Gemeinderat,
48. Sitzung vom 23.06.2009, Wörtliches Protokoll - Seite 49 von 102
der
Geburtshilfe. Vielleicht haben Sie heute den Kommentar von Herrn Prof
Rockenschaub gelesen, einem Doyen in der Geburtshilfe mit großen Verdiensten,
der sich über die Kaiserschnittraten in Österreich und speziell in Wien ein
weiteres Mal und zu Recht beklagt. Ich werde mir auch die Freiheit nehmen, ihm
unseren Beschluss- und Resolutionsantrag zukommen zu lassen, wo wir uns mit der
Situation der Geburtshilfe in den öffentlichen Krankenanstalten
auseinandersetzen und wo wir uns ein weiteres Mal die Kaiserschnittraten
ansehen, die es in Wien gibt, denn die sind explosionsartig gestiegen. Allein
zwischen 2002 und 2008 die Zahlen zu vergleichen, ist ein Einblick in eine
Entwicklung, die nicht nur dem Herrn Prof Rockenschaub zu Besorgnis Anlass
gibt. Wenn man hier in den Krankenhäusern schaut und das ist jetzt die
Semmelweiß-Frauenklinik, das Haus von Prof Rockenschaub, die im Jahr 2002
15,3 Prozent Kaiserschnittraten hatte und noch vor 25 Jahren war man bei
unglaublichen 1,05 Prozent! Das muss man sich einmal vorstellen! Im Jahr
2002 war man auf 15,3 Prozent und im Jahr 2008 schon auf 26 Prozent!
Und das ist nicht das Ende der Fahnenstange. Im AKH liegt man mittlerweile bei 50 Prozent
und unter 20 Prozent ist keine einzige geburtshilfliche Abteilung in
dieser Stadt. Da wird den Frauen vorgemacht, es gebe einen Kaiserschnitt, der
soft wäre. Da wird den Frauen vorgemacht, dass das eine gesunde Alternative zur
natürlichen Geburt wäre und es wird tatsächlich der Geburtsvorgang
pathologisiert, den Frauen enteignet und technisch meistens den männlichen
Geburtshelfern in die Hand gegeben. Die Frauen und die Hebammen haben wenig zu
sagen. Und all das wird noch verbrämt als besonders sichere, als besonders
schonende Methode. Viele Frauen, und nicht nur die Hebammen, haben große
Zweifel, dass diese Entwicklung den Frauen dient, dass diese Art, Sicherheit
vorzugaukeln, tatsächlich Sicherheit stiftet.
Wir stellen in
diesem Zusammenhang, weil wir uns Sorgen um die Frauen machen, einen
Beschlussantrag, wo gebeten wird, dass die Frau Stadträtin eine unabhängige
Studie in Auftrag geben möge, in der die massiv gestiegenen Kaiserschnittsraten
dargestellt werden und wo insbesondere untersucht wird, ob dieses Mehr an
Technisierung auch ein Mehr an Sicherheit bedeutet, wie die Wochenbettverläufe
nach dem Kaiserschnitt sind, wie sich die soziale und gesundheitliche
Entwicklung des Kindes abbilden lässt, und, und, und. Also viele Fragen, von
denen wir meinen, dass sie wichtig sind, dass man sie in der Stadt weiß und
dass man die Frauen tatsächlich beraten kann. Ich verhehle nicht, für die
GRÜNEN zu sagen: Wir meinen, dass der Kaiserschnitt gut und segensreich dort
ist, wo es darum geht, Gefahr für Mutter und Kind abzuwenden, aber dass es sehr
in Frage zu stellen ist, dass er als diese moderne und die einfache und die
empfehlenswerte Art des Gebärens verkauft wird.
Ich bleibe bei
den Kindern und Jugendlichen und ich komme zu einem Thema, das uns hier bei
vielen Sitzungen beschäftigt hat, die kinder- und jugendpsychiatrische
Versorgung. Da sollte man meinen, aus der Untersuchungskommission und den
Kontrollamtsberichten hätte man gelernt, dass die Versorgungssituation
insbesondere bei den Kindern verbessert und sichergestellt werden soll. Und
weil in vielen Bereichen die Stadt ohnehin nicht das tut, was sie soll, sieht
man und muss man froh sein, sind wir froh, dass es auch andere gibt, die hier
durch ihre Initiative, durch ihre Einrichtungen, die sie anbieten, in die Bresche
springen, unter anderem das SOS-Kinderdorf im 21. Bezirk.
Ich habe mir die Einrichtung einmal angeschaut. Es ist
eine hervorragende Einrichtung und man sieht, dass man dort für die Region,
also für den Teil der Stadt, der besonders schlecht versorgt ist, stationäre,
tagesklinische und ambulante Versorgung hat, insbesondere eine tagesklinische
Einrichtung mit 6 beziehungsweise künftig in Vollbetrieb 12 Betten. Und man
hätte seitens der Stadt, seitens der VBgmin Laska zugesagt, diese Einrichtung
zu fördern und man hat jetzt guten Grund und Anlass, angesichts der
Versorgungsdefizite das zu tun. Es wären 350 000 EUR für das Jahr
2009 in Aussicht genommen und 700 000 für das kommende Jahr.
Jetzt
entnehmen wir der „Kronen Zeitung“ und dem „Heute“, dass die Tagesklinik vor
dem Aus steht und zwar schlicht und einfach deshalb, weil die Zusage, die Frau
VBgmin Laska gegeben hat, offensichtlich der Frau StRin Wehsely und Herrn StR
Oxonitsch nicht verbindlich ist und die SOS-Kinderdorfeinrichtung für die
Tagesklinik vor dem Aus steht. Tatsächlich ist die Rede davon, dass sie schon
per 1. Juli schließen müssten. Das kann hier in dieser Stadt doch nicht
wahr sein, und das kann nicht im Interesse der Stadträtin sein, dass sie die
scharfe, die schlechte, die prekäre Versorgungssituation weiterhin verschärft.
Und wir
bringen einen entsprechenden Antrag ein:
„StRin Wehsely
und StR Oxonitsch werden ersucht, sicherzustellen, dass der laufende Betrieb für
die Kinder- und Jugendpsychiatrische Tagesklinik des SOS-Kinderdorfes im
21. Bezirk ab sofort finanziell gesichert ist und damit die Schließung zum
30. Juni 2009 verhindert wird.
Hinsichtlich
der Bewertung des Antrages ersuche ich um sofortige Abstimmung.“ (Beifall bei den GRÜNEN.)
Wir bleiben
bei den Kindern und Jugendlichen: Ich komme zum Schularztwesen in dieser Stadt,
das uns in den letzten Monaten beschäftigt hat. Sie erinnern sich vielleicht
daran, dass man seitens des Verantwortungsbereiches der Frau StRin Wehsely
auf unzulässige Weise versucht hat, hoch sensible gesundheitsbezogene Daten
sowohl von Eltern als auch von Kindern unter Missachtung aller
Datenschutzbestimmungen, ohne irgendeine Art von Diskretion hinsichtlich der
Personen und ihren persönlichen Daten für eine Studie zu verwenden.
Es brauchte
die Ansage der Ärztekammer, dass diesbezüglich in ärzterechtlicher und
strafrechtlicher Hinsicht Schritte zu erwarten sind, wenn die Verantwortlichen
bei der Vorgangsweise blieben. Dann wurde zurückgerudert; man hat eingesehen:
So geht es nicht.
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