Gemeinderat,
49. Sitzung vom 24.06.2009, Wörtliches Protokoll - Seite 7 von 89
angedeutet wurde, sondern auch mit der Unterstützung
der öffentlichen Hand, ohne die man sicher nicht auskommen wird?
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Bitte,
Herr Bürgermeister.
Bgm Dr Michael Häupl: Herr Gemeinderat!
Da gibt es mehrere Antworten darauf. Erstens haben
wir seitens der Stadt Wien schon damals entsprechende Unterstützung geleistet,
damit diese innerbetrieblichen Lösungen zu Stande gekommen sind.
Selbstverständlich ist auch der WAFF bereit, nunmehr entsprechend zu helfen und
sich über Arbeitsstiftungen in besonderem Ausmaß zu involvieren. Um das als
weitere Antwort hinzuzufügen, den Herrn Sozialminister Hundstorfer gibt es noch
nicht so lang, daher ist die Frage des Engagements des AMS in diesen Bereichen
nun ein ganz anderes, als das früher der Fall gewesen ist. Den Wählern oder
vielen anderen sei auch Dank. So gesehen stehen wir, sei es das
Sozialministerium in Form des AMS oder sei es die Stadt in Form des
ArbeitnehmerInnen Förderungsfonds, sofort bereit, dies zu tun. Dies ist auch
mit der österreichischen Leitung von Siemens so abgeklärt. Aber es bedarf dazu
sozialpartnerschaftlicher Verhandlungen, das sage ich schon auch dazu.
Gesprächsverweigerungen, ich sage das einmal bewusst so, in einer spezifischen
Form, sind sicher kein geeignetes Mittel. Wir sind jederzeit bereit, hier mit
den Sozialpartnern das zu tun, was wir leider auch in anderen Bereichen tun
mussten, aber unter anderem ist der Wiener ArbeitnehmerInnen Förderungsfonds
dafür gegründet worden und er zeigt einmal mehr seine Sinnhaftigkeit.
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Die 3.
Zusatzfrage wird von GR Dipl-Ing Margulies gestellt.
GR Dipl-Ing Martin Margulies (Grüner
Klub im Rathaus): Herr Bürgermeister!
Gegenwärtig zeigt sich, wie verantwortungslos
Unternehmen agieren, die satte Gewinne machen. Siemens hat im ersten Quartal
geschätzt 1 Milliarde EUR, fürs gesamte Jahr geschätzt
6,6 Milliarden EUR Gewinn. Gestern ist in der Zeitung gestanden, Siemens
erwartet sich aus den Konjunkturpaketen, die europaweit geschnürt werden,
Auftragsvolumen von 15 Milliarden EUR. Gleichzeitig setzt Siemens
mehr als 600 Menschen auf die Straße und erwartet sich, dass trotz der enormen
Gewinne, die getätigt werden, die öffentliche Hand einspringt. So sehr wir es
für sinnvoll und für notwendig erachten, dass in Kooperation mit dem WAFF für
die betroffenen Beschäftigten etwas unternommen werden kann, so sehr muss man
trotzdem darüber nachdenken. Es kann nicht Aufgabe der Stadt Wien, des WAFF et
cetera sein, dass Siemens weiter seine Gewinne macht und wir alles auffangen.
In diesem Sinne meine Frage: Gibt es außer
Kooperationen mit dem WAFF seitens der Stadt Wien, seitens Ihrer Person andere
Möglichkeiten und Überlegungen, wie die Siemens-Geschäftsleitung dazu zu
bringen wäre, die bislang getroffene Entscheidung, 630 Menschen im
Bereich SIS abzubauen, nochmals zu überdenken und in Frage zu stellen?
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Bitte,
Herr Bürgermeister.
Bgm Dr Michael Häupl: Herr Gemeinderat!
Ich weiß genau, was diese Andeutungen dazu auch
sollen. Das ist nicht nur eine Frage, dazu kennen wir uns zu lange, das ist
lächerlich! Ich weiß nicht, was diese Andeutungen dazu konkret bezwecken
sollen.
Ich muss noch einmal darauf hinweisen, das ist kein
volkseigener Betrieb, sondern das ist ein internationaler Konzern. Wenn dieser
in einem Geschäftsteil schlicht und einfach das Problem hat, dass die Aufträge
um 60 Prozent weniger werden, dann gibt es auf der ganzen Welt nur zwei
Möglichkeiten. Die eine Möglichkeit ist die, die wir momentan leider in Europa
massenhaft erleben. Die andere ist 1989 untergegangen. So gesehen ist der
Hintergrund der Frage für mich extrem schwer nachzuvollziehen.
Vor allem ist der Vorschlag, den ich vor Kurzem gehört
habe, dass wir über die Aufträge bei Siemens Druck ausüben sollten, schwer
nachzuvollziehen. (GR Dipl-Ing Martin Margulies: Der Vorschlag ist von den
Freiheitlichen, nicht von uns!) - Ich habe keine Beschuldigung gemacht, ich
nehme nur Stellung zu einem Vorschlag, den ich gehört habe, weil ich gehört
habe, dass man über Auftragskürzungen und Auftragseinstellungen Druck auf die
Konzernleitung ausüben sollte. Ich möchte nur darauf aufmerksam machen, was das
in Folge gesehen letztendlich heißt, zum Beispiel für die Verkehrsbetriebe, was
das zum Beispiel für die ganze Krankenhaustechnik heißt, was das für den
Energiebereich heißen würde und was das für die übrigen
4 500 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die es bei Siemens sonst
noch gibt, und für einen Wirtschaftsstandort Wien heißen würde. Also diesen
Vorschlag braucht man nur 30 Sekunden lang durchzudenken, dann kann man
ihn nur schubladisieren und dort vergessen.
Natürlich habe ich mit dem Ganzen keine Freude, so wenig
wie bei anderen Betrieben, die wir in der Stadt haben, wo es natürlich auch
diese Auswirkungen auf Grund von Managemententscheidungen der Vergangenheit
oder von Managemententscheidungen, die jetzt vor dem Hintergrund dieser
weltweiten ökonomischen Krise getroffen werden, gibt. Das ist gar keine Frage.
Aber als Stadt werden wir in dem Bereich das machen, was wir wenigstens tun
können - in anderen Bundesländern können sie es gar nicht -, über
Arbeitsstiftungen jenen helfen, die dann in der Tat auf der Straße stehen.
Natürlich versucht man, vorher noch alles auszuloten, durch
innerorganisatorische Umstrukturierungen im Gesamtkonzern selbst, auch durch
die Frage der Kurzarbeit, die für mich noch nicht vom Tisch ist. Aufgegeben
wird am letzten Tag, aber nicht vorher. Natürlich stehen auch wir zur
Verfügung, über das Instrument das wir haben, über den WAFF, um jenen Wiener
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern über die Stiftungen zu helfen. Das ist das,
was wir zur Stunde aktuell und unter den gegebenen ökonomischen Bedingungen tun
können. (Beifall bei der SPÖ.)
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