Gemeinderat,
49. Sitzung vom 24.06.2009, Wörtliches Protokoll - Seite 24 von 89
Als Erster zum Wort gemeldet ist Herr GR
Dr Madejski. Ich erteile es ihm.
GR Dr Herbert Madejski (Klub
der Wiener Freiheitlichen): Sehr
geehrte Frau Vorsitzende! Frau Berichterstatterin! Herr Stadtrat - er ist
sicher da irgendwo! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Wie vereinbart, ist das heute unser
Themenschwerpunkt. Dieses Aktenstück betrifft den Hauptbahnhof, und es ist
sicherlich wieder einmal sinnvoll, sich mit diesem Projekt, einem der größten
Entwicklungsgebiete und einem der größten Bauten in den letzten Jahren oder
Jahrzehnten, kritisch positiv oder hie und da auch negativ auseinanderzusetzen.
Meine Damen und Herren! Zuerst zur Faktenlage: Fakt
ist in unserer Zeit und schon seit vielen Jahren, dass sich in Innereuropa, in
Zentraleuropa die Flüge zwischen den einzelnen Hauptstädten mit größter
Wahrscheinlichkeit - und so ist es für den, der da Erfahrungen gemacht hat -
eigentlich zeitlich und terminlich überhaupt nicht mehr auszahlen. Daher muss
ein alternatives Verkehrsmittel aufgewertet werden, und das kann nur die Bahn
sein. Deshalb muss die Bahn - und da ist Österreich in Zentraleuropa
positioniert - selbstverständlich ihre Rolle spielen, die sie ja leider viele
Jahrzehnte nicht gespielt hat, weil viele Jahrzehnte lang sozialdemokratische
Verkehrsminister die Bahn in Wirklichkeit haben leicht verrotten lassen.
Seit ungefähr acht bis neun Jahren ist es zu einer
Trendwende gekommen - großer Dank an alle, die bisher hier mitgearbeitet haben!
Es ist doch ein Vorteil, wenn man mit der Bahn in Zukunft etwa von München über
Wien bis Preßburg 3 Stunden 48 Minuten fährt, oder - ein kleineres,
regionales Beispiel - von Linz nach Schwechat auf den Flugplatz
73 Minuten. Das sind Vorteile, meine Damen und Herren, die nicht zu
unterschätzen sind. Daher macht es Sinn, in diesem Bereich zu planen und zu
bauen.
Zweiter Fakt: Es gibt in Europa - egal, wie man zur
EU steht, ob man sie mag oder nicht, ob man Änderungen will oder nicht -
einfach Gegebenheiten, denen wir uns unterzuordnen haben. Eine davon sind die
TEN-Korridore, die Transeuropäischen Netze, insbesondere drei Korridore, der Korridor 17
von Paris nach Straßburg, Stuttgart, Wien, Preßburg, der Korridor 22 von
Athen nach Sofia, Budapest, Wien, Prag, Dresden und der Korridor 23 von
Danzig nach Warschau, Brünn, Wien, Venedig, mit Anschluss nach Koper.
Es macht Sinn, hier einen zentralen europäischen
Eisenbahnknotenpunkt zu schaffen, vor allem einen Taktknotenpunkt, wo ein
Umsteigen zwischen diesen drei Zügen der Transeuropäischen Netze möglich ist,
ohne umsteigen zu müssen, ohne verschieben zu müssen und mit Zeitgewinn. Das
gilt schon im Hinblick auf das, was ich zuerst gesagt habe, auf die Irrelevanz
von innerstädtischen Flügen.
Meine Damen und Herren! Ein weiterer Fakt ist: Es
gibt in diesem Gebiet den Ost- und Südbahnhof, der baufällig ist, wo die
Sanierung sich bei Weitem nicht gelohnt hätte und nichts Gescheites mehr
herausgekommen wäre. Auch das ist ein Fakt, dem wir uns stellen müssen. Hier
hat die ÖBB, haben die Verantwortlichen es viele Jahre versäumt, den Bahnhof
immer wieder neu zu positionieren und zu revitalisieren. Sie haben ihn einfach
- es ist genau wie beim Westbahnhof und vielen anderen Bahnhöfen in Österreich
- verfallen lassen. An den Sünden leiden wir noch heute.
Nächster Fakt ist: Es gibt in Wien nicht mehr sehr
viele Stadtentwicklungsgebiete, weder außerstädtisch noch insbesondere
innerstädtisch. Wir haben hier ein Stadtentwicklungsgebiet im Süden Wiens. Es
gibt nur zwei im Süden Wiens: Rothneusiedl und das zweite ist das neue
Stadtentwicklungsgebiet in Favoriten. Dem muss man Rechnung tragen, weil ja die
anderen Stadtentwicklungsgebiete, wie zum Beispiel Aspern, im Norden/Nordosten
liegen. Dort gibt es noch Möglichkeiten, aber auch diese werden ja bereits
realisiert. Der Süden Wiens braucht es dringend, vor allem, wenn ich mir
Favoriten und die Umgebung von Favoriten anschaue.
Meine Damen und Herren! Das südliche Wien muss man
neu positionieren. Hier bietet sich natürlich eine Symbiose zwischen Bahn,
zwischen Wirtschaft, zwischen Wohnen und zwischen Ausbildung an. Diese
zusammenzuführen, war Aufgabe der letzten Jahre. Wir haben in vielen Gesprächen
auch viele Ideen mit eingebracht und stehen an sich dem Projekt - das wissen
alle - zum Unterschied von den GRÜNEN und der Österreichischen Volkspartei
durchaus positiv gegenüber, wenn auch mit einigen Kritikpunkten, die ich heute
noch anführen werde.
Für die Österreichische Bundesbahn ist auch nicht
uninteressant, dass es wirtschaftlich zwei Aspekte gibt. Der eine ist, sie
ersparen sich dort eine doppelte Betriebsführung durch die Auflassung zweier
Kopfbahnhöfe. Der zweite Aspekt ist: Die vier betrieblichen Standorte in Wien -
samt dem Service, der Logistik und so weiter, die ja in Wien verteilt waren -
kommen in Matzleinsdorf zusammen, und dort entsteht die größte Servicestelle
der Bundesbahn, die Logistik. Dort werden 6 000 Leute arbeiten. Auch
das ist jetzt - für die ÖBB respektive im Namen der ÖBB - sicherlich ein
wirtschaftlicher Vorteil.
Fakt ist allerdings auch - erlauben Sie mir, hier
auch ein bisschen politisch zu werden -, dass der Erste, der einen Antrag auf
einen, damals hieß er noch so, Zentralbahnhof gestellt hat, nachweislich unser
leider zu früh verstorbener FPÖ-Klubobmann und -Parteiobmann Architekt Dipl-Ing
Rainer Pawkowicz Ende der 80er Jahre war. Darauf möchte ich nicht verzichten,
immer wieder darauf hinzuweisen, dass wir hier ideenmäßig wirklich Vorreiter
waren. Es freut mich, jetzt sagen zu können, dass wir hier ein Projekt
mitgestaltet haben, wie es nicht immer genau nach unseren Intentionen war, aber
insgesamt, in der Summe, können wir uns hier durchaus verwirklicht sehen.
Meine Damen und Herren! Nun zu den
Details: Das erste Detail betrifft die Stadtentwicklung. Wir haben dort 57 oder
59 ha zum Verbauen. Was dort entstehen wird - ich zweifle nicht daran,
dass es entstehen wird; es wird auch unsere Aufgabe als Oppositionspartei sein, sehr
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular