Gemeinderat,
53. Sitzung vom 23.11.2009, Wörtliches Protokoll - Seite 8 von 122
Wirtschaftsstandort. Damit tragen sie ganz wesentlich zu jenem
differenzierten Angebot bei, das die Qualität eines Standortes ausmacht.
Kurz: Die Wiener Wirtschaft spricht alle Sprachen und kann stolz darauf
sein!
Das zu negieren, ist nicht nur realitätsfern, sondern auch
gesellschafts- und wirtschaftspolitisch unverantwortlich. Gleichzeitig gilt für
alle die Wiener Hausordnung: Respekt und Rücksichtnahme im Hinblick auf ein
gedeihliches Miteinander auch und gerade als Basis für den erfolgreichen
Wirtschaftsstandort Wien.
Sehr geehrte Damen und Herren! Kommen wir nun zur größten
Herausforderung im kommenden Jahr, nämlich zu jenem Bereich, wo die
Wirtschaftskrise ihre tiefsten Spuren hinterlassen hat, dem Arbeitsmarkt.
Fakt ist, dass sich in dieser weltweiten Krise natürlich nicht ganz
verhindern lässt, dass die Arbeitslosigkeit steigt. Fakt ist aber auch, dass
der Anstieg der Arbeitslosigkeit in Wien später eingesetzt hat und dass der
Verlauf langsamer ist als in anderen Bundesländern, die auf Grund ihrer
Wirtschaftsstruktur stärker vom Konjunktureinbruch betroffen sind.
So ist die Arbeitslosigkeit in Wien im Oktober im Vergleich zum Vorjahr
um 14,1 Prozent gestiegen. Das ist wirklich kein Grund zur Freude, aber um
einiges besser als der bundesweite Anstieg der Arbeitslosigkeit, der um einiges
über 20 Prozent gelegen ist.
Das hat mehrere Gründe: Einerseits konnte Wien bisher von seinem
starken Dienstleistungssektor und einem relativ starken Binnenkonsum
profitieren. Andererseits ist dieser relativ stabile Verlauf ein positives
Ergebnis unserer enormen Kraftanstrengungen in diesem Bereich, Stichwort
Arbeitsmarktpaket; Sie kennen es.
Dass unsere Maßnahmen wirken, zeigt ganz konkret der Bereich der Lehrstellensuchenden.
Deren Anzahl ist in Wien im Vergleich zum Vorjahr um 40 Prozent zurück
gegangen, und das ist das Resultat unserer Aufstockung der Lehrwerkstätten um
1 000 Plätze. – Sehr geehrte Damen und Herren! 1 000 Plätze: Das
sagt sich so einfach und so lapidar! Um ein bisschen die Dimension zu
beschreiben, sage ich: Das sind 40 Schulklassen, die hier aus dem Boden
gestampft wurden, um jungen Menschen eine entsprechende Ausbildung zukommen zu
lassen!
Dennoch besteht leider kein Grund zum übertriebenen Optimismus, denn
wir erwarten für den bevorstehenden Winter und das kommende Jahr leider noch
keine Verbesserung auf dem Arbeitsmarkt. Erst bei einer Wirtschaftsprognose von
über 2 Prozent geht Arbeitslosigkeit zurück. Sie kennen jedoch die Zahl,
die ich für nächstes Jahr erwähnt habe: Es ist maximal 1 Prozent
prognostiziert.
Deswegen ist zentrales Element auch dieses Budgetvoranschlags eine
aktive Arbeitsmarktpolitik mit maßgeschneiderten Elementen, deren oberste
Prämisse Existenzsicherung und Sinnstiftung ist. Im Fokus stehen Qualifikation
und Weiterbildung, da alle Daten belegen: Je höher das individuelle
Qualifikationsniveau, desto besser die Vermittlungschancen. Und obwohl
Arbeitsmarktpolitik zentrale Aufgabe des Bundes ist, der allein 2009 beinahe
300 Millionen Eur an
AMS-Förderung ausgeschüttet hat, halten wir in der Kommune an unserer
einzigartigen ergänzenden städtischen Arbeitsmarktpolitik fest. Mit dem Wiener
ArbeitnehmerInnen Förderungsfonds haben wir auch die entsprechende effiziente
Einrichtung, die mit dem AMS sehr gut zusammenarbeitet. Auch für diese gute
Kooperation ein großes Dankeschön! (Beifall
bei der SPÖ.)
Sehr geehrte Damen und Herren! Auch in diesem Budget stehen dafür
wieder 58 Millionen EUR zur Verfügung. Damit wird der WAFF mehr als
26 000 Wiener Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen und 1 400
Unternehmungen mit ganz unterschiedlichen Maßnahmen unterstützen.
Mein persönlich allerwichtigstes Anliegen ist der Kampf gegen
Jugendarbeitslosigkeit. Jungen Menschen eine Ausbildung und einen
Berufseinstieg zu ermöglichen, ist volkswirtschaftlich unabdingbar, und das ist
gesellschaftspolitisch unsere Pflicht. Dazu bekenne ich mich, und dafür setze
ich mich persönlich mit einem eigenen Jugendpaket mit aller Kraft ein. Wir
haben, wie schon erwähnt, die Lehrplätze in den Lehrwerkstätten auf
mittlerweile 4 500 aufgestockt. Wir ermöglichen mit dem Projekt „Meine
Chance“, versäumte Bildungsabschlüsse nachzuholen. Und wir starten 2010 neue
Unterstützungsmaßnahmen für Jugendliche am Übergang zwischen Schule und Beruf.
Qualifikation als Schwerpunktsetzung im Bereich der Arbeitsmokpolitik
setzt Investitionen in Bildung voraus. Und hier müssen wir – im wahrsten
Sinn des Wortes – von klein auf beginnen. Deswegen bildet der Bereich
Bildung und Kinderbetreuung einen ganz deutlichen Schwerpunkt in diesem Budget.
Eine Abkehr vom hohen Investitionsniveau in diesem Bereich wäre
wirtschaftspolitisch fatal und gesellschaftspolitisch fahrlässig. Kurz gesagt:
Versäumnisse in diesem Bereich können wir uns schlicht und einfach nicht
leisten. (Beifall bei der SPÖ.)
Daher haben in diesem Budget Bildung und Kinderbetreuung Vorrang, denn
nichts entscheidet mehr über den Zukunftsweg eines Menschen als die
Investitionen in diesem Bereich, und zwar schon in jungen Jahren. Nach einem
Ausgabenvolumen von über 1,4 Milliarden EUR 2009 finden Sie in diesem
Voranschlag dafür 1,6 Milliarden EUR budgetiert. Gerade mit diesen
Investitionen schaffen wir nämlich bleibende Werte. Die Ausgaben für Schulen
und Bildung werden inklusive der dritten Tranche unseres ambitionierten Wiener
Schulsanierungspakets einen Wert von 1,1 Milliarden EUR erreichen.
Für die Einführung des Gratiskindergartens haben wir uns in diesem Jahr
mitten im Wirtschaftsabschwung ganz bewusst entschieden, denn die Einführung
des Gratiskindergartens, sehr geehrte Damen und Herren, ist nicht nur
bildungs-, integrations- und vereinbarkeitspolitisch ein Meilenstein, sondern
ist auch die größte Mittelstandsförderung in dieser Stadt seit vielen Jahren
und macht sich mehrfach bezahlt. (Beifall
bei der SPÖ.)
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