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Gemeinderat, 53. Sitzung vom 23.11.2009, Wörtliches Protokoll  -  Seite 21 von 122

 

schwierigsten Zeiten bis zum nächsten Aufschwung hinwegzuhelfen. Das ist mittelfristige Budgetplanung. Denn gute Budgetpolitik heißt, dass man in guten Zeiten Schulden abbaut. Wir haben das in den 90er Jahren bis etwa 2008 gemacht. Wir haben Schulden abgebaut. Wir haben über ein Drittel der Schulden abgebaut. Jetzt in der schweren Wirtschaftskrise müssen wir Geld in die Hand nehmen und in Wachstum und Arbeitsplätze investieren. Dennoch werden die Gesamtschulden der Stadt im kommenden Jahr noch immer deutlich unter jenen zu Anfang dieses Jahrzehnts liegen. Wir machen hier nicht mit beim Kaputtsparen der Wirtschaft, wie es die frühere Wirtschaftspartei ÖVP immer so gerne fordert! (Beifall bei der SPÖ.)

 

Standortpolitik bedeutet vor allem aber auch, in Bildung zu investieren. Bildung ist der Schlüssel zum Fortschritt. Das klingt vielleicht banal, aber das ist so und daran gibt es aus unserer Sicht auch nichts zu rütteln. Wer nicht die entsprechenden Grundlagen auch in finanzieller Natur bereitstellt, wer zu spät kommt, den bestraft die Entwicklung. Er fällt im internationalen Standortwettbewerb, in seiner Konkurrenzfähigkeit und letztlich im gesamten gesellschaftlichen Zusammenhalt mit allen negativen Folgen zurück. Für uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten hat die Bildung von jeher einen ganz besonderen Stellenwert gehabt und wird diesen auch in Zukunft uneingeschränkt haben. Wer sich mit dem Budget des kommenden Jahres ernsthaft beschäftigt, wird dies bestätigen können.

 

Der Zukunftsschwerpunkt des Budgets liegt klar im Bereich Bildung und Kinderbetreuung. Die Ausgaben dafür - das wurde heute schon erwähnt - steigen von 1,4 Milliarden EUR im heurigen Jahr gleich um 200 Millionen EUR, auf insgesamt 1,6 Milliarden EUR im kommenden Jahr. Allein für die Kinderbetreuung gibt die Stadt um 24 Prozent mehr binnen eines Jahres aus. Das ist zu einem Großteil auf den Gratiskindergarten zurückzuführen. Die Ausweitung des Angebots und auch die zusätzliche Zahl von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und das in Österreich einmalige Modell des Gratiskindergartens sind bereits jetzt eine Erfolgsgeschichte. Darüber können auch die zahllosen Versuche der Opposition, den Wiener Weg schlechtzureden, nicht hinwegtäuschen! (Beifall bei der SPÖ.)

 

Die von Ihnen vor Monaten angekündigte Katastrophe in diesem Zusammenhang ist ausgeblieben. Wir Wiener Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten haben ein österreichweit beispielhaftes Modell, von der Ankündigung bis zur Realisierung, in nur acht Monaten geschafft. Wir nehmen dafür sehr viel Geld in die Hand, aber es lohnt sich. Damit unterstützen wir auch den Wunsch nach Vereinbarkeit zwischen Familie und Beruf. Der Gratiskindergarten ist aktive Frauenpolitik, vor allem aber auch aktive Familienpolitik und natürlich eine ungemeine Erleichterung für das Familienbudget und daher auch für den Wirtschaftsfaktor.

 

Dieser Meinung ist man offensichtlich nicht im schwarz dominierten Oberösterreich. Wir haben hier schon kurz gehört, wie toll es dort sein soll. Aber nach großen Ankündigungen bezüglich des beitragsfreien Kindergartenbesuchs ab drei Jahren rudert dort die schwarz-grüne Koalition in der Zwischenzeit wieder zurück. Wider besseres Wissen von Experten, die den Kindergartenbesuch ab drei Jahren für die soziale Entwicklung als besonders wichtig bewerten, unterstützt die oberösterreichische ÖVP jetzt wieder jene, die auf diese Frühförderung verzichten, und bezahlt jenen Eltern, die ihr Kind nicht in den Kindergarten geben, einen so genannten Betreuungsbonus von jährlich 700 EUR. Die Möglichkeit der Berufstätigkeit der Eltern bekommt allerdings nicht die gleiche Aufmerksamkeit. Wer sich nämlich dafür entscheidet, sein Kind von Fremden betreuen zu lassen, bekommt weiterhin nur 400 EUR. So viel zu Schwarz-Grün in Oberösterreich. Die ÖVP möchte sich auf der anderen Seite freikaufen und hofft in Wirklichkeit als Land nichts anderes, als sich einen Großteil der 50 Millionen EUR, die der Gratiskindergarten für alle zusätzlich kostet, ersparen zu können. In Wien gibt es keine Doppelbödigkeit. Wir werden für die Kinderbetreuung im kommenden Jahr um fast 100 Millionen EUR mehr ausgeben. Das ist eine Steigerung - auch das habe ich schon gesagt - von 24 Prozent.

 

Für uns beginnt der Bildungsbetrieb mit dem frühen Vorschulalter. Die Stadt hat als bislang einziges Bundesland einen eigenen Bildungsplan für den Kindergarten ausgearbeitet. Bildung muss nachhaltig wirken. Die Bildungseinrichtungen müssen durchlässig gestaltet werden. Deshalb sind uns auch die Volksschule, die neue Mittelschule und die Ganztagsschulen bis hin zur universitären Ausbildung ein ganz besonderes Anliegen. Wer heute international gut dastehen will, muss in die Bildung investieren und die Bildungseinrichtungen entsprechend den Herausforderungen zeitgemäß organisieren. Die Rohrstaberlschule des vorvergangenen Jahrhunderts mit ihren viel zu frühen Selektionen ist nicht unser Weg. Wir wollen den gleichen Bildungszugang für alle, egal, welcher sozialen Herkunft, egal, nach welchen ökonomischen Möglichkeiten der Familie. Das braucht der Staat, das braucht ein funktionierendes Gemeinwesen.

 

Der Budgetvoranschlag für 2010 unterstreicht ebenso einmal mehr, dass Wien eine soziale Stadt und Zentrum des Gesundheitswesens des gesamten Landes ist. Die Ausgaben für Soziales wurden um 8 Prozent aufgestockt. In Euro heißt das, das Budget für Soziales steigt von 1,06 Milliarden EUR auf 1,14 Milliarden EUR. (GR Dipl-Ing Martin Margulies: Aber warum steigt es?) Das ist nicht nichts! Wien tritt dem Auseinanderdriften der Gesellschaft mit allen sozialen Leistungen entgegen und das beweisen besonders zwei Zahlen: Die Zahl der betreuten Menschen im Bereich der Hauskrankenpflege ist von 4 500 im Jahr 2004 auf 7 500 im Vorjahr gestiegen. Auch die Zahl der Wienerinnen und Wiener, die Heimhilfe in Anspruch nehmen, ist in diesem Zeitraum um 10 Prozent gestiegen.

 

Wir bekämpfen mit aller Kraft steigende Armut, die andere mit ihrer neoliberalen Politik verursacht haben. Wir gleichen aus, was andere den Armen vorenthalten. Nicht die alleinerziehende Alltagskraft, die oftmals so

 

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