Gemeinderat,
49. Sitzung vom 24.06.2009, Wörtliches Protokoll - Seite 86 von 89
Geschichtsbewusstsein zu stärken, oder nicht auch die
einen oder anderen direkt persönlichen oder parteipolitischen Interessen
dahinterstecken. (Beifall bei der FPÖ.)
Vorsitzende GRin Inge Zankl: Als
Nächster am Wort ist Herr StR Ellensohn. Ich erteile es ihm. Danke fürs
Lichtabdrehen.
StR David Ellensohn: Frau Vorsitzende!
Sehr geehrte Damen und Herren!
Es ist bezeichnend, dass während der Rede des Herrn
Jung das Licht ausgeht. (GR Mag Wolfgang Jung: Jetzt bei Ihnen ist es
ausgegangen! - Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)
Vorsitzende GRin Inge Zankl
(unterbrechend): Ich muss dazu sagen, ich habe es bestellt, aber nicht
wegen der Rede des Herrn Jung, sondern weil die Kamera schon so lange weg war. (Heiterkeit
bei den GRÜNEN. - Beifall bei der FPÖ.)
StR David Ellensohn (fortsetzend):
Wir haben jetzt in der Bank bei der Rede erlebt, was uns ja nicht das einzige
Mal passiert ist. Vermutlich verbuchen Sie das auch noch als Pluspunkt für sich
bei der FPÖ, aber bei uns gibt es schon einige Leute, denen immer wieder
schlecht wird, wenn sie solchen Reden zuhören, und dann dreht es mir ein
bisschen den Magen um. (GR Dr Herbert Madejski: Dann musst du
hinausgehen ...!)
Um einen Satz zu sagen, den Sie sich irgendwann
hinter die Ohren schreiben sollten: Deserteure der Wehrmacht sind mutige
Menschen, die ihr Leben riskiert und Widerstand gegen den NS-Terror geleistet
haben! (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ. - GR Mag Wolfgang Jung: Manche!)
Die Ausstellung „Was damals Recht war ... -
Soldaten und Zivilisten vor Gerichten der Wehrmacht", die am
1. September in Wien beginnt und bis 15. Oktober dauert - am
1. September jährt sich der Ausbruch des Zweiten Weltkriegs das
70. Mal -, ist eine längst überfällige Ausstellung. Sie tourt als
Wanderausstellung durch die Bundesrepublik Deutschland, sie wird unter anderem
veranstaltet vom Personenkomitee „Gerechtigkeit für die Opfer der
NS-Militärjustiz" und vom Verein Gedenkdienst, und sie findet im
Nestroyhof statt, in dem übrigens bis 1938 ein jüdisches Theater war. Warum
dort nachher keines mehr war, brauchen wir nicht länger auszuführen.
Es ist sehr leicht herauszufinden, wer das alles
unterstützt. Wenn man des Googelns mächtig ist - denn vorher hat es von Herrn
Jung geheißen: ich habe gegoogelt -, dann würde man auch sehr schnell
draufkommen, wer Herr Geldmacher ist, weil er eine lange Publikationsliste hat.
Aber man könnte vor allem auch versuchen
herauszufinden, wer den Ehrenschutz übernommen hat für die Ausstellung, die am
1. September beginnt. (GR Mag Wolfgang Jung, ein Schriftstück in die
Höhe haltend: Davon steht hier nichts!) Ich lese Ihnen nicht alle Namen vor
- es sind sehr viele -, aber ich lese Ihnen ein paar Namen vor. Es ist dabei
Friedrun Huemer, es ist dabei Frau Jelinek (Oh!-Rufe bei der FPÖ.), es
ist dabei Christoph Schönborn (Ruf bei der FPÖ: No na!), es ist dabei
Michael Häupl, Otto Tausig, Walter Manoschek, Ariel Muzicant, Anton Pelinka,
Barbara Prammer, Terezija Stoisits. (Neuerlicher No na!-Ruf bei der FPÖ.)
Es stimmt, von den Freiheitlichen ist keiner dabei (Heiterkeit
bei den GRÜNEN.), das überrascht aber auch niemand. Sonst ist es das
gesamte österreichische politische Spektrum (Ruf bei der FPÖ: Und Che
Guevara?), alles von, meinetwegen, weit links bis in die Mitte; bis zu
Ihnen und Ihrem Rand; siedeln Sie sich an, wo Sie möchten, wie weit rechts
außen. Alle, inklusive der katholischen Kirche, sind dabei, nur Sie nicht. Und
Sie glauben, alle anderen liegen falsch? (Ruf bei der FPÖ: ... der
linke Flügel!) Ein Blick in den Spiegel würde Sie orientieren.
Man müsste Ihnen eigentlich sagen: Gehen Sie hin und
schauen Sie sich die Ausstellung an! Aber da das vergebene Liebesmühe ist,
sollen viele andere Leute diese Ausstellung anschauen. Da gibt es definierte
Zielgruppen, das stimmt. Der Akt ist jetzt etwas sparsam, er ist aber auch
schon länger unterwegs, und es gab auch schon einmal eine zweistellige Zahl an
Seiten darüber, was dort alles geplant ist.
Da wird es mehrere Stationen geben, unter anderem die
„Geschichte der Militärjustiz" vor dem Zweiten Weltkrieg, „Die
Wehrmachtsjustiz im Zweiten Weltkrieg", 2Fallgeschichten" über
österreichische Opfer, österreichische Täter, österreichische Täterinnen. „Das
Justizsystem: Bilanz", „Recht ist, was der Truppe nützt" - unter
Anführungszeichen, Herr Jung -, „Richter und Gerichtsherren", und das
lange Ringen um Anerkennung. Deserteure hatten ja in dieser Republik nach 45
keineswegs Ruhe, sondern das Gegenteil. Aber dafür ist ja die Ausstellung unter
anderem da, um uns auch das alles zu erklären.
Die Ausstellung selbst hat im vergangenen Jahr ein
sehr umfangreiches Papier übermittelt und auch die Zielgruppen definiert. Wir
hoffen alle, dass sehr viele Schüler und Schülerinnen diese Ausstellung besuchen
werden. Grundwehrdiener sind explizit als Zielgruppe angeführt, natürlich die
Überlebenden der Weltkriegsgeneration, historisch interessierte Laien,
Expertinnen und Experten sowieso. Ich habe die Ausstellung, natürlich ohne den
Österreichteil, in München gesehen, ich werde mir die Ausstellung
selbstverständlich auch in Wien anschauen.
Ich komme aber nicht umhin, hier
auch ein paar kritische Worte Richtung Sozialdemokratie zu äußern. Die
Ausstellung ist eine Spur weniger groß und eine Spur weniger schön, als sie
sein könnte, und es hat lange gedauert. Heute ist der 24. Juni, die
Ausstellung beginnt in ein bisschen über zwei Monaten, und jetzt beschließen
wir 25 000 EUR. Das ist sehr knapp für so eine Ausstellung, und genau
so haben sie alle arbeiten und konzipieren müssen. Es sind einzelne junge
Historiker schon von dem Projekt abgesprungen, für das sie ihr Herzblut
hergegeben haben; nur kann man vom Herzblut allein den Kühlschrank nicht voll
machen. Es wird eine Spur weniger sein, als wir haben wollten, vielleicht
werden wir dann noch eine zweite, eine Folgeausstellung benötigen. Es wird
trotzdem ein Erfolg werden, aber es ist schade,
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