Gemeinderat,
48. Sitzung vom 23.06.2009, Wörtliches Protokoll - Seite 52 von 102
letzten
eineinhalb Tagen sehr viel Eigenlob von der Regierungspartei gehört. Die Frau
Vizebürgermeisterin hat sich fast überschlagen vor Lobhudelei: Wien ist super!
Klubobmann Lindenmayr – er ist jetzt nicht da – hat gejubelt, dass die
Ausgaben im Sozialbereich der Stadt gestiegen sind. – Bravo!
Eigenlob und
Selbstbeweihräucherung der Alleinregierung täuschen nicht darüber hinweg, dass
die Politik einer Regierung an den Ergebnissen zu messen ist. Punkt. Und Fakt
ist: Die Zahl der Sozialhilfeempfänger hat sich in den letzten fünf Jahren um
30 Prozent erhöht! Wien erreicht heuer fast eine Marke von 100 000
Personen, die Sozialhilfe empfangen. Das entspricht in etwa der Größe von Klagenfurt.
Jubelmeldungen und Jubelinserate sind daher wahrlich nicht angebracht. Wien hat
nach wie vor die höchste Arbeitslosigkeit, und bei dem enorm hohen
Arbeitslosenniveau ist der geringere Anstieg wirklich kein Kunststück! (Beifall bei der ÖVP.)
Die
Frau Vizebürgermeisterin bringt aber das Kunststück zusammen, das sogar noch
ins Positive zu rücken. Sie hat nämlich gesagt: Wir sind weit besser als andere
Bundesländer! – So ihr Kommentar.
Meine Damen
und Herren! Auf Ihr Argument der gering steigenden Arbeitslosenrate kann man
nur antworten: Auf diesem schaurig hohen Niveau scheinbar besser dazustehen,
ist eine SPÖ-Faktenbeugung in Reinkultur! (Beifall
bei der ÖVP.)
Meine
Damen und Herren! Wir sagen das nicht zum ersten Mal, das hat schon eine lange
Vorlaufzeit, nämlich auch in der Zeit, in der es keine Krise gegeben hat. Das
ist der Beweis einer falschen Beschäftigungspolitik und Bildungspolitik in
dieser Stadt! Eine gute Wirtschaftspolitik ist nämlich die beste Sozialpolitik
und auch die beste Arbeitsplatzpolitik. Das haben Sie aber seit Jahren nicht
zusammengebracht! (Beifall bei der ÖVP.)
Frau
Finanzstadträtin Brauner soll einen kritischen Blick auf die Zahlen der
Sozialstatistik werfen, anstatt durch launige Vergleiche mit
Asterix & Co von den Problemen in Wien abzulenken! Das wäre
notwendig, meine Damen und Herren! Vom heldenhaften Widerstand gegen die
Wirtschaftskrise kann nämlich überhaupt keine Rede sein! (Beifall bei der ÖVP.)
Bei
den Mobilpässen kommt die Stadt auf Grund des Andrangs mit dem Ausstellen beziehungsweise
mit dem Verlängern gar nicht mehr nach. Für die Frau Finanzstadträtin ist aber
alles paletti. Es werden allerdings die Tarife bei den Wiener Linien erhöht,
und das ohne nennenswerten Servicezuwachs. Es geht Ihnen darum, den Menschen
immer wieder Geld aus der Tasche zu ziehen. Meine Damen und Herren, in der
Krise Gebühren zu erhöhen, ist besonders unsozial!
Daher
bringen mein Kollege Mag Gerstl und ich gerade im Zusammenhang mit den
öffentlichen Verkehrsmitteln einen Antrag betreffend Freifahrt für Senioren ab
70 ein. Es gibt viele positive Beispiele dafür in Europa. Da Sie ja Ihrer
Meinung nach überall die Nummer 1 sind, könnten Sie auch in diesem Bereich
zeigen, dass Sie die Nummer 1 sind, und diesen Antrag von uns annehmen.
„Die
Frau amtsführende Stadträtin für Gesundheit und Soziales möge sich gemeinsam
mit der Frau Stadträtin für Finanzen und Wirtschaftspolitik dafür einsetzen,
dass Personen ab Vollendung des 70. Lebensjahres die kostenlose Benützung
öffentlicher Verkehrsmittel in Wien ermöglicht wird." (Beifall bei der ÖVP.)
Statt aber die
Bürger zu entlasten, stehen PR-Aktionen ständig auf der Tagesordnung an
oberster Stelle. Hauptsache ist, die Fotos sehen nett aus, die dann in den diversen
Hochglanzmagazinen der Stadt Wien abgedruckt werden.
Als Beispiel
greife ich aus einer Vielzahl von Themen eines heraus, und zwar deshalb, weil
die Frau Vizebürgermeisterin das auch in ihrer Rede als besonders positiv
herausgestrichen hat, nämlich den Gratisfernwärmeanschluss für
HeizkostenzuschussbezieherInnen. Sie subventionieren damit mit 3 Millionen
EUR Steuergeld in erster Linie die Fernwärme Wien. Mit sozialem Engagement hat
das wenig zu tun. Von dieser Maßnahme profitieren nämlich nur jene Personen,
die einen Fernwärmeanschluss im Haus vorinstalliert haben. Alteingesessene
Bewohner von Gemeindebauten, deren Wohnungen bei der Übergabe noch nicht
adaptiert oder modernisiert wurden, haben von dieser Aktion rein gar nichts.
Und das sind nicht die Reichsten der Gesellschaft!
Dass Fernwärme
aus energiepolitischer und wirtschaftlicher Sicht nicht das Gelbe vom Ei ist,
wenn man die hohen Fixkostenanteile bedenkt, sei hier nur am Rande erwähnt. Um solche
Banalitäten kümmert sich weder die Frau Finanzstadträtin noch die Frau
Sozialstadträtin. Der Wahn der Wiener SPÖ, über alles zu jubeln, überdeckt das.
Meine Damen
und Herren! Es ist wirklich an der Zeit, dass frischer Wind nach Wien kommt!
Die Selbstzufriedenheit und Bequemlichkeit der SPÖ-Stadtregierung haben wir
Wienerinnen und Wiener schon lange satt!
Ich möchte
heute auch noch über etwas sprechen, worüber ich mich gestern sehr geärgert
habe: Es steht hier ein Rechnungsabschluss zur Debatte; 11 Milliarden EUR
sind zu verantworten. Diese haben Sie zu verantworten! Das ist Geld der
Bürgerinnen und Bürger. Die Frau Finanzstadträtin hält ihre Rede, und
anschließend verlassen alle Mandatare inklusive Bgm Häupl und inklusive der
Stadträte – fast fluchtartig! – den Saal. Und das war es! Bei der
ersten Rede einer Oppositionspolitikerin, nämlich jener von Frau Kollegin
Vassilakou, waren sieben Personen von Ihrer Partei anwesend, bei der Rede des
Kollegen Tschirf waren es acht Personen!
Ich finde das
ungeheuerlich! Damit zeigen Sie in einer Art, die wir ja schon kennen: Wir sind
wir! Wir behandeln jetzt diesen Rechnungsabschluss! Was interessiert uns, was
die Opposition zu reden hat? – Daher ist es wirklich an der Zeit, dass Sie
endlich einmal abgewählt werden! (Beifall
bei der ÖVP.)
Man
kann durchaus über den Anachronismus reden, ob diese Debatten überhaupt so
stattfinden sollen. Ich bin der Meinung, das gehört modernisiert. Dann müssen
Sie es aber ändern! Und wenn Sie es nicht ändern, dann ist es Ihre verdammte
Pflicht, auch hier anwesend zu
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