Gemeinderat,
48. Sitzung vom 23.06.2009, Wörtliches Protokoll - Seite 63 von 102
Menschen mit
Behinderung, im Kreis geschickt zu werden, nur weil diese einen Zwischenstock
weit nach oben kommen wollen!
Ich finde, die
Wiener Linien sollten überlegen, ob sie Sanierungsarbeiten in dieser Form
durchführen, ob es nicht Vorgehensweisen gibt, um diese Schikanen – denn
das empfinden die Menschen mit Behinderungen als Schikane und als
Diskriminierung! – nicht weiter in dieser Stadt zu haben.
Die Antwort,
die auf einen Beschwerdebrief an die Wiener Linien von den Wiener Linien
zurückgekommen ist, ist sehr, sehr mager. Da steht: „Sehr geehrter Herr XY!
Nachdem der komplette Bahnhofsbereich praktisch abgerissen und neu errichtet
wird, ist auch der Lift den Sanierungsarbeiten zum Opfer gefallen. Erst wenn
wieder ein Gehäuse an der Oberfläche in Betrieb genommen wird, ist es möglich,
unseren Fahrgästen auch den Aufzug wieder zur Verfügung zu stellen.
Bautechnisch gibt es leider keine Zwischenlösung. Es tut uns sehr leid. Mit freundlichen
Grüßen.“
Es ist schön, dass es den Wiener Linien leid tut! Ich
meine aber, dass man, wenn man solche Sanierungsarbeiten in Angriff nimmt, mit
bedenken sollte, was das für die BenützerInnen der U-Bahn-Linien und der
öffentlichen Verkehrsmittel bedeutet! Man sollte nicht immer von jenen
ausgehen, die sich sehr mobil und selbstständig in der Stadt bewegen können,
sondern man sollte auch an jene denken, die darauf angewiesen sind, dass Lifte
funktionieren.
Ich habe hier
schon Anträge eingebracht, dass man zumindest Durchsagen in den U-Bahn-Zügen
und Aushänge in anderen U-Bahn-Stationen macht, dass bestimmte Aufzüge gesperrt
sind. Das wurde abgelehnt, weil es zu kompliziert sei. Was den behinderten
Menschen aber zugemutet wird, ist mehr als kompliziert und diskriminierend und
eigentlich nicht akzeptabel! (Beifall bei
den GRÜNEN.)
Zu einem
weiteren Thema: Sie kennen das vielleicht, dass rund um Wahlen, nach Wahlen
oder im Vorfeld von Wahlen die Mailbox übergeht. Man erhält unzählige Mails von
Menschen mit Behinderungen, die ihr Wahlrecht ausüben wollen und vor der
Situation stehen, dass das Wahllokal, dem sie zugewiesen sind, nicht
barrierefrei ist. Es gibt natürlich die Möglichkeit, sich im Internet ein
anderes Wahllokal, das als so genanntes barrierefreies Wahllokal gekennzeichnet
ist, aufzusuchen. Das ist wieder eine Schikane, denn ich muss mir kein anderes
Wahllokal suchen, ich gehe einfach zum am nächsten gelegenen Wahllokal.
Menschen mit Behinderungen wird hingegen zugemutet, dass sie sich quasi
selbstständig darum kümmern, wo sie denn ihr Wahlrecht ausüben können. Das
machen auch die meisten. Das ist aber nicht unbedingt sinnvoll. Oft stehen
diese Leute dann nämlich auch vor der Tatsache, dass die Wahllokale, die als
barrierefrei gekennzeichnet sind beziehungsweise auch so beworben werden, doch
nicht barrierefrei sind.
Einige von uns
haben eine E-Mail von einer Dame, die im Rollstuhl sitzt, betreffend ein
Wahllokal im 10. Bezirk erhalten, das angeblich als barrierefrei
gekennzeichnet ist. Es gibt dort das Problem, dass die Auffahrt so steil ist,
dass man mit einem Elektrorollstuhl gar nicht hinaufkommt, weil die Steigung
viel zu groß ist, selbst für einen Elektrorollstuhl. Außerdem war die
Eingangstüre nach der Rampe versperrt. Es gab keinerlei Möglichkeit ... (GR Alfred Hoch: Wo war das?) Im
10. Bezirk, Hugo-Meisl-Weg 6! – Es gab keinerlei Möglichkeit,
sich an der Rampe durch eine Glocke bemerkbar zu machen und zu melden, dass man
hinein will.
Das heißt, man
steht vor der geschlossenen Tür und hat dann das Problem, über diese Rampe, die
viel zu steil ist, wieder zurückfahren zu müssen oder darauf zu hoffen, dass
andere WählerInnen vorbeikommen, die helfen. Das war in diesem Fall gegeben. Es
sind dann Menschen hineingegangen und haben gesagt: Draußen sitzt eine Dame im
Rollstuhl, die gerne wählen würde, aber nicht hineinkommen kann. Dann wurde ihr
geholfen, dass sie ihr Wahlrecht ausüben kann.
Ich glaube, es
ist im Jahr 2009 nicht adäquat, dass man es nicht einmal schafft, Wahllokale so
weit barrierefrei zu gestalten, dass sie auch wirklich barrierefrei sind!
Wir haben
nicht umsonst bei der Einrichtung dieser Stelle, die es jetzt im Ressort des
Herrn StR Ludwig gibt, eingefordert, dass diese Stelle nicht nur eine
Beratungsstelle für Menschen mit Behinderung für den Fall ist, dass sie ihre
Wohnung barrierefrei umgestalten wollen, sondern auch als Schulungseinheit für
Magistratsbeamte und für Menschen dient, die in dieser Stadt für gewisse
Angelegenheiten zuständig sind. Diese Schulungen finden aber offensichtlich
nicht statt, denn sonst würden Wahllokale nicht als barrierefrei gekennzeichnet
sein, bei denen es eine zu steile Rampe gibt.
Ich habe den
Rechnungsabschlussbericht sehr genau durchforstet, um festzustellen, ob sich
irgendetwas im Bereich der barrierefreien Wahllokale tut. Ich bin schließlich
auf Seite 306 unter dem Titel Gender Budgeting fündig geworden. Das hat mich
ein bisschen verwundert, aber es ist gut, dass es irgendwo steht, wenn auch
eher weit hinten. Da ist zu lesen, dass es bezüglich der Nationalratswahl 2008
ein Investitionspaket für die Barrierefreiheit von Wahllokalen in der Höhe von
0,1 Millionen EUR gegeben hat. – Wenn da 0,1 Millionen EUR
steht, so klingt das vielleicht ganz schön, aber das sind 100 000 EUR!
Das ist lächerlich für die Anzahl an Wahllokalen, die in der Stadt nicht
barrierefrei sind! Es ist gut, dass es zumindest diese elf Wahllokale, die dann
umgebaut und adaptiert wurden, gibt, aber das ist viel zu wenig! Wenn wir in
diesem Tempo weitermachen, werden wir – egal, wann die Wiener Wahl sein wird –
nach wie vor das Problem haben, dass die Wahllokale nicht barrierefrei sind.
Ich glaube, da sollte man einen Zahn zulegen! Ich möchte deswegen einen Antrag
betreffend barrierefreie Wahllokale einbringen:
„Die
amtsführenden Stadträtinnen für Integration und Frauenfrauenfragen,
Konsumentenschutz und Personal sowie Gesundheit und Soziales mögen dafür Sorge
tragen, dass unter Miteinbeziehung der
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
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