Gemeinderat,
49. Sitzung vom 24.06.2009, Wörtliches Protokoll - Seite 88 von 89
haben, das ist eine Art Unbehagen, ein Unbehagen über
diese Ausstellung, ein Unbehagen über das Thema. Es ist für mich kein
sympathisches Unbehagen, das Sie hier an den Tag legen. Sie haben heute in der
Fragestunde den Bürgermeister als uneinsichtig bezeichnet; dieses Wort ist mir
rasch wieder eingefallen, als ich Ihnen zugehört habe: Uneinsichtig sind Sie!
Dieses uneinsichtige Unbehagen ist ganz einfach Ausdruck Ihres ungeklärten
Verhältnisses zum Nationalsozialismus, Ausdruck Ihres ungeklärten Verhältnisses
zu dieser schrecklichen braunen Diktatur. (Beifall bei der SPÖ.)
Ihr vermeintliches unsympathisches Unbehagen zeigt
ganz einfach, dass diese Ausstellung in Wien mehr als notwendig ist. - Danke. (Beifall
bei der SPÖ.)
Vorsitzende GRin Inge Zankl: Ich habe
jetzt eine Wortmeldung von Herrn StR Ellensohn. Es ist seine zweite. Sie haben
noch elf Minuten Redezeit. - Bitte.
StR David Ellensohn: Frau Vorsitzende!
Sehr geehrte Damen und Herren!
Das wollte ich mir eigentlich ersparen. Ich versuche,
es möglichst vorsichtig auszudrücken und Kritik auch an der gewählten
Vorgangsweise der Sozialdemokratie zu üben, aber so geht es natürlich auch
nicht. Da wird dann kleinlich über Größe, Qualität, Quantität - und die
Quantität könnte auch noch verschiedene Größen haben - gesprochen. Was mir
daran nicht passt, ist - denn versucht habe ich es ja -: Der Gegner sitzt
woanders! Das war eindeutig, da sind wir uns einig, glaube ich. (GR
Godwin Schuster: Wer hat Kritik geübt? - GRin Marianne Klicka: Wer hat denn
Kritik geübt?)
Aber die Sozialdemokratie hat sich um das Problem der
Deserteure herumgedrückt. Da geht es jetzt nicht darum, ob seit einem Monat
oder seit einem Jahr, und es geht nicht nur um die Ausstellung, sondern um die
Geschichte seit 45. Die ist unrühmlich für dieses Land und unrühmlich für alle
Parteien, die von 45 an damit beschäftigt waren. Da hat es die GRÜNEN nicht
gegeben; ich weiß nicht, wie das dann heißt, vielleicht Gnade der späten
Parteigründung? Ich will auch nicht behaupten, dass wir es besser gemacht
hätten; was weiß ich, wie wir es alle gemacht hätten! Aber es ist eine
unrühmliche Geschichte für Österreich, und die SPÖ hat sich in der Frage nicht
mit Ruhm bekleckert.
Jetzt war es eben auch nicht so leicht: Die Vorstöße,
die im Stadtsenat und in Landesregierungssitzungen von mir gemacht wurden und
die da herinnen von den GRÜNEN gemacht wurden, sind nicht gerade mit offenen
Armen empfangen worden, sondern es war schon eine Herumwürgerei, und es hat
lang gedauert. Die Wehrmachtsausstellung ist damals auch nicht gekommen, bevor
jemand von uns, nämlich Martin Margulies, einen Antrag gemacht hat.
Es passt schon, ich glaube, dass wir im Konsens
ungefähr das Gleiche wollen, wenn wir nicht kleine Matche wie Qualität und
Quantität et cetera machen. Mir geht es um etwas Größeres, das ist hier die
Gegnerschaft zur Ideologie der FPÖ und mancher anderer in dem Land. Ich hoffe,
dass es nicht notwendig ist, ein kleines Match zu machen zwischen der
Sozialdemokratie und den GRÜNEN, weil wir in der Frage hoffentlich - und davon
gehe ich aus - eine sehr, sehr ähnliche Position haben. Wir sind eine Spur
ungeduldiger, haben uns mehr gewünscht und es uns schneller gewünscht, aber im
Wesentlichen haben wir die gleiche Frage. Wir kritisieren dann zwischendurch
und setzen das eben auch in ein Verhältnis.
Ich habe das vorher auch nicht gemacht, aber der RFJ
bekommt 18 000 EUR im Jahr ungesehen, das sind in zwei Jahren
36 000 EUR - und die haben lang kämpfen müssen, dass sie
25 000 EUR bekommen! Ich sage es ganz ehrlich: Das ist kein
Verhältnis vom Wert für diese Stadt, was diese Ausstellung leistet und was zwei
Jahre RFJ in der Stadt bedeuten. Wenn wir den Ring Freiheitlicher Jugend in
eineinhalb Jahren quasi gleich stark fördern wie diese Ausstellung, dann ist
das schade, das sollte nicht passieren. Das haben wir letztes Mal versucht, mit
einem Antrag zu erreichen, und haben es nicht erreicht.
Man kann nicht auf allen Kirtagen gleichzeitig
tanzen, in der Frage gibt es eben nicht viel zum Herschenken. (GR Godwin
Schuster: ... was passiert ist!) Es wäre dringend notwendig, dass Herr
Jung sich nicht darüber freut, dass der RFJ nachher einen Haufen bekommt oder
die NFZ in der letzten Ausgabe schon wieder ein Inserat der „Wiener
Zeitung" hat, sondern dass man das kontert, dass die Wiener Linien
(Zwischenruf von GRin Claudia Smolik), Entschuldigung, dass die Wiener
Linien ein Inserat in der NFZ veröffentlichen. Da muss man harte Linien ziehen!
Das ist auch die Aufgabe der Sozialdemokratie in dem
Haus, und die nehmen Sie nach meiner Meinung leider nicht ausreichend wahr. -
Danke. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Vorsitzende GRin Inge Zankl: Herr GR
Mag Jung hat sich auch noch einmal gemeldet. Zweite Wortmeldung, zehn
Minuten. - Bitte.
GR Mag Wolfgang Jung (Klub der
Wiener Freiheitlichen): Danke, Frau Vorsitzende!
Ich will mich jetzt nicht gerade in diesen rot-grünen
Zwist hineindrängen, aber es geht von der Reihenfolge der Meldungen her zuerst
zum Kollegen Troch. Ihr Vorwurf am Schluss, mir Nähe zum Nationalsozialismus
vorzuwerfen, ist so erbärmlich und niedrig, dass ich darauf gar nicht eingehen
werde. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Das ist tiefste Schublade, Herr
Kollege! Ich weiß nicht, ob Sie Historiker sind ... (GR Ernst Woller:
Er ist wirklich Historiker!)
Na gut, dann werde ich Ihnen
gleich noch eine Erklärung nachliefern. Historiker können Geschichte
darstellen, und sie können sie einseitig darstellen, zum Teil durch
Weglassungen. Sie haben ganz richtig festgestellt, dass Todesurteile nach dem
8. Mai 1945 vollstreckt wurden, sogar später noch, von der Regierung in
Flensburg unter Aufsicht der Engländer, die das nicht nur genehmigt, sondern
diese Urteile auch ganz genau bestätigt haben. Warum? Weil damals - wir
verstehen das heute nicht mehr - eine völlig andere Vorstellung vom
Kriegsgericht und vom Kriegsrecht gegeben war! Es ist
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