Gemeinderat,
49. Sitzung vom 24.06.2009, Wörtliches Protokoll - Seite 6 von 89
war jetzt
nicht kurz?)
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Die 1. Zusatzfrage wird von GR Dr Tschirf gestellt.
GR Dr Matthias Tschirf (ÖVP-Klub der
Bundeshauptstadt Wien): Herr Bürgermeister!
Wir
haben es im Moment mit einer sehr ernsten Diskussion zu tun. Bei Siemens sind
hunderte Arbeitsplätze, und zwar hochqualifizierte Arbeitsplätze, in Gefahr,
beispielsweise im Software-Bereich. Siemens ist seit rund hundert Jahren
Arbeitgeber in Wien. Es ist schon auch eine Frage, wie wir als Politik darauf
reagieren, wie mit Arbeitsplätzen umgegangen wird.
Daher meine Frage an Sie als Bürgermeister: Was tun
Sie als Auftraggeber gegenüber Siemens, um denen klar zu signalisieren, so wird
nicht mit Wiener Arbeitsplätzen umgegangen? Ein Vergleich mit deutschen
Ministerpräsidenten, die sich beispielsweise bei Opel oder was weiß ich ins
Zeug geschmissen haben, würde sich hier anbieten.
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Bitte, Herr Bürgermeister.
Bgm
Dr Michael Häupl: Sehr
geehrter Herr Klubobmann!
Sie wissen ganz genau, dass dies eine ganz
spezifische Sparte im Rahmen dessen ist, was Sie Siemenskonzern nennen. Sie
wissen ganz genau, als Siemens sich vom Handy-Geschäft getrennt hat, dass
natürlich zu erwarten gewesen ist, dass es für die Software-Entwickler, für die
die Auftragslage zu 60 Prozent aus diesem Handy-Geschäftsbereich bestanden
hat, natürlich entsprechende Folgewirkungen gibt. Diese treten nun ein und von
der Konzernleitung in München sind diese auch vollzogen worden. Wo kein Auftrag
ist, braucht man natürlich auch nicht die entsprechenden Mitarbeiter.
Wahrscheinlich gibt es nicht genügend Aufträge bei einem 60-prozentigen
Rückgang der Aufträge. Im speziellen Fall gibt es natürlich die Probleme am
Arbeitsmarkt. Das ist eine zutiefst bedauerliche Geschichte, sie ist nur leider
kein Einzelfall. Sie ist leider kein Einzelfall, wenn ich mir die Entwicklungen
anschaue, die im Soge der Automobilkrise in Oberösterreich oder auch in der
Steiermark entstanden sind, wo ganz andere Probleme auftreten, wo es tausende
freigesetzte, gekündigte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gibt.
Selbstverständlich setzen wir jene Maßnahmen, die wir
in Wien auch setzen können, Stichwort: Grundig zum Beispiel, wo weder die
Firmenleitung noch die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer irgendetwas dafür
konnten, weil dieses Werk schwarze Zahlen geschrieben hat und ein
ausgezeichnetes Werk war. Die deutsche Konzernmutter hat allerdings
entschieden, dass es zugesperrt wird. Selbstverständlich sind wir in Kontakt
mit der Konzernleitung. Selbstverständlich wird auch hier geredet und darauf
eingewirkt, wie man nun mit dieser Situation entsprechend umgehen kann. Ebenso
selbstverständlich setzen wir jene Maßnahmen, zu denen wir, mit dem Instrument
des Wiener ArbeitnehmerInnen Förderungsfonds, auch in der Lage sind, nämlich
Arbeitsstiftungen. So kann ich Ihnen heute mit Sicherheit sagen, dass kein
einziger Wiener Arbeitnehmer aus diesem Bereich nachher auf der Straße stehen
wird. Wie das mit den Niederösterreichern ist, die in dem Werk sind und
ebenfalls von Kündigungen betroffen sind, ist eine ganz andere Sache, denn in
Niederösterreich gibt es keinen ArbeitnehmerInnen Förderungsfonds. Wir werden
hier helfend eingreifen. Aber wir werden mit Sicherheit von einem
internationalen Konzern nicht jene Entscheidungen erwarten können, die wir uns
im Prinzip wünschen würden, nämlich dass man dort innerbetriebliche
Umstrukturierungen vornimmt, wenn man auf der anderen Seite die Arbeitsplätze
der Software-Entwickler abschafft. Aber wir werden uns mit der gleichen
Sicherheit bemühen, dass wir zu vernünftigen innerbetrieblichen Lösungen
kommen, aber auch für jene, die dann unmittelbar betroffen sind, mittels einer
Arbeitsstiftung entsprechend helfend einzugreifen. Das ist das, worauf man sich
in Wien verlassen kann. Das ist das, was wir in Wien immer wieder bewiesen
haben. Grundig ist das beste Beispiel dafür. Die niederösterreichischen
Arbeitnehmer, die in dem Betrieb beschäftigt waren, sind tatsächlich auf der
Straße gestanden, die Wiener nicht.
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Die 2.
Zusatzfrage wird von GR Dr Günther gestellt.
GR Dr Helmut Günther (Klub der
Wiener Freiheitlichen): Herr Bürgermeister!
Sie wissen, das Problem bei Siemens ist keines der
jetzigen Krise, sondern eines der Umstrukturierung bei Siemens. Siemens hat
drei große Säulen, das ist Energie, das ist Medizintechnik und das ist
Industrie. Der Bereich der Telekommunikation, Festnetz wurde mehr oder weniger
zugesperrt. Das war aber nicht erst jetzt, sondern seit zirka ein bis
eineinhalb Jahren. Die seinerzeitige Finanzstadträtin und jetzige
Generaldirektorin von Siemens hat damals gesagt, Siemens geht mit seinen Leuten
anders um und bereitet Sozialprojekte vor beziehungsweise schaut darauf, dass
das im Unternehmen mit Golden Handshake et cetera in den Griff zu bekommen ist.
Das hat sich damals bei ungefähr 200 Leuten ausgewirkt, wovon einige einen
Golden Handshake und die anderen, die über 56 oder 57 waren, ein Sozialpaket,
bis sie dann in Pension gehen können, gekriegt haben. Damals konnte man aber
schon davon ausgehen, dass das Gesamtpaket nicht die 600, 650 aus Favoriten
betrifft, sondern insgesamt fast 1 500, die in diesem Bereich tätig waren
und die in den anderen Bereichen auch nicht eingesetzt werden können. Da bin
ich ganz bei Ihnen, ich kann dann nicht einfach die Software-Entwickler zur
Medizintechnik geben.
Die Frage ist: Warum hat man
nicht, was Sie jetzt mit den Arbeitsstiftungen ankündigen oder gestern im ORF mit
Kurzzeit gesagt haben, was wahrscheinlich nicht gehen wird, weil der Bereich
nicht mehr vorhanden ist und dort auch Kurzarbeit nicht dazu führt, irgendetwas
zu machen, schon vor ein, eineinhalb Jahren von Siemens intensiven Kontakt zur
Stadt Wien und zu den Stellen wie zum Beispiel dem WAFF gesucht, um nicht nur
zu versuchen, das im eigenen Bereich zu lösen, wie das
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