Gemeinderat,
48. Sitzung vom 23.06.2009, Wörtliches Protokoll - Seite 74 von 102
Abstimmung des
Antrags.“
Wir werden
auch einen gemeinsamen Antrag mit den KollegInnen von der Sozialdemokratischen
Fraktion einbringen, was einen entsprechenden Vorstoß auf Bundesebene betrifft.
Wir unterstützen, wie gesagt, hier sehr die Bemühungen von Bundesministerin
Heinisch-Hosek, wobei – um ein bisserl einschränkend zu wirken – wir die
Beschränkung auf eine Betriebsgröße von 25 nicht wirklich für gerechtfertigt
halten, aber da kann man ja noch reden, was sinnvoll wäre.
Aber
jedenfalls ist der Vorstoß ein sehr begrüßenswerter, und wir wünschen ihr viel
Glück und auch viel Durchhaltevermögen, auch in der eigenen Partei, denn es kam
ja hier Widerstand nicht nur aus den Reihen der Wirtschaftskammer oder aus den
Reihen der ÖVP, sondern auch Widerstand von Arbeits- und Sozialminister Rudolf
Hundstorfer.
Ich denke, bei
dem Antrag, den die Wiener GRÜNEN heute stellen, nämlich die Umsetzung der
Offenlegung der Gehälter bei der Gemeinde Wien, brauchen Sie jedoch weder die
ÖVP noch den eigenen Arbeits- und Sozialminister, da brauchen Sie nur die
eigenen Abgeordneten der Sozialdemokratie hier im Raum, und es wäre doch schön,
wenn Sie zumindest diese Mehrheit für Ihr eigenes Anliegen hier hätten.
Auch der
dritte Antrag, den wir stellen, wird Ihnen wahrscheinlich in Ansätzen ein
bisschen bekannt vorkommen. Wir bedauern es ja, immer wieder zum Teil dieselben
Themen bringen zu müssen und dieselben Anträge zu stellen, aber wenn nichts
weitergeht, geht nichts weiter. Wir GRÜNE sind und bleiben der Motor für
frauenpolitische Fortschritte in dieser Stadt und so auch für Maßnahmen für
Frauen gegen die negativen Effekte der Wirtschaftskrise.
Ich kann ja
wirklich nicht verstehen, wenn Frau StRin Brauner gestern in ihrer Rede gesagt
hat: „Wir vernachlässigen die Frauen in Wien nicht." Aber sie hat kein
einziges Zeichen für eine frauenspezifische Maßnahme in ihrem Konjunkturpaket
gebracht.
Und das ist
überhaupt das große Problem dieser ganzen Konjunkturpakete – zum Teil
europaweit, es ist ja nicht nur Österreich, das dieses Problem hat, aber in
Österreich oder in Wien ist es besonders eklatant, weil immer von den Frauen
geredet wird, aber nichts getan wird –, also das Problem bei diesen
Konjunkturpaketen ist, dass sie hauptsächlich in Bereiche investieren, die
Frauen ausblenden oder Frauen weniger zugute kommen. Das sind große
Infrastrukturprojekte, das waren die Automobilkonzerne, das sind die Banken,
das ist die Bauwirtschaft und, und, und. Frauen kommen in der öffentlichen
Debatte über die Wirtschaftskrise nicht vor.
Das sage nicht
nur ich oder das sagen nicht die nur Wiener Grünen seit Beginn dieser
Wirtschaftskrise, das sagt auch WIFO-Expertin Gudrun Biffl – Zitat: „Es hat
eigentlich niemand an die Frauen gedacht. Das ist eine Schande!" – oder
Ökonomin Gabriele Michalitsch von der WU und Uni Wien: „Frauen profitieren
bisher gar nicht von den Konjunkturprogrammen. Bisher sind die
Konjunkturprogramme dazu da, Herrschaftsgefüge zu stabilisieren."
Darüber
sollten wir nachdenken, meine Damen und Herren, vor allem die Damen und Herren
von der Sozialdemokratie, denen ja die Frauen angeblich immer das große
Anliegen sind und nicht vernachlässigt werden sollen.
Ich weiß, dass
auch die ÖGB-Frauen bereits ein frauenspezifisches Konjunkturpaket gefordert
haben und unlängst auch Ihre eigene Nationalratspräsidentin und scheidende
Bundesfrauenvorsitzende, Barbara Prammer, sich hier vehement dazu geäußert hat
– auch übrigens in Linz bei der genannten Bundesfrauentagung –, dass es hier
speziell ein Konjunkturpaket für Frauen für den Dienstleistungssektor geben
soll, geben muss, weil die Frauen diejenigen sind, die durch die
Wirtschaftskrise in Wahrheit als Erste unter die Räder kommen oder bereits
gekommen sind, aber davon niemand spricht.
Denn es waren
die Frauen wieder die Ersten, die vom regulären Arbeitsmarkt verdrängt wurden;
übrigens schon lange vor der Wirtschaftskrise. Das Problem ist, dass die
Tendenzen, gerade was den Ausschluss von Frauen vom regulären Arbeitsmarkt, von
existenzsichernden Einkommen, von Vollzeitarbeit betrifft, lange vor der
Wirtschaftskrise begonnen haben. Es hat nur niemand was dagegen gemacht, und
außer den Grünen hat auch niemand
davon gesprochen. Ich kann ihnen meine Reden, die ich gehalten habe, seit ich
in diesem Haus bin, geben. Seit ich hier bin, und das ist seit 2001, sage ich,
es ist fünf vor zwölf für den Frauenarbeitsmarkt, aber es ist zwar nicht gar
nichts, ein bisschen was schon, aber viel zu wenig für die Frauen am Arbeitsmarkt,
für ihre Vollbeschäftigung und vor allem für ihre existenzsichernden Einkommen
getan worden. Frauen trifft aber jede Verringerung des Einkommens, jede
Verkürzung der Arbeitszeit und jeder Anstieg der Arbeitslosigkeit viel stärker,
weil sie von niedrigeren Einkommen ausgehen.
Das heißt, man
kann nicht sagen, die Wirtschaftskrise hat keinen Gender-Effekt. Sie hat für
Frauen einen Effekt, und sie hat für sie einen größeren als für Männer, so wie
auch die Auswirkungen der Teuerungen, die wir hier sehr oft besprechen –
zuletzt die Teuerung bei den Öffis – für Frauen einen größeren Effekt haben als
für Männer.
Ich brauche
Ihnen nicht noch einmal die Situation der Frauen hier in Wien vor Augen zu
führen, Sie kennen das. Die Einkommensunterschiede steigen, jede zweite Frau in
Wien mit Kindern hat keinen existenzsichernden Job mehr und kann von dem
Einkommen nicht leben. Die Teilzeitquote liegt bei über 30 Prozent und ist
stark steigend. Und die durchschnittlichen Sozialleistungen für Frauen in
dieser Stadt liegen bereits unter dem Existenzminimum. In einer der reichsten
Städte der Welt liegt die durchschnittliche Sozialhilfe, Notstandshilfe, das
durchschnittliche Arbeitslosengeld unter dem Existenzminimum. Das heißt, man
kann mit Ihren Sozialleistungen nicht mehr leben.
Dagegen
muss etwas getan werden, meine Damen und Herren. Dagegen muss jetzt etwas getan
werden!
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