Gemeinderat,
53. Sitzung vom 23.11.2009, Wörtliches Protokoll - Seite 25 von 122
zu bekommen? Eine andere Frage: Warum kam der deutlich billigere
Aufdecker - die Firma will ich nicht nennen - nicht zum Zug, obwohl er um ein
Drittel billiger als seine Konkurrenten gewesen ist? Und warum, Herr VBgm
Ludwig, als amtsführender Stadtrat, bekam der Aufdecker von Wiener Wohnen
seither keine weiteren Aufträge? - Ein unglaublicher Skandal, dass praktisch
die Kartellangehörigen weiter Aufträge bekommen, der Anzeiger, der das
aufdeckt, nicht! Sie müssen doch froh sein, Herr Stadtrat und Herr
Vizebürgermeister, wenn sich ein aufrechter Bürger traut, seiner Pflicht
nachzukommen, pflichtgemäß zu handeln und eine unsägliche und ungeheuerliche
Sumpfblase zum Platzen bringt! Mit einem Wort, welche Maßnahmen haben Sie
ergriffen, um die Grundsätze einer ordnungsgemäßen und ordentlichen Verwaltung
in diesen und anderen Bereichen sicherzustellen?
Ein weiterer Punkt, den ich aufgreifen möchte, geht thematisch bereits
auf den Donnerstag zu. Ich möchte nämlich doch zu gewissen EU-Fragen das Wort
ergreifen, weil ich glaube, man soll es auch in der Generaldebatte ansprechen.
Der freiheitliche Standpunkt ist soweit bekannt. Wir sind der klaren Ansicht,
die EU soll ein Staatenbund sein und soll kein Bundesstaat werden. Der Vorrang
der einzelstaatlichen Verfassungen sollte - gar keine Frage - außer Frage
gestellt werden. Heute hat - ich habe das mitgenommen - der Herr Gerfried Sperl
im „Standard" festgestellt: „Die Zukunft inspiziert Staatenbund
Europa". Dass Europa demnächst ein Bundesstaat wie die USA sein würde, ist
abgeblasen. Er ist da sehr optimistisch. Ich glaube, unabhängig von der
Überzeugung der meisten, dass das ein Staatenbund sein soll, erleben wir eine
schleichende Aushöhlung, vor allem durch die EU-Behörden selbst, aber vor allem
durch die Urteile des Europäischen Gerichtshofes und natürlich auch durch eine
machtbewusste und machtvolle Brüsseler Bürokratie, die mit den Vertretern der
Mitgliedsstaaten Schlitten fährt. Der Grundlagenvertrag von Lissabon hätte
unserer Meinung nach ganz klar einer Volksabstimmung unterzogen werden müssen.
Es gibt klare Eingriffe in die Verfassung, die wir festgestellt haben. Die
Versprechungen des Bundeskanzlers Faymann in dieser Sache sind leider erst nach
der Ratifizierung gemacht worden.
Leider hat unser Verfassungsgerichtshof keine Einwände gegen diese
Entwicklung gehabt. Meine Damen und Herren, das bedauere ich sehr. Aber es gibt
auch hier ein Aber. Wie schön, dass der Bundesgerichtshof der Bundesrepublik Deutschland,
zwar für deutsche Verhältnisse, aber letztendlich für sämtliche europäische
Staaten, ein Grundsatzurteil gefällt hat, indem er die Macht Brüssels und die
Übergriffe Brüssels in Bereiche, die sie nicht haben sollte, klar
zurückgewiesen hat. Die bisherige europäische Einigung auf Grundlage von
Verträgen zwischen souveränen Staaten darf nach Ansicht des
Verfassungsgerichtes Deutschland nicht so verwirklicht werden, dass den
Mitgliedsstaaten der Spielraum für politische Gestaltung genommen wird. Über
Krieg und Frieden, Strafrecht, Polizei, Einnahmen, Ausgaben, Bildung, Medien
und Religion muss weiterhin das Land entscheiden. Der Kernbestand dieser
Aufgaben und Strukturen bleibt unveräußerlicher Teil der Souveränität.
Wäre also Wien eine europäische Bundesstadt, wie es die
Ermächtigungsklausel ermöglicht, muss man zudem, so die Richter, vorher, in
diesem Fall das deutsche Volk, aber auch die anderen Bevölkerungen der Staaten
befragen. Die von Karlsruhe aufgezeigten Grenzen sollen durch das Parlament
gesichert werden und dessen Rechte werden durch das Urteil in beispielloser
Weise gestärkt, was leider unser Verfassungsgerichtshof nicht gemacht hat. Er
geht dann auf das Demokratiedefizit in der EU ein und stellt fest, dass das
einzige gewählte Gremium das Parlament ist. Alles andere sind ernannte oder
beschickte Gremien, die aber eine Machtballung an sich genommen haben, die
erschreckend ist. Dieses Demokratiedefizit ist also etwas, was bei einer
weiteren Integration in Europa die Einzelstaaten weiter aushöhlen würde. Sie
stellen fest - und das ist ganz wichtig -, dass der Maßstab das Deutsche
Grundgesetz, in unserem Fall die Bundesverfassung, ist. Die Europäische Union
hat hier vom Bundesverfassungsgerichtshof Deutschlands in Unrecht der Klarheit
die Grenzen aufgezeigt bekommen, die nationalen Parlamente wurden gestärkt und
es zeigt die demokratischen Defizite der EU-Institutionen samt des Parlamentes
auf. Auch der verstorbene Ralf Darendorf hat sich dieser Meinung klar
angeschlossen.
Ich darf nun zur Kritik am Vertrag selbst kommen und nur drei Punkte
anführen, die für mich immer ganz wichtig sind, wo ich einmal gern hätte, dass
im Rahmen einer Antwort von den Befürwortern des Vertrages endlich etwas dazu
gesagt wird, und zwar diese Ermächtigungsgesetze, die in dieser Verfassung
beinhaltet sind und die letzten Endes meiner Meinung nach insofern eine klare
Bedrohung darstellen, weil letztendlich irgendwelche Ermächtigungsgesetze eines
Tages auch ausgenützt werden.
Da gibt es dieses vereinfachte Änderungsverfahren des Art 33 der
Europäischen Arbeitsverfassung. Nach Art 33 kann der Europäische Rat durch
Beschluss nach Anhörung des Europäischen Parlaments - also nicht mit
Zustimmung, sondern nach Anhörung - und der Kommission sowie unter Umständen,
wenn es sie betrifft, der Europäischen Zentralbank auf Initiative der Regierung
jedes Mitgliedsstaates des Europäischen Parlaments und der Kommission
einstimmig die Änderung aller oder eines Teiles von Bestimmungen des dritten
Teils des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union beschließen.
Der dritte Teil umfasst sämtliche wichtigen Konfliktfelder und Politikfelder,
mit Ausnahme der Außen- und Sicherheitspolitik. Also alles ist, mit anderen
Worten, zur Disposition.
Das Zweite ist die Flexibilitätsklausel des
Art 308 dieses Vertrages über die Arbeitsweise der Union. Auf Vorschlag
der Kommission und nach Zustimmung des Europäischen Parlamentes - Gott sei Dank
Zustimmung - kann man im Rahmen der in den Verträgen festgelegten Politik tätig
werden, auch wenn die Verträge die dafür
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