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Gemeinderat, 47. Sitzung vom 25.05.2009, Wörtliches Protokoll  -  Seite 73 von 88

 

die tatsächlich Antifaschisten und Antifaschistinnen sind, hin zu denen, die die „Kronen Zeitung" lesen und die FPÖ-Politik gutheißen, macht. Ich sage Ihnen gleich, das wird die SPÖ auf Dauer zerreißen. Entweder finden Sie zurück zu dem ersten Teil der Rede und lassen dem auch Politik und Taten folgen oder Sie landen tatsächlich leider im Fahrwasser der Freiheitlichen Partei, weil das hoffen die schon die ganze Zeit. Ich hoffe das nicht.

 

In Wirklichkeit haben wir jetzt einen Wahlkampf laufen, wo sehr viele Leute eine Weile lang bei Plakaten von der FPÖ gesagt haben: „Na ja, wieder so ein ausländerfeindliches Plakat. So ist es halt." Daran hat man sich teilweise gewöhnt. Es war fast schon Normalzustand. Man wartet eigentlich darauf, welches der Plakate es jetzt sein wird und welchen Blödsinn Sie diesmal draufschreiben werden. Es ist Normalzustand in diesem Land geworden. Die Aussagen von Herrn Strache sind die Kopien von früher. Auch das ist leider seit 20 Jahren Normalzustand in diesem Land. Aber jetzt ist es auf einmal ein bisschen viel geworden und das spüren die Leute. Deswegen reagieren auch viele. Das war halt ein bisschen viel auf einmal. Ebensee, Paintball-Spiele von irgendwelchen Jugendlichen bei einer Gedenkfeier, dazu noch die Verharmlosung von der Innenministerin, der Frau Fekter. Das war ein bisschen viel, kombiniert mit einem EU-Wahlkampf, wo plötzlich aus dem Nichts ein Veto gegen einen Israel-Beitritt auftaucht. Was soll das sein außer blanker Antisemitismus? Nachdem niemand darüber redet, was ist das sonst außer dem Bedienen von Antisemitismus in diesem Land, in dieser Stadt? Natürlich ist es nichts anderes und das wissen auch die Parteistrategien.

 

Plus der Martin Graf, der vorher gewählt worden ist, wo sich jeder Sozialdemokrat herumdrückt. Die haben noch einen Vorteil, weil in etwa wenigstens die Hälfte der SPÖ-Riege im Nationalrat den Graf nicht gewählt hat. Bei der ÖVP gibt es meiner Information nach zwei Personen, die sich gegen den Vorschlag von Karlheinz Kopf ausgesprochen und nicht für Martin Graf gestimmt haben. Aber die Schande dieser Republik, und deswegen tragen auch viele meiner Kollegen und Kolleginnen dieses T-Shirt, das ich auch trage: „Eure Schande heißt Martin Graf." Da gibt es Tumulte, wenn man das im Nationalrat sagt. Aber die Wahrheit ist, das mit dem Usus kann man sich aufzeichnen, weil das stimmt nämlich nicht. Wenn der Usus wäre, dass der dritte immer automatisch gewählt werden müsste, müssten ja immer ähnliche Stimmverhalten sein. Der Martin Graf hat aber mehr Stimmen als alle seiner Vorgänger und Vorgängerinnen aus der FPÖ und von den Grünen gehabt. (Beifall von GR Mag Johann Gudenus, MAIS.) Das freut die FPÖ. Einen Teil dieser Stimmen hat er von der Sozialdemokratie gekriegt. Bis heute gibt es keine Entschuldigung von irgendjemandem, der zugestimmt hat, sondern es gibt genau das, was wir heute bei der Rede des Bürgermeisters gehört haben, nämlich „Usus", „notwendig", „kann man nicht anders".

 

Am 8. Mai 2009 haben die Grünen eine Kranzniederlegung beim Morzinplatz gemacht, der Tag der bedingungslosen Kapitulation von Nazi-Deutschland/Österreich. An dem Tag trauern andere. Wir feiern den Tag als Befreiungstag. Von der IKG, der Israelitischen Kultusgemeinde, war der Herr Fastenbauer, der Generalsekretär, da und hat eine sehr mutige, eine sehr scharfe Rede gehalten und diesen Grundkonsens in Frage gestellt, nämlich, wer die Opfer in diesem Land sind und wer die Täter sind und wer wie viel Aufmerksamkeit bekommt. Er hat eine Geschichte erzählt, die ich sehr bezeichnend für dieses Land gefunden haben. In einem kleinen Dorf am Land wurde eine Tafel angebracht und er wurde eingeladen, darüber zu reden, was man auf die Tafel schreibt, wo man sie hinhängt, wie man das Ganze begeht, eine Tafel für umgebrachte Juden und Jüdinnen aus der Ortschaft. Die Tafel hätte aufgehängt werden sollen, als er das erste Mal hingefahren ist. Links eine Tafel für die Täter und Gefallenen vom Ersten Weltkrieg, rechts eine Tafel vom Zweiten Weltkrieg, jeweils nur Gedenken an die Soldaten und in die Mitte wollte man eine Tafel mit den Opfern des Zweiten Weltkrieges hängen. Sagt der Herr Fastenbauer: „Das ist irgendwie ein Umgang mit Geschichte, das hätte ich lieber gerne anders." Das war dann auch kein Problem und der Bürgermeister dieses Dorfs und der Gemeinderat haben sich darauf geeinigt, einen anderen Platz zu finden. Der Bürgermeister sitzt auch im Nationalrat. Der Herr Fastenbauer hat gesagt, das sei ein engagierter Bürgermeister, der in dieser Frage eindeutig glaubwürdig ist. Er hat aber natürlich mitgestimmt bei der Martin-Graf-Abstimmung. Jetzt fragt der Herr Fastenbauer den Herrn Bürgermeister: „Wie haben Sie denn da gestimmt? Weil nach allem, was ich von Ihnen höre, müssen sie am Schluss eindeutig gegen den Graf gestimmt haben." Die Antwort war genau das Österreichische, was wir seit Jahrzehnten haben - Sie wissen jetzt auch, wie die Geschichte ausgeht: „Sie wissen eh, die Partei hat gesagt, man muss tun, es ist Usus und am Schluss kommt der Martin Graf heraus."

 

Das ist der Usus, den es in diesem Land zu ändern gilt. Genau darum geht es. Es geht nicht darum, uns gegenseitig zu sagen, wir sind alle Antifaschisten, wir sind alle gegen Rassismus, wir sind alle Antifaschistinnen und so weiter und so fort. Darum geht es nicht, sondern es geht darum, tatsächlich Politik in Handlung umzusetzen.

 

Am letzten Wochenende schon wieder, ich weiß nicht, ob das überhaupt schon alle mitbekommen haben. Wieder eine Feier in Oberösterreich, angemeldet als Geburtstagsfeier, endet in einem Eklat, weil die Leute mit Hakenkreuzbinden kommen und irgendetwas feiern, was auch immer das war. Der Wirt ist entsetzt, das dauert ein bisschen, weil die sind ja nicht so hineinmarschiert. Die Polizei wird gerufen, die machen sich einen Spaß daraus, wollen brav mitfeiern und sagen, Oberösterreicher sind lustige Leute. Das finde ich keine besonders witzige Angelegenheit. Die Gäste konnten nicht mehr befragt werden, weil die einen sind einfach abgehauen, feig verschwunden, und die anderen waren so angetrunken, dass sie nicht mehr des Sprechens mächtig waren.

 

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