Gemeinderat,
48. Sitzung vom 23.06.2009, Wörtliches Protokoll - Seite 35 von 102
und Herren von
der SPÖ, warum man, um das alles gewährleisten zu können, für ein
österreichisches Kind 135 EUR braucht, und warum man ausgerechnet für ein
Kind, das ein unbegleiteter minderjähriger Flüchtling ist, für dieselbe Aufgabe
nur 75 EUR braucht! Das soll mir irgendjemand einmal schlüssig erklären.
Denn eigentlich wäre es ja so, dass ich für ein traumatisiertes Kind noch ein
bisschen mehr als für ein anderes brauche.
Jetzt haben
wir in Wien 102 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, und es funktioniert
nicht. Es ist bislang einfach nicht möglich, diese Stadt dazu zu bringen, für
unbegleitete minderjährige Flüchtlinge dasselbe Geld auf den Tisch zu legen wie
für die österreichischen Kinder, die ebenfalls in der Obsorge der Stadt Wien
sind. So kann es nicht sein! Es kann nicht zwei Klassen von Kindern geben.
Wenn Ihnen die
österreichischen Gesetze wurscht sind, und wenn Ihnen der
Verfassungsgerichtshof vielleicht wurscht ist, dann haben Sie sich immer noch
an die UNO-Konvention über die Rechte des Kindes zu halten, wo ganz klar
festgelegt ist, dass alle bis 18 gleich behandelt werden müssen. Ich verlange
die Gleichbehandlung der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge! (Beifall bei den GRÜNEN.)
So, das war's,
das war einmal mein Herzenspunkt. Den habe ich somit angebracht, und nun möchte
ich gerne noch ein kleines bisschen zu anderen Dingen sagen, zum Beispiel dazu,
dass es in Wien wirklich nicht leicht ist, eine gute Schule für sein Kind zu
finden, also auch für den Sechsjährigen, für die Sechsjährige, die erstmals in
die Schule kommt.
Viele von uns,
gerade viele von denen, die sich hier im Saal befinden, wünschen sich eine
moderne Schule, die tatsächlich eine Pädagogik vom Kind aus macht. Da gibt es
einige in Wien. Da gibt es Mehrstufenklassen, da gibt es Freinet-Klassen, da
gibt es Montessori-Klassen, da gibt es vieles, was gut und schön ist. Da wurde
in den letzten 20 Jahren auch einiges geleistet. Aber das ist zu wenig!
Die Leute
können ja nicht quer durch Wien fahren, um eine solche Schule für ihr Kind zu
finden. Dann können sie immer noch Glück oder Pech haben, weil die LehrerInnen
mehr oder weniger gut sind, die man gerade findet, wie das eben so ist. Das ist
in jeder Berufsgruppe so, so ist es. Aber was diese Stadt verabsäumt hat und
nach wie vor verabsäumt, ist, im eigenen Bereich, völlig unter Absehung von
Bundesschulgesetzen, das Optimale an innovativer Pädagogik für jeden
Schulstandort herauszuholen. Das wurde nicht geleistet, und so stehen wir jetzt
da und suchen nach wie vor nach guten Schulen, wenn unsere Kinder in die
1. Klasse kommen.
Ich sage es
nicht gern, aber würden die kleinen Kinder in der Schule das Laufen lernen -
ich kann Ihnen versichern, unsere Gehsteige wären gefährliche Orte! Sie würden
es nämlich wahrscheinlich nicht gut erlernen. Deswegen möchte ich Ihnen, obwohl
meine Zeit schon sehr im Laufen ist, etwas Kurzes vorlesen, was Celestin
Freinet geschrieben hat und was ich für so typisch halte - er war selbst
Pädagoge, er darf das sagen; ich bin auch Pädagogin und darf das auch sagen,
ich beschimpfe mich ja nicht selbst: „Seien wir ehrlich: Wenn man es den
Pädagogen überlassen würde, den Kindern das Fahrradfahren beizubringen, gäbe es
nicht viele Radfahrer. Bevor man auf ein Fahrrad steigt, muss man es doch
kennen, das ist doch grundlegend, man muss die Teile, aus denen es zusammengesetzt
ist, einzeln von oben bis unten betrachten und mit Erfolg viele Versuche mit
den mechanischen Grundlagen der Übersetzung und mit dem Gleichgewicht
absolviert haben. Danach, aber nur danach, würde dem Kind erlaubt, auf das
Fahrrad zu steigen."
Es geht dann
eine Weile dahin, aber er sagt auch, wie Kinder eigentlich das Fahrradfahren
lernen. Viele von Ihnen werden sich vielleicht noch erinnern: Man schnappt sich
ein völlig ungeeignetes Gefährt, steigt auf, fährt in den nächsten Graben
hinein, holt es wieder heraus und probiert es noch einmal, fällt hin, steigt
wieder auf, und irgendwann kann man Fahrrad fahren. In der Schule würde man es
nicht lernen.
Ich habe
großes Interesse an allem, was an Schulen in Wien in einer positiven
Entwicklung steht und innovativ ist. Vieles davon ist nachzulesen in Broschüren
des Stadtschulrates. Es gibt so viel, aber: Bitte machen Sie das in der
nächsten Schule neben mir, damit mein Kind dort auch hingehen kann! Das ist
das, was die Eltern von Ihnen wollen. Sie wollen Schulen, in die man die Kinder
gerne hingibt und in die die Kinder vor allem gerne gehen. Deswegen bringe ich
jetzt einen Antrag ein, der da lautet:
„Der
Gemeinderat fordert den Herrn amtsführenden Stadtrat für Bildung, Jugend,
Information und Sport auf, die nötigen Schritte zu setzen, damit das Angebot an
innovativer Pädagogik in Wien deutlich erweitert wird."
Was da sonst
noch stand, haben wir weggestrichen, damit Sie mitgehen können. In formeller
Hinsicht beantrage ich die sofortige Abstimmung dieses Antrages.
Die
Janusköpfigkeit der SPÖ, das war eigentlich mein schönster Aufsatz. Eigentlich
war er wirklich schön, aber ich bringe ihn jetzt nicht mehr unter, wir können
ihn uns also ersparen. Ich bringe jetzt einmal nur meine zwei Anträge ein, die ich
noch habe.
Der eine
Antrag bezieht sich auf die Vorschulklassen des 1+1 Fördermodells. Ich weiß,
wir sind unterschiedlicher Ansicht. Meine Ansicht, ganz knapp auf einen Punkt
gebracht, lautet: Die Vorschulklassen sind ausländerfeindlich, die Vorschulklassen
sind fehlgeleitete Gedanken, um vor der Wahl geschwind noch den Freiheitlichen
recht zu geben und den Eltern zu sagen, es wird dort ohnehin nicht so viele
Kinder geben, die nicht gut Deutsch können. Es ist eine klassische Maßnahme vor
der nächsten Wahl, wo Sie mit der FPÖ gehen.
Ich
hoffe, nach der Wahl lässt sich das wieder kurieren, und dahin geht auch mein
Beschlussantrag. Ich hätte gern, dass diese Vorschulklassen wegkommen und durch
ein integratives Fördermodell ersetzt werden, und fordere den Herrn Stadtrat
auf, ein derartiges Modell vorzulegen, und fordere die SPÖ im Speziellen auf,
das
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