«  1  »

 

Gemeinderat, 48. Sitzung vom 23.06.2009, Wörtliches Protokoll  -  Seite 59 von 102

 

gefragt ist, wie Reformen in SeniorInnenberatungszentren und in Sozialzentren zeigen.

 

Ich hoffe, dass man die Kritik ernst nimmt, die Vorschläge aufgreift und das neu organisiert.

 

Wenn man so viel Geld in der Bauwirtschaft ausgibt, was ich nicht für falsch halte, müsste man sich aber auch überlegen, ob man nicht für Sozialberufe sehr viel mehr Geld ausgeben könnte. Wenn man den Zahlen Glauben schenkt, die nicht von den GRÜNEN kommen, sondern von Institutionen, die mit uns eher weniger zu tun haben, dann wäre das arbeitsplatzintensiver, denn dort sollen ja am Schluss nicht Maschinen arbeiten, sondern es sollen Menschen arbeiten. In den Pflegeberufen brauchen wir Leute, SozialarbeiterInnen fehlen in Wien an allen Ecken und Enden. Da kann man mit gleich viel Geld sehr viel mehr Arbeitsplätze schaffen.

 

Das sagen nicht die GRÜNEN, das sagt das Wirtschaftsforschungsinstitut! Da stehen die Zahlen manchmal in einem Verhältnis von ein zu sechs; das heißt, mit gleich viel Geld sechsmal so viele Arbeitsplätze. Und wenn es nicht sechsmal so viele sind, sondern das Doppelte oder das Dreifache, dann wäre es immer noch sinnvoll. Das geschieht jedoch leider überhaupt nicht!

 

Ich bin nicht der Einzige, zu dem Leute kommen, die in Schwierigkeiten geraten sind, aber es rentiert sich immer wieder, auch an Einzelbeispielen zu zeigen, wie kompliziert das manchmal für die Leute ist, zu ihrem Recht zu kommen.

 

Ich bringe folgendes Beispiel: Wie viele Termine braucht jemand bei einer drohenden Delogierung, weil er die Miete nicht bezahlen kann? – Die telefonische Vereinbarung im Sozialzentrum läuft nach Wohnbezirk: Das ist der erste Termin. Dann folgt ein Termin mit Abgabe des Antrages auf Unterstützung oder Sozialhilfe. Dann gibt es noch einen Termin mit zweiter SachbearbeiterIn. Wenn es schnell geht, kommt nach fünf Wochen, durchschnittlich nach sechs bis acht Wochen die erste Überweisung.

 

Das ist lange für jemanden, der in einer Notsituation ist und nicht weiß, wie er die Miete bezahlen soll! Das bedeutet zwei Monate Wartezeit, bis man das Geld bekommt. Es wäre nicht ganz so schlimm für uns, wenn wir das Geld einen Monat später ausbezahlt bekämen, aber für Menschen, die so knapp dran sind, zählt jede Woche! Das muss beschleunigt werden, und das geht natürlich nur mit einer entsprechenden Personalaufstockung. Das ist anders nicht zu machen.

 

Bei den verschiedenen AMS-Dienststellen ist eine Idee geboren worden, die ich dann auch mit mehreren MitarbeiterInnen des AMS besprechen konnte, nämlich die Idee eines „Social Desk". Das ist eine Idee, die auch im „Handbuch Armut in Österreich" auftaucht, für diejenigen, die es kennen. Es geht um die Idee, die Leute nicht an viele Stellen zu schicken, sondern beim AMS, wenn die Menschen schon dorthin kommen, nicht nur über ein etwaiges Arbeitsplatzangebot zu sprechen, denn das ist momentan dünn gesät, und den Menschen einen Zettel mit beispielsweise vier Firmen zu geben, sondern dort abzuklären, wenn jemand neu von Arbeitslosigkeit betroffen ist, ob er überhaupt schon über Wohnbeihilfe oder anderes nachgedacht hat. Es sind Fragen zu klären wie: Wo kann man hingehen? Wo kann man was erfahren?

 

Jetzt ist es so: Die Leute kommen vom AMS, und alles, was sie zu dem Zeitpunkt wissen, ist: Drei Firmen darf ich anrufen, und ich habe in ein paar Wochen wieder einen Termin. Fertig. – Das ist zu wenig! Das werfe ich nicht einmal dem AMS vor, denn die Mitarbeiter haben ja auch nur wenige Minuten Zeit pro KlientIn. Das gehört jedenfalls anders geregelt, damit man den Leuten am Anfang schnell hilft.

 

Alles, was wir da vorschlagen, kostet natürlich eine Menge Geld. Und auch heute möchte ich ein paar Sätze zur Vermögenssteuer verlieren.

 

Dieses „Handbuch Armut in Österreich“ ist ein dicker Schinken. Eigentlich sollte man das auch bekommen und nicht nur zwischendurch Werbebroschüren der Stadt Wien. Genau dieses Handbuch sollten eigentlich alle lesen, die sich mit diesem Thema befassen. (Beifall bei den GRÜNEN. – Amtsf StRin Mag Sonja Wehsely: Ich glaube, man kann es kaufen und lesen, so wie ich zum Beispiel!)

 

Ich habe es auch gekauft. Es kostet wohlfeile 40 EUR, genau 39,90 EUR glaube ich. Der Sommer naht, und die Urlaubslektüre wird auch gerade zusammengestellt, und neben dem Krimi, den die meisten mitnehmen, könnte man vielleicht auch ernsthafte Literatur lesen.

 

In dem Buch finden Sie nicht nur die Beschreibung von Armut und die Feststellung, dass alles traurig ist, sondern auch Wege. Darin ist ein riesengroßes Kapitel enthalten, das beschreibt, wer die Akteure bei der Armutsbekämpfung sind und was man alles tun muss. Einer der Punkte lautet – und an diesem kann man sich nicht vorbeischwindeln –: Eine reiche Gesellschaft kann das finanzieren. Von wem nehmen wir es?

 

Die Zyniker sagen dann immer: Den Reichen dürft ihr nichts wegnehmen, denn wenn ihr den Reichen etwas wegnehmt, dann nehmt ihr es dem Mittelstand. – Na gut, wenn ich es den Reichen nicht wegnehmen darf, wem darf ich es dann wegnehmen? Ohnehin nur dem Mittelstand und denen ganz unten. Da wird es schwierig, denn wenn die Taschen leer sind, ist es schwierig, etwas herauszunehmen. Das heißt, wer sich gegen Vermögenssteuern ausspricht, spricht sich gegen den Mittelstand aus. Das muss man einmal in aller Deutlichkeit sagen, denn entweder zahlen die oben oder die in der Mitte, oder wo immer man diese Leute ansiedeln mag. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

In diesem Land ist die Vermögensverteilung – man muss es immer wieder herunterbeten – so schräg wie nahezu nirgends. Ein Prozent der Bevölkerung besitzt gleich viel wie 90 Prozent. Das sind Fakten, an denen man nicht vorbei kommt, so wie an der Tatsache, dass es im Winter kälter und im Sommer wärmer ist. So ist das!

 

Ein Prozent hat gleich viel wie 90 Prozent. Und wenn man nicht der Meinung ist, dass dieses Prozent mehr zu

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular