Gemeinderat,
48. Sitzung vom 23.06.2009, Wörtliches Protokoll - Seite 11 von 102
in den
Dienstleistungsbereich irgendwann einmal überschwappen und dann sieht es nicht
sehr gut aus. Damit sollte man nicht spaßen. Da geht es um soziale Existenzen
von vielen hunderttausenden Wiener Familien, gerade in Wien, und die sind ja
besonders wichtig und das sollte man auch hier gerade bei der
Umweltpolitikdebatte nicht ganz außer Acht lassen.
Doch die Folge
Ihres KliP, dieses Klimaschutzprojekts, ist leider ja auch nicht so - und das
können Sie ja auch objektiv nachrechnen -, dass es weniger CO2 gibt,
so wie Sie es angekündigt haben, sondern mehr. Und was ist jetzt die Antwort?
Wir haben es vor Kurzem wieder erfahren: Noch mehr Konzeptpapiere. Also an
Konzepten mangelt es ja dieser Stadt wirklich nicht. Jetzt wird ein so
genanntes KliP II-Projekt aufgesetzt. Das ist auf 250 Seiten übrigens
sehr lieblos layoutiert ohne großartigen Neuerungsansatz hier ausgebracht. Ich
weiß jetzt nicht, was es wirklich bringen sollte. Wir werden ja gespannt sein,
welche Ideen von Ihnen in den nächsten Monaten, wo die Begutachtung läuft, noch
kommen werden. Ich denke, es ist schlicht und einfach nur notwendig, dieses
KliP I und die Maßnahmen, die dort stehen, anzugehen und umzusetzen. Dann
brauchen wir kein neues Projekt, dann brauchen wir kein KliP II, sondern einfach
nur jene Maßnahmen, die im ersten Projekt auch tatsächlich niedergeschrieben
worden sind, dann wirklich auch anzugehen. Es reicht ja nicht, Hochglanzpapiere
zu machen. Man muss auch etwas umsetzen.
Aber meine
Befürchtung ist noch eine andere, nämlich dass das KliP II eigentlich zur
inhaltlichen Grundlage für eine PR-Kampagne für die kommende Wahlbewegung
werden wird. Jetzt wissen wir leider aus der Vergangenheit, dass sich die Frau
Stadträtin in der Selbstdarstellung in Sachen Umweltpolitik doch sehr berufen fühlt.
Nun mag Selbstmarketing durchaus mit eine Aufgabe eines Stadtrats oder einer
Stadträtin sein. Aber mangelnde Erfolge in der Klimaschutzpolitik dürfen nicht
durch freundlich lächelnde Ressortleiter ersetzt werden. Besser wäre es, wenn
man in dieser Stadt im Bereich der Energiepolitik auch Zeichen setzen würde,
nämlich im Bereich der erneuerbaren Energieträger und dort eine Solaroffensive
setzt, die diesen Namen auch verdient. Den Lippenbekenntnissen nach bekennt
sich natürlich die SPÖ-Wien zu der Solaroffensive, doch die Realität sieht ganz
anders aus.
Ein Beispiel
von vielen: Anstatt auf Solarautos zu setzen, das übrigens in vielen Städten
weltweit heute gang und gebe ist, auch die Automobilindustrie setzt sehr stark
auf solche Antriebssysteme - was macht die Wiener SPÖ? Sie forciert weiterhin
Gasautos, um Wien Gas indirekt zu subventionieren. Jetzt frage ich mich
wirklich: Ist Gas offenbar bei der SPÖ ein nachhaltiger Treibstoff, ein
nachhaltiges Energieelement? (GR Ernst
Nevrivy: Das haben wir Ihnen eh schon erklärt!) Ich kann es mir nicht
vorstellen, dass sie das wirklich glaubt. Ich weiß, das ist einfach eine
Möglichkeit, das eigene Unternehmen zu fördern, das Deckmäntelchen „Umwelt“
hier drüber zu geben und in Wirklichkeit nichts für die Ökologie zu tun, weil
offenbar Elektroautos, da gibt’s keine Möglichkeit für die SPÖ-Wien, irgendwo
was in ihrem städtischen Umfeld mitzunehmen, mitzuschneiden und damit ist man
einfach nicht interessiert.
Sehr geehrte
Damen und Herren, das ist nicht nur die falsche Verkehrspolitik, das ist die
falsche Umweltpolitik. Führen Sie die von Ihnen abgeschaffte Förderung von
Elektrofahrzeugen wieder ein, damit in der Stadt ökologisch wieder etwas
weitergeht.
Leider zieht
sich die Geringschätzung des Umweltschutzes, die sicherlich im Interesse der
Bevölkerung ist, wie ein roter Faden durch den Rechnungsabschluss. Ich glaube,
Sie wären gut beraten, diesen roten Faden des Nichthandelns endlich zu
durchtrennen, sonst werden es die Wählerinnen und Wähler tun. Sie haben ja schon
erste Anzeichen für Ihre Wahlresultate in den letzten Wochen erhalten. Ich
bitte Sie, schaffen Sie doch endlich eine aktive Umweltpolitik, die nicht nur
schönfärberisch agiert, sondern wirklich auch mit Konzepten arbeitet. Denn viel
Zeit bleibt ja nicht, mit der noch vorhandenen absoluten Mehrheit, mit der Sie
hier da sitzen, meine sehr geehrten Damen und Herren der SPÖ, diesen
katastrophalen Rechnungsabschluss und viel wichtiger noch, diesen politischen
Rechenschaftsbericht, den Sie damit ablegen, einmal noch durchzupeitschen. Wir
werden diesen verfehlten Weg mit Ihnen nicht mitgehen. (Beifall bei der ÖVP.)
Vorsitzender
GR Godwin Schuster: Als
Nächster zum Wort gemeldet Herr GR Mag Wutzlhofer. Ich erteile es ihm.
GR Mag Jürgen Wutzlhofer (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates):
(Der Redner bringt ein Plakat zum
Rednerpult mit. GR Mag Rüdiger Maresch: Jöh, was ist denn das? – Heiterkeit bei
den GRÜNEN.) Ihr müsst’s geduldig bleiben, das Taferl kommt später.
Ich
möchte mit einer möglichen Erklärung für die Analyse meines Vorredners, dass
das eines der dunkelsten Kapitel des Rechnungsabschlusses aus seiner Sicht ist,
beginnen. Wenn man wie Blinde durch die Welt geht, dann ist jedes Thema, das
man betrachtet, besonders dunkel. Was natürlich aber eine mögliche Erklärung
dafür ist, was wir alles nämlich offensichtlich im Umweltbereich anders sehen.
Aber der Metapher folgend, dass unter den Blinden Einäugige Könige sind,
versuche ich ein Auge auf die Umweltpolitik zu werfen und ein bissel von einer
anderen Seite zu betrachten.
Ich
bin der Meinung, dass die Krise, von der wir gestern gerade im Finanzbereich
relativ viel gesprochen haben, alles andere ist als nur eine Finanzkrise. Das
ist ja relativ banal, weil mit dem freien Auge erkennbar. Ich bin der Meinung,
sie ist auch nicht nur eine Wirtschaftskrise, wir erleben eine
Gesellschaftskrise, nämlich eine Krise der fehlenden Nachhaltigkeit. Wenn man
sich den Nachhaltigkeitsbegriff vergegenwärtigt, ein Begriff, der auf drei
Säulen beruht, dann kommt man sehr schnell zu dem Schluss: Die drei Säulen sind
immer ökonomische, soziale und ökologische Nachhaltigkeit und kommt ein Träger
dieses Dreibeins zu kurz, dann fällt alles um. Und
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