Gemeinderat,
49. Sitzung vom 24.06.2009, Wörtliches Protokoll - Seite 44 von 89
Es genügt aber nicht nur, die Infrastruktur zu
verbessern, sondern wichtig ist auch das rollende Material, wie wir auch in der
Vergangenheit in anderen Bereichen gesehen haben. So steht etwa die Debatte um
den Cable-Liner beziehungsweise den APM in der nächsten Zeit an. Dieses
Material wird zum Teil auch von der Firma Siemens erzeugt, und Siemens ist zur
Zeit ein wesentliches Thema in der Debatte um Wien, wie wir gestern bei der
Demonstration gesehen haben. Bei dieser Firma stehen uns zur Zeit massenhaft
Kündigungen ins Haus, die natürlich uns allen Sorgen machen müssen. Gestern
haben vor dem Parlament etwa 1 500 bis 2 000 Angehörige der
Mitarbeiter der Firma, und zwar nur nicht die Gekündigten und ihre Angehörigen,
dort demonstriert. In diesem Zusammenhang muss man bemerken, dass es
erstaunlich ist, dass sich der Gewerkschaftsbund nicht mehr dahinter gestellt
hat. Das hätte nämlich auch eine ganz andere Demonstration sein können!
Wir Freiheitlichen sind der Meinung, dass wir diesen Leuten
eine moralische Unterstützung geben und in diesem Fall auch massiv an die
soziale Verantwortung der Unternehmer appellieren sollten. Der Herr
Bürgermeister hat gesagt, dass er weitere Gespräche in diesem Zusammenhang
führen will, und Herr GR Stürzenbecher hat gestern gemeint, man sollte –
wörtlich – „Druck auf allen Ebenen“ ausüben.
Wir sind der Meinung, dass hier wirklich etwas getan
werden soll und bringen, um den Herrn Bürgermeister solidarisch den Rücken zu
stärken, folgenden Antrag ein:
„Beschlussantrag der Gemeinderäte Mag Wolfgang
Jung, DDr Eduard Schock, Dr Helmut Günther und Rudolf Stark
betreffend Sicherung von Arbeitsplätzen bei Siemens. Der Arbeitskonflikt bei
Siemens verschärft sich. Nach einigen durchgeführten ergebnislosen Gesprächsrunden
zwischen Betriebsrat und Management wurde nun der Protest gegen die 63
geplanten Kündigungen auf der Straße weitergeführt. Im
Software-Entwicklungsbereich droht ein personeller Kahlschlag, dem jeder zweite
Mitarbeiter zum Opfer fallen soll. Die Unternehmensführung spricht von
Reduktion von Überkapazitäten und erachtet dies als notwendig. Kurzarbeit
scheint also auch nicht möglich. Wir stellen daher gemäß Geschäftsordnung des
Gemeinderats der Stadt Wien folgenden Beschlussantrag:
„Der Bürgermeister wird aufgefordert, seine oftmals
angesprochenen guten Beziehungen zu Siemens und der in der Unternehmensführung
tätigen ehemaligen Wiener Finanzstadträtin Mag Ederer zu nützen, um ein
Überdenken der mehr als 600 Kündigungen in Wien zu erreichen. Dies insbesondere,
als die Stadt Wien als Auftraggeber für Siemens im Bereich Wiener Stadtwerke
betreffend 50 Investitionen samt Cable-Liner und so weiter von großem Interesse
ist. n formeller Hinsicht wird die sofortige Abstimmung beantragt.“ (Beifall bei der FPÖ.)
In guten Tagen wurde uns die jetzige
Siemensmanagerin, Frau Ederer, als Vorbild für soziale und sozialdemokratische
Unternehmerkultur hingestellt. Sie könnte jetzt mit ihrer ohnehin – wenn man in den Aufsichtsrat schaut – stark eingefärbten Führungsschicht beweisen, was sie
unter sozialdemokratischer Managementverantwortung versteht!
Der Bürgermeister hat heute selbst von Entlassungen,
die in eineinhalb Jahren wieder rückgängig gemacht werden, gesprochen und hat
auf das, was wir über Softwareentwickler geschrieben haben, hingewiesen. In der
Zwischenzeit sollten wir diese Arbeitsplätze aus öffentlichen Geldern
finanzieren. – Das kann es in dem Sinn nicht sein, denn dann würde
wirklich was wahr werden, was immer wieder gesagt wird: Privatisierung der
Gewinne und Verstaatlichung der Verluste! In dieser Form können wir uns das
einfach nicht anschauen!
Vom Gründer der Firma Siemens ist ein Spruch
überliefert, der gestern bei der Demonstration auf einem Transparent
mitgetragen wurde. Er hat im vorvorigen Jahrhundert gesagt: „Für den
augenblicklichen Gewinn verkaufe ich die Zukunft nicht!“ –Das sollten sich die Herren von Siemens ins Stammbuch
schreiben, und darauf sollte der Herr Bürgermeister nachdrücklich drängen! – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)
Vorsitzender GR Günther Reiter: Zu Wort
gemeldet ist Herr GR Hora. Ich erteile es ihm.
GR Karlheinz Hora (Sozialdemokratische
Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates): Sehr geehrter Herr
Vorsitzender! Sehr geehrter Berichterstatterin! Lieber Herr Stadtrat! Sehr
geehrte Damen und Herren!
Eigentlich wollte ich heute hier über ein
Jahrhundertbauwerk sprechen, das demnächst in Wien Realität wird und zu dem es
jetzt die ersten Vorbereitungen gibt.
Lassen Sie mich zumindest am Anfang darüber sprechen.
(Der Redner stellt das Modell einer Lokomotive auf das Rednerpult.) Ich
habe mir erlaubt, hier jene Generation von Lokomotiven aufzustellen, die in
Zukunft das Rückgrat des österreichischen Personenverkehrs der ÖBB bilden
sollen, den so genannten Railjet, der seit 2008 im Einsatz ist und der in
Zukunft ein wichtiges Instrument sein wird, die gut durchgebundenen Züge
zwischen Paris, Wien, Prag, Warschau, Hamburg, Berlin, Wien, Budapest und
sonstigen Himmelsrichtungen und in Richtung des österreichischen und internationalen
Knotenpunkts zu bewegen und sozusagen die Menschheit dazu zu verlocken, auf den
öffentlichen Personenfernverkehr umzusteigen.
Es hat schon einmal in dieser Stadt eine Periode
gegeben, in der Bahnhöfe gebaut wurden. Ich habe mir erlaubt, das Buch „Großer
Bahnhof“ mitzunehmen. Ich kann Ihnen dessen Lektüre nur empfehlen, damit Sie
sehen, was vor fast zwei Jahrhunderten geschehen ist. Hier wird beschrieben,
wie die Kopfbahnhöfe in Wien entstanden sind, 1838 der Nordbahnhof, 1846 der
Ostbahnhof und der Südbahnhof, 1859 der Westbahnhof. Wie Sie alle wissen, gibt
es noch drei weitere Bahnhöfe, die im damaligen Jahrhundert entstanden sind.
Damit war aber klar, dass in Wien
Endstation war. Man musste die Stadt mit öffentlichen Verkehrsmitteln
durchqueren. Anders war es nicht möglich, über die Stadt hinaus zu kommen. In
der Zwischenzeit gibt es ein
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