Gemeinderat,
49. Sitzung vom 24.06.2009, Wörtliches Protokoll - Seite 14 von 89
denn infolgedessen wird es nie zu gesellschaftlichen
Veränderungen kommen. Auch wenn der Herr Oberbürgermeister Luschkow seine
Prioritäten anders gesetzt hat und es vieles gibt, was ich durchaus befürworte,
von dem, was er tut, in dem gegenständlichen Fall sind wir sehr verschiedener
Meinung. Wir haben dies auch diskutiert und zwar nicht in seinem Büro, sondern
im Weißen Salon des Rathauses von Moskau unter Anwesenheit einer großen Zahl
von Leuten und auch mehrerer Journalisten, österreichischer Journalisten, die
bei dieser Diskussion auch dabei gewesen sind. Es war ein sehr ruhiger Dialog,
der aber auch sehr klar gemacht hat: Wir sehen diese Dinge verschieden. Ich
habe ihm auch über die entsprechenden Veranstaltungen erzählt, die es in Wien
gibt, wo es zu Beginn auch entsprechende, also nicht entsprechende, aber auch
Vorbehalte gegeben hat und heute ist das eigentlich eine durchaus politische
Manifestation, die für Rechte eintritt, die noch immer nicht umgesetzt sind,
aber durchaus auch einen Festcharakter hat. Das finde ich in Ordnung und auch,
dass man für die politischen Rechte eintritt, die man aus dieser Gruppe heraus
vertreten und dafür Verständnis hat.
Das ist meine Grundhaltung dazu und ich habe sie auch
im Gespräch in Moskau selbst erwähnt.
Dennoch kann ich Ihre Frage, nämlich ob ich weiter
für die Abhaltung vom Moskauer Ball in Wien bin oder vom Wien-Ball in Moskau,
wie er vor Kurzem stattgefunden hat, einfach nur ablehnend beantworten. Wir
haben unsere Veranstaltungen unter sehr viel schwierigeren Bedingungen gemacht,
nämlich als ein menschenverachtendes diktatorisches Regime in vielen Ländern
des Ostens geherrscht hat. Durch Gesprächsverweigerung, durch Entzug der
Sozialkontakte letztendlich auch macht man gar nichts besser. Beim
gegenständlichen Moskau-Ball handelt es sich sowohl bei dem Moskau-Ball hier
als auch bei dem Wien-Ball in Moskau um Charity-Veranstaltungen, deren Erlös
beispielsweise der Errichtung eines Waisenhauses in Moskau zugute kommt, aber
natürlich auch anderen entsprechenden Sozialprojekten. Wir werden diese
Gesprächsebene, dieses Gespräch weiter aufrechterhalten. Durch einen
De-facto-Abbruch von Beziehungen, durch Beleidigungen, die in einem solchen
Fall so empfunden werden würden, werden wir gar nichts erreichen, weil wir dadurch
nur aus dem Gespräch herausfallen.
Also zusammenfassend: Ich bin hier ganz anderer
Meinung als Luschkow, aber wir werden trotzdem diese Moskau-Bälle in Wien und
die Wien-Bälle in Moskau beibehalten. Das ist ein Ausdruck auch der
Gesprächsfähigkeit und des Dialogs auch über verschiedene Themen, verschiedene
Meinungen und Themen.
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Die
1. Zusatzfrage wird von GR Schreuder gestellt.
GR Marco Schreuder (Grüner Klub im
Rathaus): Vielen Dank, Herr Bürgermeister.
Erlauben Sie mir nur eine kleine Anmerkung, weil es
eine schöne Brücke zwischen der 4. und der 5. Frage ist und ja bekanntlich
der große Held Habsburgs bei den kriegerischen Auseinandersetzungen mit dem
Osmanischen Reich, Prinz Eugen, ja auch schwul war.
Erlauben Sie mir nur grundsätzlich einmal die Frage,
weil Sie so selten über Stadtaußenpolitik sprechen: Wie würden Sie die
Wichtigkeit der Politfelder – es gibt natürlich viele Politikfelder in der
Stadtaußenpolitik, die Kultur ist sicher eine der wichtigsten, aber lassen wir
die mal raus –, wenn wir jetzt einerseits wirtschaftliche Beziehungen nehmen
und auf der anderen Seite Menschenrechtspolitik, wie würden Sie das in der
Bedeutung der Stadtaußenpolitik werten?
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Bitte,
Herr Bürgermeister.
Bgm Dr Michael Häupl: Gar nicht. Ich
halte eine solche Wertung für vollkommen unbrauchbar. Ich halte es da für sehr
pragmatisch, dass über alle Themen zu diskutieren ist. Da gibt es kontroverse
Themen, die wir an sich heute da inhaltlich abhandeln, da gibt es Themen, wo es
weniger kontrovers ist, wo sehr gute Kooperationen auch stattfinden wie etwa
Wirtschaftsthemen. Da gibt es durchaus eine Mischung davon, da sind viele
Kulturthemen auch dabei. Da gibt es Themen, wo wir a priori unterlegen sind, das
sind zum Beispiel Themen, Sportthemen oder Fußball. Da ist von vornherein klar,
wie das ausgeht. Ich halte von diesem Dialog, auch vom kontroversen Dialog,
sehr, sehr viel. Ich stelle keine Hierarchie auf. In dieser Beziehung sind
Systeme enthalten und ich lasse nicht eines gegen das andere ausspielen. Es
hätte keine einzige österreichische Handelsbeziehung mit irgendeinem
kommunistischen Ostblockland in der Zeit vor 1989 stattfinden können, kein
Dialog, kein Gespräch, wenn man gesagt hätte: Wenn ihr nicht die Menschenrechte
entsprechend einhaltet, dann reden wir nicht mit euch. Das halte ich für
sinnlos. Ja, um Menschenrechte durchzusetzen, um Demokratie durchzusetzen, muss
man reden - muss man reden, muss den Dialog pflegen, gerade als ein kleines Land
wie Österreich und eine vergleichsweise ja kleine Stadt wie Wien.
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Danke.
Wir haben jetzt die interessante Situation, dass die Freiheitlichen ihre
Zusatzfrage zurückgezogen haben und eigentlich der Kollege Schreuder mit dem
Herrn Bürgermeister ein Zwiegespräch führt.
Daher die Frage an den Kollegen Schreuder: Eine Frage
ist noch offen, die letzte Zusatzfrage. Wollen Sie diese stellen?
GR Marco Schreuder (Grüner Klub im
Rathaus): Ja, selbstverständlich, Hauptsache uns interessiert es, ja. (GR
Mag Wolfgang Jung: Wie wahr! Wie wahr!)
Könnten Sie sich vorstellen – ich
fand das sehr interessant, ich wusste bislang gar nicht oder habe es übersehen,
dass der Moskau-Ball eine Benefizveranstaltung ist. Könnten Sie sich zum
Beispiel vorstellen, weil der Moskauer Bürgermeister Luschkow, mit dem Sie auch
immer wieder Ihre Freundschaft pflegen und auch demonstrieren, der nicht nur
mit homophoben Äußerungen, also er bezeichnet die Geldwerte als satanistisch
beispielsweise, sondern auch für sehr xenophobe Äußerungen bekannt ist - die
Kaukasier und die Kaukasierinnen in Moskau können davon ein Lied singen - und
auch sehr
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