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Gemeinderat, 51. Sitzung vom 24.09.2009, Wörtliches Protokoll  -  Seite 32 von 83

 

Zielsetzung für den zusätzlichen Mitteleinsatz ist, die Marktposition Wiens im internationalen Vergleich zu halten und vor allem auch weiterhin zu verteidigen.

 

Mit freundlichen Grüßen Norbert Kettner, Tourismusdirektor."

 

Haben Sie in dem wunderbar formulierten Brief irgendwo das Wort „Michael Jackson Tribute" gehört? Haben Sie in diesem wunderbar formulierten Brief, der am 3. September abgeschickt wurde, irgendwo eine Andeutung mitbekommen? Nein! Also wir haben das gelesen, haben uns gedacht, das ist doch eine gute Sache, da sind wir dafür.

 

Dann kommen wir in den Ausschuss, wo dankenswerterweise der Herr Kettner auch persönlich anwesend war. Das ist ja auch keine Selbstverständlichkeit. (GR Ernst Woller: Er ist immer da, wenn es um Tourismus geht!) Ich bedanke mich, das meine ich auch ganz ernst. Es ist gut, dass er da war, denn am Ende hätten wir sonst vielleicht zugestimmt, weil uns dort auch niemand gesagt hätte, dass das für das Konzert ist. Also dankenswerterweise hat der Norbert Kettner dort gesagt, ja, das ist für das Michael Jackson Konzert.

 

Ich war baff und ziemlich schmähstad und auch ziemlich angefressen, wie Sie sich vorstellen können, denn das ist tatsächlich nicht die Art und Weise, wie in dieser Stadt Gelder vergeben werden sollten. Wo kommen wir da hin, wenn in den nächsten Gemeinderatssitzungen, die wir haben, nur noch Akte dieses, sage ich jetzt einmal, qualitativen Inhalts vorgelegt werden? Da kommen wir dann zu einem Punkt, wo dann steht: „Wir planen eine Flächenwidmung irgendwo in Wien. Stimmen Sie bitte zu!" Oder: „Wir haben uns überlegt, es wäre gut für den Wirtschaftsstandort, wenn wir vielleicht ein bisserl Geld in den Wirtschaftsförderungsfonds fließen lassen. So an die 100 Millionen EUR sind okay, oder?" Oder: „Wir haben uns gedacht, wir bräuchten mehr Kindergärten, wir würden jetzt ein paar planen wollen."

 

Sehr geehrte Damen und Herren! Es hat gute Gründe, wieso die Akten, die uns vorliegen, im Normalfall sehr präzise sind, wieso Flächenwidmungspläne Karten sind, wo eingezeichnet ist, wo die Flächenwidmung ist, und warum normalerweise die uns vorliegenden Kulturakte auch ganz ordentlich sind. Nicht so ausführlich, wie sie früher einmal waren, das möchte ich schon festhalten, aber immerhin lässt sich in den meisten Fällen nachvollziehen, was dort passiert. In diesem Fall klar nicht, und ich vermute, mit Absicht.

 

Jetzt frage ich mich nur: Warum eigentlich mit Absicht? Denn wenn dieses Konzert so toll ist für Wien – 50 bis 150 Millionen EUR Werbewert –, warum schreibt man das nicht rein? Warum steht dann dort nicht, wir planen ein Konzert, wir wissen noch nicht genau, was dort passiert, aber wir haben uns gedacht, es wird eine Supersache und bringt außerdem irrsinnig viel Geld? Warum schreibt man das nicht hinein? Am 3. September hat bereits jeder gewusst, dass es dieses Konzert geben wird. Man hat nicht gewusst, was dort passieren wird, aber man hat schon gewusst, demnächst wird es schöne Bilder von Renate Brauner und Jermaine Jackson geben. (Ironische Heiterkeit bei der ÖVP.)

 

Sehr geehrte Damen und Herren! Das ist ein Fall von Täuschung. Ich kann es gar nicht anders sagen. Es ist ein bedauerlicher und ein sehr ärgerlicher Fall, und es ist einer, der, wie Sie sich vorstellen können, die Kulturschaffenden in dieser Stadt und ganz viele Menschen extrem erbost hat. Das liegt vor allem daran, wie damit umgegangen wurde, aber – das sage ich aus kulturpolitischer Sicht, aber auch aus tourismuspolitischer Sicht – man muss sich schon auch ernsthaft die Frage stellen und gefallen lassen: Was heißt das, wenn man dieses eine Konzert subventioniert hätte? Der Kollege hat vorgelesen, U2 kommt nach Wien. Kriegen die demnächst dann auch 600 000 EUR? (GR Dr Franz Ferdinand Wolf: 800 000!) 800 000? Na bitte, es wird ja immer besser. Wer bietet mehr?

 

Also die Frage, die sich stellt, ist: Ab sofort kann man nur sagen, internationale Popstars aller Länder vereinigt euch, macht hier Konzerte, denn es gibt irrsinnig viel Kohle. Jeder, der sich mit dem Musikgeschäft auskennt, weiß, es gibt ein paar große Namen, die sehr gut verdienen, und dann gibt es ganz viele, die ganz schlecht verdienen. Aber die paar, die sehr gut verdienen, verdienen unter anderem deshalb so gut, weil sie große Konzerte machen, weil sie tolle Bühnen aufstellen, tolles Licht haben und hin und her und alles drum und dran. Das ist ein Spaß, und die Leute zahlen dafür 60, 80, 90, 120, 140, 180 EUR, je näher dran, umso teurer.

 

Ich habe mir auch Konzertkarten für das Modonna-Konzert gekauft, und ich war selber schuld, dass sie teuer waren, denn sie hat schlecht gesungen. So ist das, das kommt vor. Madonna hat dieses Konzert auf der Donauinsel aber nicht gemacht aus irgendwelchen altruistischen Gründen, weil sie den Wienerinnen und Wienern etwas Gutes tun wollte, weil es wichtig ist, sondern die hat dort ein Geschäft gemacht, auch mit mir, und das ist auch okay. Wunderbar, sehr gut, es war trotzdem ein lustiger Abend. Aber ist es gerechtfertigt, dass wir beim nächsten Madonna-Konzert, weil im Hintergrund der Millenniums-Tower zu sehen ist, dort, ich weiß nicht, 200 000 bis 800 000 EUR hineinstecken? Ich glaube nicht.

 

Also nicht nur die Art und Weise, wie vorgegangen wurde, sondern auch die Frage, ob das gescheit ist, ist zu stellen. Wie sich herausstellt, ist jetzt eigentlich von all dem nur ein großer Schaden geblieben, ich hoffe, kein zu großer. Ehrlich gesagt, angesichts dessen, was da alles passiert ist, wäre es gar nicht so schlecht, wenn der Tourismusverband 600 000 EUR kriegen würde, um diesen Schaden zu korrigieren. Also insofern wäre es mir fast lieber gewesen, wir hätten die 600 000 EUR jetzt tatsächlich, um damit etwas Sinnvolles zu tun, nämlich interessante Aktivitäten, die in unserer Stadt stattfinden, tatsächlich zu bewerben.

 

Es ist nicht ganz ein Einzelfall, dass wir Akten vorgelegt bekommen, die irgendwie verschwurbelt sind und wo man am Ende nicht ganz weiß, was damit eigentlich gefördert wird. Das passiert immer wieder. Ich erinnere

 

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