau diesen Respekt
einzufordern. Ich glaube, es macht Sinn, sich gerade dort zu präsentieren und
diese Informationen zu geben, wo all jene Maßnahmen, die wir in so großer Fülle
setzen, um etwa das Sprachenproblem und sohin das Kommunikationsproblem zu
lösen, abgelehnt und verächtlich gemacht werden. Ich denke, dass es durchaus
seinen Sinn hat, sich auf diese Art und Weise als Stadt mit jenen Punkten auseinanderzusetzen,
die notwendig sind.
Es ist nicht ganz ernst gemeint, wenn man meint, dass
eine tatsächliche Unterstützung eines Blattes sohin eine Existenzsicherung
eines Blattes darstellt. Das war mit Sicherheit eine überzogene Formulierung,
denn es kann niemand ernsthaft glauben, dass beispielsweise große Blätter wie
„Kurier" oder „Kronen Zeitung" von den Inseraten der Stadt Wien ihre
Existenz ableiten. Das gilt auch für kleinere Blätter entsprechend. Frau
Klubvorsitzende, ich glaube, Sie würden auch heftige Kritik an mir üben, wenn
die Stadt Wien tatsächlich so vorgehen würde und Inserate nur an Blätter
vergibt, die ihr genehm sind. Denn da würde ich Ihre Kritik dann entsprechend
teilen.
Ich sage daher noch einmal, ich führe mit großer
Leidenschaft und großem Engagement diese Auseinandersetzung um Demokratie und
Freiheit in diesem Land. Aber ich führe sie mit Sicherheit politisch, denn das
ist die einzige Form, wo wir am Ende des Tages in der Tat auch Erfolge erzielen
werden. (Beifall bei der SPÖ.)
In diesem Sinne, sehr geehrte Frau Klubvorsitzende,
darf ich Ihre Fragen nach Ihren Punkten hin beantworten oder dies zumindest
versuchen und konzentriere mich dabei auf jene Fragen, die in der Tat etwas mit
der Stadt Wien und der Verwaltung zu tun haben:
Zu Punkt 1: Der Presse- und Informationsdienst
der Stadt Wien veranlasst im Laufe eines Kalenderjahres rund 2 000
Einschaltungen in zirka 450 verschiedenen Publikationen, wobei Partei-
beziehungsweise parteinahe Produkte nicht davon ausgenommen sind. Ich möchte
ausdrücklich festhalten, dass es sich bei allen derartigen Aktivitäten um
Informationsweitergabe und nicht um Förderungen oder Subventionen handelt, denn
die grundsätzliche Intention einer Einschaltung ist, die Angebote und
Serviceeinrichtungen des Magistrats der Stadt Wien den Leserinnen und Lesern
der betreffenden Publikation näher zu bringen und umfangreich über das
Leistungsangebot der Stadt Wien zu informieren. Ich darf daran erinnern, dass
sich die Kommunikationsarbeit der Stadt Wien an alle Wienerinnen und Wiener
richtet und daher mit dem Ziel, möglichst die gesamte Wiener Bevölkerung zu
erreichen, umgesetzt wurde.
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